Als Favoriten hatte ihn niemand auf dem Schirm, aber nun ist er einer von nur drei Finalisten. Michael Guggenberger hat den weitesten Erfolgsweg aller Golden-Globe-Teilnehmer hingelegt. Ohne bemerkenswerte Offshore-Erfahrung ist er auf den dritten Platz gesegelt. In seinem neuen Ruhmesglanz behält er nüchternen Kopf und zieht im Gespräch mit Kerstin Zillmer Bilanz.
float: Du wirktest so locker bei deiner Ankunft wie beim Start, als wir dich verabschiedet haben. So typisch Captain Gugg. Wirkte das nur so oder bist du wirklich entspannt aus deiner Weltumsegelung herausgekommen?
Michael Guggenberger: Ich habe mir die letzten drei Jahre immer den Kopf über das Rennen zerbrochen. Gründe gesucht, warum es nicht funktionieren könnte. Erst zehn Tage vor dem Ziel, bei den Azoren, habe ich angefangen, darüber nachzudenken, wie es sein könnte, wenn es funktioniert. Dementsprechend entspannt bin ich angekommen. Ich möchte fast glauben, entspannter als beim Start.
Ja, du sahst so aus. Kannst du denn schon wieder Menschen um dich haben? Es waren bestimmt alle Freunde wieder da, oder?

Es waren 40 Leute aus Österreich hier, meine Eltern sind immer noch da. Mama hat gerade Fleischlaiberl gemacht. Wir wohnen hier in einem großen Haus und wir hatten von Anfang an Vollgas und Halligalli! Es war sehr schön. Es fühlte sich ein bisserl an wie zu Hause ankommen. Heute fühle ich mich wie ein Luftballon, der die letzten drei Jahre bis zum Platzen aufgeblasen war. Jetzt ist die Luft raus.
Und bist du froh, dass es vorbei ist?
Ja.
Etappenziel des Lebens
Würdest du es noch mal machen?
Ähm, nein. Wenn ein Sponsor kommt und mir sagt, ich habe jetzt dreieinhalb Jahre Zeit, hier ist ein fertiges Boot, hier eine monatliche Gage, würde ich eventuell darüber nachdenken.
Du hast ein Etappenziel deines Lebens erreicht.
Ja.
Wir haben ja viel und intensiv darüber gesprochen, bevor du gefahren bist. Es ist großartig, so etwas geschafft zu haben.
Genau.
Wie viele Seemeilen hast du gemacht?
21.796 laut meinen Aufzeichnungen.

Was waren deine Leitsätze, als du unterwegs warst?
„Tomorrow is another day“. Morgen ist der nächste Tag. Und „Go with the flow“. Nimm es, wie es kommt. Ich habe immer wieder gesagt bekommen, ich ginge so glücklich, so entspannt an die Sache ran oder ich hätte so viel Spaß. Spaß habe ich natürlich nicht gehabt. Aber wenn man sich vor irgendetwas setzt, was schrecklich ist, und es dann auch noch schrecklich findet, wird das Schreckliche nicht besser.
Dass es lang und hart ist, habe ich vorher gewusst. Dass ich viel Segeln werde, auch. Ich habe vorher gewusst, dass ich einsam sein werde und dass ich mir irgendwann wehtun könnte. Ich habe gewusst, dass ich öfter in Gefahr schwebe und immer müde sein werde. Über diese Sachen, die eh klar sind, habe ich einfach immer versucht, ein Witzchen zu machen. Ich dachte mir, wenn ich das jetzt alles schrecklich finde, werde ich nicht damit fertig werden.
Gefühlsachterbahn im Drei-Stunden-Takt
Und was machten die Gefühle?
Da sind natürlich wahnsinnig viele emotionale Höhen und Tiefen. Und tatsächlich kommen die im Drei-Stunden-Takt. Ich habe jeden Tag alle Emotionen durchlebt. Ich habe versucht, mich nicht darüber zu wundern, sondern einfach das Ganze so sein zu lassen, wie es halt ist. Wenn ich traurig bin, weine ich. Wenn ich happy bin, lache ich. Das genieße ich dann.
Alle Weltumsegler sagen, dass die Gefühle wie Wellen kommen und gehen.
Ja, und du kannst dich nicht dagegen wehren. Es macht auch keinen Sinn, zu versuchen, es zu analysieren, weil man gar nicht fertig wird, denn dann ist da schon die nächste Stimmung. Man muss es einfach annehmen.

Du kannst ja auch nicht aussteigen.
Nein, du kannst nicht aussteigen.
Was war dein Anker in schweren Situationen?
Die ganzen lieben Leute, die sich vor dem Rennen um mich gescharrt haben. Und das Team aus Sponsoren und Unterstützern. Und mein Medienteam, und eben jetzt auch die Familie. Ich bin nicht alleine gefahren, ich habe viele Leute bei mir gehabt.