Dieses Jahr steht Weihnachten Kopf. Familie, Geschenke, Festtafel, Konsum und Liebe – nichts davon ist mehr selbstverständlich, stattdessen regiert der große Verzicht unter dem Damoklesschwert der Pandemie. Unser Alltag wird von Übersterblichkeit, geschlossenen Grenzen, Masken, Desinfektionsmitteln und Konferenz-Software bestimmt. Auch den Heiligen Abend haben viele vor Zoom und Co. verbracht.
Die meisten Sportveranstaltungen fielen 2020 aus oder fanden ohne Zuschauer statt. Zum Glück hat es die Vendée Globe nicht erwischt. Mitten im Lockdown starteten in Frankreich 33 Segler zum „Everest der Meere“. Nach der Hälfte der Regatta sind trotz mehrerer Dramen noch 80 Prozent der Segler dabei. Das ist einmalig in der Geschichte der Vendée Globe, und es spricht für die aktuelle IMOCA-Klasse, die Regattaleitung und die Professionalität der Teams.
Weltumsegelung auf Sichtkontakt
Am meisten überrascht aber, wie eng das Feld beisammen ist. Zwischen den zehn führenden Booten liegen nie mehr als 650 Meilen. Normalerweise reißt das Spitzenfeld mit Abstand von mehreren Tagen auseinander. Diesmal segeln die Boote oft in Sichtweite. Auch in den nächsten Tagen bleibt das so.
Das Kap Leeuwin passierten fünf der Boote mit einem Abstand von zwei Meilen zueinander. Das Weihnachts-Hoch wird das Feld noch enger zusammenführen. Statt wolkengrauem Himmel, turmhohen Wellen und Starkwind verwöhnt der südliche Ozean die Segler mit einem stabilen Hoch, das blauen Himmel, mäßigen Wind, sanfte Wellen und ein dichtes Regattafeld bringt. Die Segler können sich nicht nur über VHF, sondern von Boot zu Boot unterhalten. Während an Land die Einsamkeit wächst, nimmt sie auf See ab.
Truthahn an Bord
Trotzdem müssen viele Vendée-Globe-Teilnehmer damit umgehen, dass es für sie das erste Solo-Weihnachten und das erste Weihnachten auf See ist. Ich weiß, was für einen Unterschied Weihnachten auf See macht, ich steckte viermal in der Situation. Am belastendsten ist es, dass Mutter Natur sich keinen Deut um den Festtag schert. Sie zwingt dich wie jeden anderen Tag auch, die Wetterlage zu checken, taktische Entscheidungen zu treffen und zu navigieren.