Als heute Nachmittag Clarisse Cremer, die 31-jährige französische Skipperin auf der Banque Populaire X, über die Ziellinie dieser 9. Vendée Globe segelte, ging sie in die Geschichte der Weltumsegelungen ein. Mit dem 12. Platz hat die junge Französin nach 87 Tagen, 2 Stunden, 24 Minuten und 25 Sekunden große Stärke gezeigt und in allen Bereichen geliefert. Und das fast immer lachend.
Ich werde oft von jungen Seglern gefragt, wie sie die Vendée Globe segeln könnten? Die Antwort ist: Man muss so viel mehr sein als nur ein guter Segler. Seemannschaft ist eine Selbstverständlichkeit. Man muss Bootsbauer, Segelmacher, Elektronikexperte, Navigator, Meteorologe und vor allem guter Kommunikator sein.
Ich werde mich hüten, Clarisse‘ Leistung über ihr Geschlecht zu definieren. Aber Cremer ist die erste Frau, die bei dieser Ausgabe der Vendée Globe die Ziellinie überquert hat, und gleichzeitig die schnellste Frau, die in einem Einrumpfboot um die Welt gesegelt ist. Sie bricht damit den Rekord der britischen Seglerin Ellen MacArthur, die vor 20 Jahren auf ihrer Kingfisher in 94 Tagen und 4 Stunden die Welt umrundete.
Von Anfang an durchgestartet
Clarisse hat in ihrer Segelkarriere einen unglaublichen Schnelldurchlauf hingelegt. 2017 beendete ClaCla, wie sie von ihren Freunden genannt wird, die Mini Transat auf dem zweiten Platz in der Gesamtwertung. Sie wurde von Ronan Lucas, dem Teamdirektor der Banque Populaire, eingeladen, seinem Ocean Racing Team beizutreten.
Clarisse, die als quirlige junge Skipperin bekannt war, passte genau in das Bild, das Banque Populaire suchte. „Wir wollten zeigen, dass wir ein Unternehmen sind, das junge Menschen unterstützt“, sagt Sabine Calba, Entwicklungs-Direktorin bei Banque Populaire.
Dieser Sponsor engagiert sich seit 32 Jahren im Segelsport und investiert zwischen 5 und 6,5 Millionen Euro pro Jahr. Bei der letzten Ausgabe der Vendée Globe, als Banque-Populaire-Skipper Armel Le Cleac’h in einer Rekordzeit von 74 Tagen, 3 Stunden und 35 Minuten gewann, wurde der Gegenwert der Presse-Aufmerksamkeit auf 55 Mio. Euro geschätzt.
Für diese Ausgabe des Rennens mit Clarisse Cremer am Ruder der Banque Populaire X liegt die Schätzung bereits bei 21 Millionen Euro. Dabei ist der Medienrummel nach dem Zieleinlauf – bei dem Clarisse als erste Frau im Ziel steht und einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufgestellt hat – noch nicht einmal ansatzweise berücksichtigt. Die große Aufmerkamkeit ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass Clarisse ein ganz neues, deutlich jüngeres und weiblicheres Publikum anspricht.
Ein perfektes Beispiel dafür, dass der Erfolg einer Kampagne die Investition des Sponsors um ein Vielfaches übertreffen kann. Selbiges zeigt sich auch bei Boris Herrmann, der mit seiner offenen und nahbaren Art die Herzen des Vendée-Globe-Publikums gewonnen hat.
Gut sein und darüber reden
Vor 18 Monaten hatte Clarisse noch nie am Steuer einer IMOCA gestanden. Ihr Mentor war Vendée-Globe-Gewinner Armel Le Cleac’h und sie hätte nicht in besseren Händen sein können. Sie segelten zusammen das Fastnet 2019 und belegten den dritten Platz, dann das Transat Jacques Vabres, das sie auf dem sechsten Platz beendeten. Danach war Clarisse auf sich gestellt.