Seit April ist Claus Aktoprak unterwegs auf der Route der Wikinger durch die skandinavischen Schären. Mit Hilfe einer mittelalterlichen Karte und dem seefahrerischen Wissen der Wikingerzeit hat er eine lange vergessene Route mit seinem Segelboot „La Mer“ erkundet und sie mit der Filmkamera begleitet. Am Sonntag kommt er zurück. float hat mit ihm über seine Erfahrungen gesprochen.
float: Claus, wie ist es, sich mit dem Segelboot in die Zeit der Wikinger zu begeben?
Claus Aktoprak: Ich hatte mich ja im Vorfeld schon intensiv mit der Geschichte der Wikinger befasst. Und auch mit der Zeit König Valdemars, in der das Itinerar, diese Karte, entstand, auf dessen Route ich gesegelt bin. Als ich dann in Haithabu die Leinen loswarf, um wie vor über 1.000 Jahren auf einem alten Seeweg zu reisen, lief natürlich der Film im Kopf ab. Ich fühlte mich ein bisschen als Teil dieser Geschichte. Und habe Manches ganz neu wahrgenommen: Welche Landmarken gab es damals schon? Wie finde ich die Himmelsrichtung? Wovon ernährten sich die Wikinger? Was taten sie gegen Kälte und Nässe?

Wie segelt sich die Wikingerroute?
Der Tiefgang meines Boots „La Mer“ mit 1,60 m war perfekt. Mit mehr Tiefgang wären manche Passagen und Anleger nicht möglich gewesen. Ich wurde öfter gefragt, warum ich kein Traditionsschiff für diese Route benutzt habe. Mal abgesehen davon, dass ich kein Traditionsschiff besitze, ist es mir wichtig, diese Route in die Moderne zu bringen. Als Geschichte zum Nachsegeln für jedermann – auch mit einem modernen Boot.
Gab es Schwierigkeiten unterwegs?
Beim Segeln hatte ich bis Tallinn überhaupt keine Probleme. Ich war ja schon das zweite Mal in den Schären unterwegs. Navigation und Einhand-Handling sind mir so in Fleisch und Blut übergegangen. Im Gegenteil: Ich hatte sogar Zeit, nebenbei zu filmen. Und die Wetterbedingungen waren diesen Sommer ja einfach fantastisch!
Schwieriger war Rückweg ab Tallinn über Saaremaa und Lettland nach Gotland. Ich musste fast den ganzen Weg gegenan und um jede Meile kämpfen. Außerdem ist diese Region viel rauer als die mir bekannte Ostsee, gerade mit einem kleinen Boot. Der Seegang hat mich beim Landfall auf Gotland fast zum Verzweifeln gebracht.
Ich hatte mir sogar noch Wetterberatung von Sebastian Wache von WetterWelt geholt und bin am Rand eines Tiefs rübergefahren. Am Ende wurde es aber doch eine wilde Surfpartie auf der auflandigen Welle in den Hafen. Und ich ich Gotland fast umrundet – ein echter Geheimtipp!

Konntest Du der Route des Wikinger-Itinerars denn folgen?
Viele Streckenabschnitte meiner Route habe ich erst durch das Nachsegeln des Itinerars entdeckt. Sie erschließen sich einem bei der Planung so gar nicht. Einige davon waren relativ schwierig zu befahren, da flach und eng. Aber umso größer war das Glück, wenn ich durchgekommen war. Auf den Aland-Inseln hatte ich schon 2014 nach einer Route gesucht, der sogenannten „Seebärenroute“, mit der man den Weg von Mariehamn nach Kökar abkürzen kann.
Nach viel Recherche und mit der Hilfe eines finnischen Seglers habe ich schließlich eine plausible Route entworfen und bin diese auch, abseits aller betonnten Fahrwasser und quer durch die vielen Felsen des Archipels von Föglö, erfolgreich abgesegelt. Das war schon ein echtes Entdeckergefühl.
Was bedeuten Dir die Wikinger – vor und nach deiner Reise?
Ich muss gestehen, dass ich vor meiner Reise kein großes Interesse an den Wikingern hatte. Dann passierten zwei Dinge: Ich erfuhr in Kopenhagen von der alten Wikingerroute und habe gleichzeitig, sozusagen als Vorbereitung der Reise, die Serie „Vikings“ gesehen. Begeistert haben mich vor allem der Bootsbau und die Navigation zur Wikingerzeit, so dass ich viel darüber gelesen habe.

Für den Film habe ich einige Interviews mit Wikinger-Experten geführt: mit einem Wikingerschiffskapitän, dem Chefarchivar des Nationalarchivs, einem Experte für Schiffsarchäologie und dem Betreiber eines Wikingermuseums in Finnland. Als Resultat sehe ich nun natürlich das Thema Wikinger sehr viel diffenzierter als noch vor meiner Reise.
Aus den Kriegern mit Hörnerhelmen wurden seefahrtstüchtige Großbauern und Händler, die auf ihren Fahrten die halbe Erde bereist haben. Meine Route ist ja ein Teil der damaligen Handelsroute gen Osten bis nach Byzanz, heute Istanbul. Die Stadt hieß für Skandinavier übrigens Miklagard. Und die Palastwache bestand eine zeitlang aus Warägern. Das sind die Handel treibenden Wikinger Ostskandinaviens.
Wie wird der Film „Die Route der Wikinger“ aussehen?
Entlang meiner Route beschreibe ich die Menschen und vor allem die großartigen Landschaften der Schären. Aber auch die Hintergründe über die Fahrten der Wikinger. Und natürlich wird der Film viel Musik enthalten, die während der Reise entstanden ist. Auch ein Vortrag ist geplant. ES wird eine Mischung aus Filmausschnitten, Vortrag und Live-Musik sein.
Und ich plane zusätzlich ein Buch über die Reise: Eine Törnbeschreibung mit allen Wegpunkten des Itinerars und meiner genauen Wahl der passenden Liegeplätze dazu. Das ergäbe eine bunte Mischung aus Schären, Ankerplätzen und Häfen. Gepaart mit Informationen und Sehenswürdigkeiten an den jeweiligen Orten. Aber eins nach dem anderen.

Claus, Du bist ja nicht nur Entdecker alter Wikingerrouten, sondern auch Musiker. Hast Du unterwegs Musik gemacht?
Ja, klar! Es sind ein paar neue Songs auf der Reise entstanden, die natürlich in den Film einfließen werden. Im Sommer habe ich mein Boot in Finnland festgemacht und war auf einer einmaligen Konzerttour durch die deutschen Ostseehäfen.
Und jetzt freust Du dich auf zu Hause?
Irgendwann habe selbst ich genug Schären gesehen und Zeit auf dem Boot verbracht. Insofern bin ich jetzt glücklich, wieder nach Hause zu kommen und mit der Arbeit am Film zu beginnen. Vor allem freue ich mich auf meine wunderbare Frau und die Musik, ohne die wir beide nicht leben können. Was natürlich immer bleiben wird, ist meine Reisewut und die Neugier auf die Welt und ihre Geschichte.
Wann wird der Film fertig sein, und wo können unsere Leser ihn sehen und kaufen?
Der Film ist aufwendig, und ich habe soviel Filmmaterial, dass ich zwei Filmteile machen kann. Mit etwas Glück ist er um die Weihnachtszeit fertig, sonst Anfang nächsten Jahres. Meine Filme können entweder bei meinem Verlag millemari bestellt oder heruntergeladen werden – oder bei segelfilme.de. Und natürlich auf meiner Webseite luvgier.de und bei meinen Konzerten.
Das Gespräch führten Susanne Guidera und Kerstin Zillmer.
Die Rückkehr feiern
Nach 1.630 Seemeilen ist Claus nun seit dem 6. September auf dem Rückweg. Am Sonntag, den 30. September 2018 wird er mit seinem Boot „La Mer“ voraussichtlich gegen 14 Uhr im Yachthafen Heiligenhafen einlaufen. Dort werden ihn Freunde, Verwandte und Fans mit einem Willkommensfest begrüßen. Besucher sind herzlich zum kostenlosen Konzert eingeladen.