Das Klassenzimmer Cockpit. Tatsächlich ist „aktiv“ das Stichwort für Tag 2. Ich finde mich im Kreise der 15 Seminarteilnehmer auf der zwölf Meter langen Well-Sailing Yacht Merenneito wieder. Mit so großer Mannschaft gleicht sie einem schwimmenden Affenfelsen.
Ohne Lob kein Lernen. Ohne Fehler auch nicht.
Am dritten Tag lernen wir, dass Fehler als Quell des Fortschritts zu sehen sind – ein zentraler Aspekt des SkipPsy-Führungsmodells. Doch haben wir dies bisher eher auf die Fehler im Manöverablauf bezogen. Aber auch Skipperinnen sind schließlich nur Menschen, also widmen wir uns heute zunächst „unserem inneren Team“ und Methoden der Selbstführung. Wir haben ebenfalls Bedürfnisse und müssen unsere Tanks auffüllen, alles andere ginge nicht nur zu unseren Lasten, sondern zu Lasten der Crew und der Sicherheit.
Wie aber umgehen mit den zahlreichen inneren Stimmen, dem Dienstleister, Zweifler, Sicherheitsbeauftragten oder Draufgänger in uns? Die innere Truppe will bei der Entscheidung über Hafentag oder Höllenritt ein Wörtchen mitreden. Wir erörtern Strategien, die uns in der Skipperrolle Luft verschaffen. Etwa die Fähigkeit, diese inneren Stimmen zuzulassen und zu bewerten, eigene Grenzen und Fehlschläge zu akzeptieren, Kritik und Lob von außen anzunehmen.
Die Crew hilft bei der Entscheidungsfindung
Dazu gehört auch – es wundert nicht mehr – sich vor schwierigen Entscheidungen aktiv Feedback von der Crew einzuholen. Wie schon an den Vortagen stellen Birgit und Richard bewährte Hilfsmittel zur Entscheidungsfindung vor. Dabei erfinden sie das Rad nicht neu, übersetzen aber den eigentlich für Krisensituationen gedachten FOR-DEC-Prozess – eine Methode zur schnellen, strukturierten Entscheidungsfindung – für den Bordgebrauch.
Dieser der Luftfahrt entlehnte Prozess hilft, zügig Fakten, Optionen sowie Risiken zusammenzutragen und zu bewerten, um diese anschließend umsetzen und überprüfen zu können. Dabei setzt FOR-DEC auf die Schwarmintelligenz: Das Sammeln vieler Ideen soll einseitige (und vielleicht falsche) Entscheidungen einzelner verhindern und die bestmöglichen Optionen auf den Tisch bringen.
Mit anderen Worten: FOR-DEC funktioniert auch bei vermeintlich einsamen Entscheidungen und Alltagssituationen. Also: keine Angst vor Fehlern. Es kann nicht schaden, den Stimmen des inneren Teams Gehör zu schenken und die Crew in den Entscheidungsprozess einzubinden. Womit sich der Kreis schließt. SkipPsy lebt von regelmäßigem Feedback.
Lehren für den Bordalltag
Zurück zum Sommertörn. Vielleicht hätte früheres Reffen den Schaden an Segel und Crewstimmung verhindern können – wohlmöglich hätte mit mehr Vorlauf jemand aus der Crew bedacht, die Reffleine des Vorsegels zu auf einer Klampe zu sichern. Mein Versäumnis. Außerdem habe ich versäumt, die Crew genauer auf die Unwettersituation vorzubereiten. Den Unerfahrenen hätte ich erklären können, was sie erwartet, wie sie sich verhalten sollen und vor allem, dass keine Gefahr für sie bestehen werde.
Zum Trost: SkipPsy lebt von einer offenen Fehlerkultur. Immerhin gelingt es uns, durch detailliertes Erklären der weiteren Wetterlage unsere verängstigte Mitseglerin zu beruhigen – woraufhin sie den Entschluss, von Bord zu gehen, wieder verwirft. „Wie gut, dass ich geblieben bin. Es war eine schöne Segelerfahrung und gut, über den eigenen Schatten zu springen!“
Versöhnliches Feedback
Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Aber SkipPsy funktioniert ja glücklicherweise nach dem Baukasten-Prinzip. Stein auf Stein. Oder, lautmalerisch: learning bei DOING! Ich erinnere mich: Ohne Lob kein Lernen. Ohne Fehler auch nicht.