„In der Frachtschifffahrt wurde jahrhundertelang Wind eingesetzt, bis die Dampfschifffahrt kam. Jetzt gibt es wieder viele Projekte, die untersuchen, wie man auf Frachtschiffen die Windenergie nutzen kann. Das Gleiche muss im Holzbootsbau passieren. Es ist eine Technik, die weiterentwickelt werden muss. Das haben wir vor“, umreißt Jan Brügge seine historische Mission. Sie heißt Bio Based Boats.
Schweröl-Motoren und GFK-Rümpfe werden als Sackgasse des 20. Jahrhunderts in die Geschichte eingehen. Auf einer ehemaligen Hühnerfarm in Schleswig-Holstein arbeiten moderne Alchimisten daran, Holz zum Verbundstoff der Zukunft zu formen: gutes Leistungsgewicht, gute Formbarkeit – und nachhaltig.

Im Sommer 2020 hat sich Jan Brügge Bootsbau für zweieinhalb Jahre mit der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde zusammengetan, um die Forschung an holzbasierten Verbundstoffen voranzubringen. Unter dem Label Bio Based Boats entwickeln die Bootsbauer die Verfahren, die Wissenschaftler prüfen die Effizienz des Materials. Die Partner tasten sich langsam hoch. Sie haben mit kleinen Proben angefangen, dann kamen größere Flächen, Krümmungen, Verformungen. „Gezielte Verformung“ ist der Ansatz, den die Hochschule bei der Untersuchung des Quell- und Schnittverhaltens verfolgt. Als Ziel hat Jan Brügge einen Daysailor in Kleinserie anvisiert. Die Pläne sollen diesen Spätsommer vorgestellt werden.
Warum in die Ferne schweifen …
Normalerweise werden Holzboote aus Mahagoni und Teak gefertigt. Jan Brügge konzentriert sich auf heimische Hölzer, besonders Nadelhölzer wie Tanne, Fichte, Kiefer. Für Verleimungen im Bootsbau nimmt man üblicherweise Spruce, das kommt aus Alaska. Die heimischen Nadelhölzer sind vergleichbar. Aus dem optimalen Verbundstoff will Jan Brügge mittelfristig Segelboote von 26 bis 50 Fuß (mit E-Motor) bauen. Zur Verwendung von nachhaltigen Verbundstoffen fällt ihm deutschlandweit nur ein weiterer Bootsbauer ein, Greenboats in Bremen.
Ein neues Holzboot wird mehr kosten als ein GFK-Boot. Aber Angst vor der Instandhaltung muss mit den neuen Konservierungsstoffen niemand mehr haben. „Ob man ein Holzboot hat, das außen lackiert ist, oder ein Kunststoffboot, macht keinen Unterschied. Bei jedem Boot muss man Macken reparieren“, stellt Jan Brügge klar, „ein altes Holzboot ist was anderes. Da lackiert man jedes Jahr. Das hat man bei einem neuen Holzboot aber nicht.“
Dafür bekommt man ein Liebhaberobjekt, das unvergleichliche Qualitäten mitbringt. „Ein Holzboot hat eine andere Haptik, hat eine andere Seele, riecht anders, fühlt sich anders an …“, schwärmt Jan Brügge, der selbst mit einem alten Holzboot auf Schlei und Ostsee unterwegs ist.
Preiswürdige Nachhaltigkeit
Im Mai 2021 wurde Jan Brügge Bootsbau zu einem der Gewinner des Nachhaltigkeitspreises Schleswig-Holstein gekürt. Die Begründung betont einen weiteren wichtigen Aspekt des Holzbootsbaus: den Arbeitsschutz. Jan Brügge: „Die Jury hat das Gesamtkonzept betrachtet. Arbeitsschutztechnisch haben wir das Verfahren optimiert. Man kommt weniger mit dem Harz in Berührung. Viele professionelle Bootsbauer haben beim alten Verfahren eine Epoxy-Allergie bekommen.“

Bei aller Nachhaltigkeit des Materials Holz wird man Boote aus Holz-Verbundstoffen in absehbarer Zeit nicht einfach auf dem Kompost entsorgen können. „Ein Teil Kunststoff wird immer dabei sein. Wir verkleben mit Epoxydharz. Es gibt Harze mit großem Bio-Anteil, die man gleichwertig verwenden kann wie reine Erdöl-Harze. Aber man braucht Klebstoff, um das Holz zusammenzufügen“, gibt Jan Brügge zu bedenken.
Aber um den uralten Baustoff Holz mit heutigen Performance-Ansprüchen beim Segeln in Deckung zu bringen, sind die Bootsbauer mit ihrem Hochschul-Partner auf dem besten Weg. Jan Brügge bleibt realistisch: „Man muss das Mögliche tun, kann aber keine Wunder vollbringen.“ Vielleicht keine Wunder, aber eine entscheidende Weichenstellung für die Zukunft des Segelns.