Ein gebrauchtes Boot ähnelt der oft zitierten „Black Box“: Für Käufer ohne viel Erfahrung ist es sehr schwierig, eine Einschätzung über Pflegezustand und Wert zu treffen. Hier hilft der „Yachtverstand“ von Jens Böckmann. Der Hamburger verfolgt mit seiner Kaufberatung einen ganzheitlichen Ansatz: Er hilft Bootskäufern bereits bei der Auswahl des passenden Bootstyps, inspiziert in Frage kommende Exemplare und begleitet auch die Kaufverhandlungen.
„Schiffe, die makellos sind, sind entsprechend teuer“
Wie kommst Du zum Yachtverstand?
Jens Böckmann: Von Haus aus bin ich gelernter Grafiker. Seit 15 Jahren bin ich selbstständig und kann mir die Zeit frei einteilen, und so konnte ich nebenbei Yachtverstand gründen.
Von Booten verstehst Du aber auch etwas?
Ja! (lacht) Ich bin bootsverrückt! Ich habe, seit ich denken kann, mit Wasser und Booten zu tun. Habe meinen A-Schein gemacht und dann immer weiter die Scheine gemacht bis zum Sportseeschifferschein und Charterskipper. Ich habe selbst eigene Schiffe gehabt. Ich wollte auch Bootsbau lernen, aber damals stand die Branche nicht so toll da. Es ist ein Steckenpferd geblieben. Und diese Expertise gebe ich jetzt weiter.

Bist Du selbst beim Bootskauf einmal hereingefallen?
Mein erstes Boot war ein Tornado-Katamaran, den habe ich mit ganz kleinem Budget gekauft. Er ist mir auf dem Steinhuder Meer irgendwann vollgelaufen, weil die Kielsohle durchgegammelt war. Aber ich wusste vorher, dass der nicht so gut in Schuss war.
Das war mein Spaßmobil, und ich habe ihn sogar noch verkauft gekriegt. Ich habe die Schäden dargelegt und ein Konzept gehabt, wie ich ihn reparieren würde. Das hat der Nachfolger auch so gemacht, und das Schiff segelt heute noch.

Oft wollen Käufer ja gar nicht beraten werden, oder?
Freunde wussten, dass ich mich ganz gut auskenne. Da bin ich mitgegangen und habe festgestellt, dass manche blind vorm vermeintlichen Traumboot stehen. Viele sehen die einfachsten Dinge nicht, auch wenn strukturell was nicht in Ordnung ist. Oder Du bekommst von namhaften Händlern Krücken angeboten, die zuvor hoch gelobt werden. Ich dachte: Da muss ich irgendwas tun.
Und aus dem Grund habe ich Yachtverstand ins Leben gerufen. Zwei Seiten gibt es beim Bootskauf: Private Verkäufer sind emotional sehr involviert. Oft trennen die sich von einem lang geliebten Schiff, können nicht mehr segeln, haben gesundheitliche, familiäre oder berufliche Gründe. Jedenfalls haben sie in der Regel noch nicht emotional abgeschlossen.
Und Käufer finden vieles ganz toll, haben sich ins Boot verliebt und sehen viele Sachen nicht. Ich kann neutral draufgucken und beide Seiten beraten. Da muss man oft etwas deutlicher werden, um es wieder auf die objektive, richtige Spur zu bringen.

Würdest Du ein Boot kaufen, dass Du nicht im Wasser gesehen hast?
Ja, das ist ähnlich wie beim Autokauf. Wenn ein Boot von einem namhaften Konstrukteur in Großserie gebaut wurde, dass ich an Land begutachte, brauche ich nicht zu segeln, um zu wissen, dass es gut segelt. Man kennt die Stärken und Schwächen.
Natürlich musst Du ein Schiff im Wasser sehen, um herauszufinden, dass es dicht ist – aber normalerweise ist das kein Thema. Denn Du siehst das Schiff zweimal: Entweder ich kaufe ein Schiff aus dem Wasser. Dann muss es aus dem Wasser und an Land begutachtet werden. Oder umgekehrt.