float Magazin

Hafenzeit ist die schönste Zeit © Jens Brambusch
Sailing Dilly Dally

Der Fluch mit dem Flux-Kompass

Nächste Etappe vorm Atlantik: Von Sardinien soll es auf die Balearen gehen. Aber der Autopilot der Dilly-Dally streikt.

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in
8 Minuten
Flux-Gate
Schreckmoment: Der Autopilot zeigt keine Daten © Jens Brambusch

Wo ist die Zeitmaschine?

Flux-Gate
Der Fluxgate-Kompass streikt © Jens Brambusch
Dazu muss man wissen, dass die Dilly-Dally, eine Moody 425, fast so alt ist wie der Film und daher Autopiloten noch nicht serienmäßig verbaut wurden. Hätten wir also die Zeitmaschine, wir würden den Voreigner gerne darauf hinweisen, die Stelle zu markieren oder zumindest in das Handbuch einzutragen.

Ein Wetterfenster für zwei Tage

Asinara
Albino-Esel auf Asinara © Jens Brambusch

Ankern verboten – der Natur zuliebe

Isola Piana
Rockige Passage um die Isola Piana © Jens Brambusch
Am nächsten Morgen verlassen wir kurz nach Sonnenaufgang unsere Bucht. Wir wählen die kürzeste Route durch die Fornelli-Passage, einen flachen und schmalen Kanal, in dem zudem noch die kleine Isola Piana liegt. Bei stärkeren Westwinden oder schlechter Sicht ist sie bei Seglern gefürchtet. Da der Wind am Morgen aber noch verhalten weht und die Dilly-Dally gerade mal einen Tiefgang von 1,40 Metern hat, sehen wir keine Probleme für die drei Meter tiefe Passage. Zur Sicherheit hält Arzum am Bug Ausguck nach den berüchtigten Felsen, die knapp unter der Wasserlinie lauern.

Autopilot im Streik


Für die restlichen 30 Seemeilen an diesem Tag ist das kein Problem, aber wie wollen wir die 200 Seemeilen auf die Balearen ohne den wichtigsten Mann an Bord, den Autopiloten, meistern? Für uns als Zweier-Crew würde das bei den Nachtwachen bedeuten, dass immer einer von uns am Ruder stehen muss. Kein Kaffeemachen, keine Pinkelpausen, selbst zum Trimmen der Segel müsste die Freiwache aus dem Halbschlaf geholt werden.
Crew
Das Quartett feiert © Jens Brambusch
Sobald der Anker gefallen ist, müssen wir also der Sache auf den Grund gehen. Aber zuvor muss ich noch einmal abtauchen. Nicht im Wasser, sondern in der Kombüse. Für den anstehenden Geburtstag bedarf es natürlich eines Kuchens. Und wir bereiten schon mal das obligatorische Geburtstagsfoto mit Hund und Katze vor. Spät am Abend schalten wir den Autopiloten noch einmal an, nachdem wir alle Kabel und Sicherungen geprüft und neu eingesteckt haben. Und siehe da, der Kompass zeigt den richtigen Kurs. Erleichtert sinken wir in die Federn.

Doppelgeburtstag auf der Dilly-Dally

Geburtstag
Geburtstagskind Arzum © Jens Brambusch
Am Tag vor der Abreise auf die Balearen lichten wir den Anker, um endlich nach Alghero zu segeln. Der Kurztrip von nur sechs Seemeilen ist allerdings ernüchternd. Der Autopilot macht keinen Mucks. Wir müssen also in den Hafen, um im Idealfall einen Experten zu finden, oder zumindest einen Bootsausrüster, der Ersatzteile hat. Doch den Vertragspartner, der auf der Webseite des Herstellers angegeben ist, gibt es nicht mehr. Das Telefon ist tot.

Marina
In der Marina von Alghero © Jens Brambusch
Segler, die wir in Bonifacio kennengelernt haben, erzählten uns von der Möglichkeit, direkt vor der wuchtigen Stadtmauer im Hafen festzumachen, wo Yachten für fünf Tage umsonst liegen dürfen, wenn sie sich bei der Guardia Costeria anmelden. Ein verlockendes Angebot, zumal die anderen Marinas in Alghero, die unmittelbar neben den kostenlosen Plätzen ihren Ponton haben, noch Preise von 90 Euro pro Nacht aufrufen.

Professore Salvatore und das Fluxgate

Salvatore
Salvatore tippt sich durch den Flux-Kompass © Jens Brambusch
Seine Finger fliegen über die Tasten des Autopiloten wie die eines Pianisten über die Klaviatur. Skeptisch wackeln seine Mundwinkel von links nach rechts, wenn er genüsslich den Qualm seiner Zigarette verströmt. Seine Diagnose deckt sich mit unserer Vermutung: Der Fluxgate-Kompass ist defekt. Aber natürlich will er sich das Corpus delicti noch einmal anschauen. Und damit beginnt die nicht enden wollende Suche nach einer kleinen schwarzen Box hinter der Verkleidung.

Arzum
Arzum beim Zerlegen des Bootes © Jens Brambusch
Ich bohre Sichtlöcher in die Verkleidung, um dem Weg des Kabels folgen zu können – und lande erst mal in der völlig falschen Richtung. Während ich mit Schweißperlen auf der Stirn und Flüchen auf den Lippen die Innenwand im Heck abmontiere, entdeckt Arzum das richtige Kabel auf dem Weg zum Bug. Meter für Meter arbeiten wir uns durch das Boot, bis Arzum plötzlich in der Vorderkabine spitz aufschreit: Ich habe ihn! Das Biest hat der Voreigner unter einem der Betten in einer Kiste montiert und das Kabel um etliche Meter verlängert.

Endlich kann es losgehen!

Alghero
Aus Alghero zieht einen nichts weg © Jens Brambusch
Am nächsten Morgen laufen wir nach den letzten Erledigungen, die wir am Vortag nicht mehr geschafft haben, um 9 Uhr aus. Jan, der vor dem Hafen geankert hat, setzt bereits das Großsegel, als es bei uns wieder piept: „no data“! Der Autopilot streikt erneut. Während ich noch resigniert auf das Display schaue, ruft Arzum bereits Salvatore an und teilt dem Hafen mit, dass wir zurückkommen. Italien will uns nicht loslassen. Jan verschwindet am Horizont.

Italien will uns nicht ziehen lassen

Alghero
Herrlicher Sonnenuntergang im Westen © Jens Brambusch
Wir suchen einen neuen Standort für den Flux-Kompass. Leicht zu erreichen und gut sichtbar, natürlich weit weg von jeglichen Kabeln und möglicher magnetischer Strahlung. Dann stechen wir zu einer einstündigen Probefahrt in See. Alles paletti! Das heißt: fast. Das Wetterfenster hat sich bereits wieder geschlossen. Starker Wind und Gewitter ziehen auf. In den kommenden Tagen, vielleicht sogar zwei Wochen, ist nicht daran zu denken, Sardinien Richtung Balearen zu verlassen. Aber mal ehrlich: Es gibt Schlimmeres. Alghero ist eine atemberaubende kleine Stadt mit historischem Kern. Von den wuchtigen Mauern am Meer hat man einen spektakulären Blick auf einen herrlichen Sonnenuntergang im Westen. Dort, wo die Balearen liegen.
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