Um es vorweg zu sagen: Sina Vodjani ist alles, nur kein klassischer Marinemaler, nicht einmal nur Marinefotograf. Seine Werke sind eine Symbiose aus Fotografie, Malerei und – im übertragenem Sinn – Musik. Und das alles hängt mit seinem gesamten Leben zusammen.
Wer ihn zum ersten Mal trifft, bekommt sicher zunächst einen Tee angeboten. Mehr als nur eine schöne Geste, sondern sein Verständnis von Gastfreundschaft. Trotz der Hektik des Messebetriebs – wir treffen uns auf der hanseboot Hamburg – schafft das gleich eine entspannte Gesprächsatmosphäre.
Sina (ausgesprochen mit einem scharfen s-Laut) Vodjani ist in Isfahan (Persien/Iran) geboren. Sein Vater ist Perser, seine Mutter Französin. Sina wuchs in Teheran, San Francisco und Paris auf, und sein Leben war von jeher durch eine reiche Vielfalt verschiedener Kulturen beeinflusst. In Hamburg lebt der heute 62-Jährige, der mit einer Japanerin verheiratet ist, seit 45 Jahren.

„Ich war immer eine Künstlerseele, fühlte mich hin- und hergetrieben in meiner Jugend“, bekommt man zunächst verschmitzt zur Antwort auf die Frage nach seinem beruflichen Werdegang. Fotografie und Musik wurden zur Leidenschaft. Er war noch sehr jung, als er erstmals Gesangs- und Gitarrenunterricht nahm – und später, als es mit dem Beruf als Fotograf zunächst nicht klappte, studierte er in Bremen im Hauptfach Gitarre sowie Klavier, Komposition und Klassik- und Flamenco-Gitarre. Mit dem Diplom in der Tasche fing Sina an zu komponieren und hat zehn Jahre Musik produziert. Zwischendurch arbeitete er immer wieder als Pressefotograf und brachte zwei Fotobände über den Iran und Japan heraus.
Von der Musik zur Fotokunst
Als das Musikbusiness einbrach – iTunes, das Downloaden und Kopieren von Musik waren die Ursache – hörte für ihn der Spaß daran, Musik zu machen, zunächst auf. Sina orientierte sich neu und widmet sich seitdem – inzwischen sind es zehn Jahre – wieder vermehrt der Kunst. Er hat gemalt und Ausstellungen gemacht, und das alles als Autodidakt. Leise erklärt er, wie seine Werke entstehen, wie in ihnen alles zusammenfließt, was er bisher in seinem künstlerischem Leben erfahren hat: „Wenn man eine der hohen Künste kennt, das Prinzip in der Komposition – das ist alles Musik, die ich versuche, bildnerisch darzustellen. Ich denke musikalisch kompositorisch, in Farben, Klangfarben. Deswegen heißen meine Bilder auch Fotosymphonien.“

Viele seiner Werke, die auf den ersten Blick wie Malerei aussehen, sind Fotografien. Faszinierend ist seine Technik, um das, was er fühlt, in Bildern auszudrücken. Manchmal ist es einfach normale Fotografie. In letzten Zeit für sich entdeckt hat er die Mehrfachbelichtung, mit einer Kamera, die drei oder vier Bilder zusammen aufnimmt. So ist das Bild gleich fertig und er kann es unmittelbar beurteilen.
Alle seine auf der art Maritim während der Bootsmesse in Hamburg ausgestellten Werke sind Fotos, die er in Photoshop zusammengesetzt hat. Sehr modern, sehr abstrakt. Bei den maritimen Motiven erkennt man die Segel, wobei Meeresthemen nur einen kleinen Teil seines künstlerischen Schaffens abdecken. „Hier auf der Messe stelle ich natürlich diese Sachen vor. Ich arbeite sonst urban, ich habe Themen von Paris, Hamburg. Architektur und Musik, Proportionen, Rhythmen – das ist sehr musikalisch.“
Traumziel Weltumsegelung
Sina Vadjani hat seine Liebe zum Segeln mit 14 Jahren gefunden, als er in Frankreich in der Bretagne im Internat war. Zunächst auf 420er- und 470er-Jollen. Auch Regatten ist er gesegelt. Sein Traum ist es allerdings immer gewesen, den Atlantik zu überqueren, eine Weltreise zu unternehmen. Aber der ging nicht gleich in Erfüllung. Ebenso wenig wie mit 20 Jahren sein Wunsch, Fotograf zu werden. „Die Zeit war halt noch nicht reif. Eigentlich erst jetzt, 30 oder 40 Jahre später“, zieht er sein Resümee.
Später kam der Künstler doch noch zu seiner Atlantiktour. Er war 30 Jahre alt, als ein Arzt ihm anbot, dessen Schiff zu malen. Das Bild schien ganz gelungen. So bekam er gleich noch die Möglichkeit, auf dem Schiff anzuheuern, denn der Arzt wollte zunächst auf dem Mittelmeer segeln und lud ihn für einen Monat ein.

Dem folgte eine Atlantiküberquerung bis Barbados und wieder zurück sowie zu den Bermudas – mit Mastbruch. Aus wenigen Monaten wurden Jahre. „Ich bin in der halben Welt unterwegs gewesen. Es waren wunderbare Erlebnisse. Die Leute, die man trifft. Und überall hatte ich meine Gitarre dabei, habe in den Kneipen gespielt.“ Denn: „Mit Musik verdiene ich bis heute meinen Unterhalt. Ich habe alles gespielt, von Bob Dylan und Frank Sinatra bis zu französischen Chansons, Flamenco und Klassik.“
Immer auf der Reise von einer Welt zur anderen
Ein Getriebener? Nein! Eher ist er ständig auf der Suche nach neuen Inspirationsquellen – und nach sich selbst: „Ich war in Indien, in Tibet. Die Musikproduktionen, die ich damals gemacht habe, waren alle mit spiritueller Musik verbunden. In Tibet habe ich mit Mönchen Musik aufgenommen. Ich habe O-Töne gesammelt und sie dann im Studio rhythmisiert – eine sehr aufwendige Arbeit. Man muss die Tonart herausfinden und etwas komponieren, das dazu passt. Das war schon eine Herausforderung.“
Zum Schluss frage ich ihn, was wohl im nächsten Leben so passieren wird. Er lacht. „Keine Ahnung. Weiter kreativ bleiben, alles infrage stellen, wieder neu entdecken… So ist das Leben, das erfindet sich jeden Tag neu. So ist auch meine Kunst: Immer einen Schritt weiter.“ Leise fügt er zum Schluss hinzu, dass er in gewisser Weise auch ein Schamane sei: Immer auf der Reise von einer Welt zur anderen. Gerade im Augenblick war er für neun Tage im Trubel einer Bootsausstellung.


Mehr über Sina Vodjani erfahren auf seiner Website: www.vodjani.com