Leo nimmt sich eine Auszeit von der Arbeit an seinem Projekt, dem 1910 Albert Strange Kutter „Tally Ho“, den er in Sequim WA wieder aufbaut. Den Januar verbringt in seiner britischen Heimat nahe Bristol, wo er Freunde und Familie besucht und andere Restaurations-Projekte begutachtet. Obwohl er ganz heiß darauf ist, endlich wieder selbst an seinem Cutter zu arbeiten, muss er noch auf sein Visum warten.
Er nutzt die Zeit, um bei einer Tasse Tee vor der Kamera ein paar Fragen seiner Follower zu beantworten:
Wird es auch ein Original Strange Dinghy geben?
Ja, gerne! Pläne sind vorhanden, aber erst soll „Tally Ho“ schwimmen. Vielleicht bauen Leo‘s Freunde eine Replika des Originals.
Wie wir der Innenausbau vonstatten gehen?
Möglichst originalgetreu, aber in modernerem Design. Leo möchte an Bord leben (Stehhöhe), viel altes Original-Holz von den Planken verwenden und keine Abtrennung zwischen Gästen und Crew haben wie früher.
Wohin geht die erste Reise?
Nach England, ganz klar, Tally Ho‘s und Leo‘s Heimat. Leo ist aber noch unschlüssig, ob um Kap Horn (spannend, aber lang) oder durch die Nord-West-Passage (kurz und abenteuerlich), über den Pazifik durch den Suez-Kanal oder um das Kap der Guten Hoffnung (zu weit) oder durch den Panama-Kanal (zu langweilig und nicht authentisch, der Kanal wurde ja erst 1914 eröffnet).
Wirst Du am Fastnet Race teilnehmen?
Ist in Planung – aber wohl erst 2025 zum 100-jährigen Race-Jubiläum.
Nonsens: Können Delfine Gabelstapler fahren?
Mit entsprechendem Training unter Wasser, warum nicht?
Sind alle Volunteers und Cecca nur Schauspieler und alles Fake?
[Auf diese Frage hat Leo nur ein Lächeln…]
Vertragen sich Holzschiffe mit Süßwasser?
Ein vielschichtiges Thema. Am besten, die Boote werden innen mit Salzwasser „pickeled“ (das Wort ist ethymologisch verwandt zu unserem schönen Begriff „Pökeln“?), denn in Süßwasser fühlen sich holzschädigende Mikro-Organsmen deutlich wohler. Regenwasser kann übrigens auch zum Problem werden.
Wie schärfst Du das Werkzeug?
Leo benutzt einen schwedischen Tormek, das ist ein Schleifbock mit entsprechendem Einspann-Schlitten, der viel Geld kostet – aber auch beste Ergebnisse liefert. Man kann jedes Werkzeug rasiermesserscharf kriegen, wenn man einen sehr flachen Winkel anschleift und sauber auf einem Wasser-/Ölstein oder noch besser auf einem Wetzleder den Grat abzieht.
Wird Tally Ho wieder eine Pinne bekommen?
Definitiv ja, das Gefühl für den Riggtrimm ist viel besser, auch wenn das Steuern bei Starkwind manchmal Schwerstarbeit wird, notfalls mit Hilfstalje. Ein gut getrimmtes Schiff lässt sich leicht mit langer Pinne steuern.
Wie fängt man so ein Projekt an, ohne Erfahrung?
Eine sehr komplexe Frage, Leo wird in Kürze eine Liste von FAQ (häufig gestellte Fragen) auf seiner Homepage veröffentlichen.
Der beste Einstieg ins Segeln ist: Dorthin zu gehen, wo Leute segeln, und sich anzubieten Arbeit zu übernehmen z.B. beim Putzen, Einsatz zeigen, zuhören, fragen.
Der Weg zum Bootsbau führt über eine gute Holzbootswerft – beginnend mit einem unbezahlten Praktikum und anschließend einer Ausbildung dort.
Lohnt sich die Arbeit an und mit Schiffen überhaupt?
Reich wird man nicht, aber es gibt einem eine unglaubliche innere Freude, etwas zu erschaffen, Abenteuer zu erleben wie die alten Entdecker, die Nähe der eigenen Sterblichkeit zu spüren und Herr seines Schicksals zu sein.
Luke, ein Bruder im Geiste
Das zweite Video führt Leo nach Truro bei Falmouth/Cornwall. Hier entsteht unter der Anleitung von seinem altem Freund Luke Powell eine Replika des enormen Bristol Pilot Cutters „Vincent“ – allerdings unter dem Namen des britischen Seehelden Captain Edward „Pellew“, berühmt geworden als Befreier der Sklaven Algiers im Jahre 1816.
Luke führt eine Truppe von jungen Leuten, die Holz-Bootsbau, oder besser -Schiffbau lernen, ein Projekt ähnlich dem Hamburger Projekt „Jugend in Arbeit“.
Mit dem einzigen Unterschied, dass Luke seinen Auszubildenden viel mehr vermittelt als das reine Handwerk, sondern auch den verantwortungsvollen Umgang mit einem so großen Schiff; und die Liebe zum Holz und zur Seefahrt sowieso. Die „Pellew“ wird am 29. Februar um 9 Uhr ihren Stapellauf erleben. Sie soll noch diesen Sommer segeln und mit Charterfahrten Geld einbringen.

Der Gigant von Cornwall
Dieses Schiff ist – im Vergleich zu „Tally Ho“ – ein echter Gigant mit seinen 68 Fuß (20 Meter) über Deck plus 22 Fuß (6 Meter) Bugspriet. Der Mast ragt 80 Fuß (24 Meter) in die Höhe, die Verdrängung beträgt 74 Tonnen.
Einst fuhren diese Cutter mit 6-7 Mann hinaus zu den Schiffen, die Lotsen brauchten. Nicht selten wurden sie vom Schiffsjungen allein wieder nach Hause gesegelt. Ein so großes Holzschiff ist in den letzten 80 Jahren nicht mehr in (West) England gebaut worden, und Luke kann man den Stolz darüber von weitem ansehen. Luke und sein Projekt kennen wir schon aus dem Oktober 2018. Inzwischen ist viel passiert.
Die Azubis schleifen das Deck von der Vergussmasse frei, und ein paar Schichten Farbe müssen dann auch noch aufgetragen werden. Erst wenn der Rumpf im Wasser liegt, wird dann der Mast gesetzt, die „Pellew“ ausgetrimmt und der riesige Baum angeschlagen.
Und dann kommt noch die Herausforderung, das Schiff mit seinen drei Metern Tiefgang aus dem „Schlickloch“ Truro über den Truro River hinaus auf die Carrick Roads, die langgestreckte Bucht von Falmouth, zu navigieren.

Ein Loblieb auf den Baustoff
Luke gerät ins Schwärmen über das Holz als wunderbar nachhaltigen Low-Tech Baustoff, der ohne aufwändige Technologie leicht bearbeitet werden kann. Eine Handvoll Menschen mit Stecheisen, Säge und verbogenen Löffeln könnten bereits ein Holzboot bauen.
Ein Holzboot braucht keine moderne Marina: Einfach auf den Strand fahren, trocken fallen lassen – und die notwendigen Instandhaltungsarbeiten können durchgeführt werden. Wo Bäume gefällt werden, wird aufgeforstet und das CO2 bleibt in dem verbauten Holz gebunden.
Tipp für junge Bootsbauer
Wenn du gerne Dinge erschaffst, ist Bootsbau das richtige. Man verdient nicht viel Geld, doch wird man emotional reich belohnt. Einfach anfangen und bloß nicht zu lange nachdenken, ob es sich lohnt.
Ein Boot für sich selbst baut man am besten schrittweise: bauen, Geld verdienen, weiterbauen. So erschaffst du etwas wirklich Schönes, das zudem dein Zuhause sein kann und Dich, wenn du willst, um die Welt bringt.
Die meisten Leute verstehen uns Bootsbauer-Enthusiasten nicht, sie jagen dem Geld hinterher. So ein altes Boot ist eigentlich eine Zeitmaschine, es ist auch 150 Jahre nach seinem Entwurf immer noch ein gutes Gefährt, denn die See ändert sich nicht.

Das Boot ist Deine Welt
„Wenn du da draußen bist, ist das Boot Deine Welt, alles andere verschwindet hinter den Horizont, Du lebst es…“, dann bricht er ab, genug Blödsinn geredet, es gibt noch viel zu tun bis zum Stapellauf.
Man merkt es Luke an, das ist genau der Spirit den auch Leo antreibt: Menschen wie Luke, die ihre Träume wahr werden lassen und noch dazu junge Leute mit dem Holzbootsbau-Virus infizieren. Leos unfreiwilliger Zwangsaufenthalt in England geht zu Ende und sein nächstes Video wird wieder von der Baustelle an seinem Cutter Tally Ho berichten. Er kann es kaum erwarten.
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