Die tief stehende Sonne lässt den Strand zwischen den Schneeflecken bereits goldgelb leuchten. Mäßiger Wind aus südlichen Richtungen treibt eine kleine Welle die Kieler Förde entlang und schwappt ans Ufer, das noch vor wenigen Tagen mit Eis bedeckt war. Routiniert streift Michael Walther seinen Trockenanzug über, steigt ein paar Schritte ins eiskalte Wasser und gleitet dann auf seinem SUP davon.
Genauso wird er das auch im Mai tun, aber an ganz anderer Stelle. Dann nämlich wird er zusammen mit seinem Freund, dem Fotografen Daniell Bohnhof, und dem österreichischen Kameramann Manuel Grafenauer von Kangerlussuaq in Grönland 300 Kilometer nach Norden in die Disco Bay paddeln.
30 Kilometer am Tag
Hier liegt die Eisgrenze – und auch das Unesco-Weltnaturerbe Ilulissat-Eisfjord mit dem Sermeq-Kujalleq- Gletscher, wo sich die Grönlandwale tummeln. Und wo sich wegen des Klimawandels aber auch das Eis immer weiter zurückzieht. Ziel des Extremsportlers Walther ist deshalb, die Auswirkungen des Klimawandels auf die nördlichen Polarregionen zu dokumentieren. So werden sie die Tour verfilmen und mit dem Film in Schulen auf das Thema Klimawandel und Meeresschutz aufmerksam machen: „Uns drei eint die Begeisterung für Wassersport, Natur und Klimaschutz“, sagt Walther.
Darüber hinaus soll der Film zeigen, dass auch die Gewässer rund um Grönland mit Plastikmüll verschmutzt sind. „Wir zeigen den Kontrast zwischen menschlichen Einflüssen, fantastischer Natur und beeindruckender Tierwelt.“ Dabei möchte Michael Walther auf einfühlsame Art, ohne erhobenem Zeigefinger Verantwortungsbewusstsein erzeugen. „Klima- und Umweltschutz muss aus eigener Motivation geschehen.“
Gerade das Stand-up-Paddling eignet sich perfekt für diese Zwecke. Durch die sanfte Fortbewegung ohne jegliche Emissionen gelangen wir in die entlegensten Winkel.
Etwa zehn Tage werden sie für die 300 Kilometer brauchen, 30 km paddeln sie am Tag, je nach Witterung und den Wetterbedingungen, die in der Region sehr schwanken können. Alle drei werden auf aufblasbaren Boards unterwegs sein und wollen nur streckenweise auf die Hilfe von Booten zurückgreifen. Finanzieren werden sie das Projekt privat. Wenn alles wie geplant läuft, soll der Film zur Kieler Woche im Juni Premiere feiern.
Für den Dauer-Paddler ist es nicht das erste Projekt auf dem SUP, bei dem er für Umweltschutz seine ganze Kraft aufbringt. Seit mittlerweile zehn Jahren verbindet Michael Walther Klimaschutz und Extremsport. Auch Temperaturen um den Gefrierpunkt auf dem Wasser sind für den Segler nichts Neues. Dabei geht es ihm nicht um die sportlicher Herausforderung, sondern um Projekte, bei denen er Spenden sammelt.
In 24 Stunden rund Ærø
So paddelte der Segler bereits von Kiel rund um die dänische Insel Ærø oder durch den Nord-Ostsee-Kanal von Brunsbüttel nach Kiel und in 24 Stunden von Kiel nach Flensburg. Er sammelt bei diesen Aktionen Spenden für die Paulchen-Esperanza-Stiftung, die sich um den Bau und den Erhalt von Schulen und Waisenhäusern in Tansania, Argentinien und auf Sri Lanka stark macht.
Die SHZ begleitete Michael Walther beim Paddeln für den guten Zweck:
Auch bei den Boards achtet Walther auf Nachhaltigkeit. Zu Hause in Kiel trainiert er mit einem Raceboard, dem Flax 14’Race von Green Boats. Er benutzt dieses lange, schmale und schnelle Board, weil es besonders leicht ist und dank der Flachsfasern und Harze auf Leinöl- statt Erdölbasis deutlich umweltfreundlicher. Statt EPS-Schaum kommen bei dem Flax-Board von Friedrich Deimann Papierwaben zum Einsatz. Das verbessert die CO2-Bilanz im Vergleich zu herkömmlichen Boards um 80 %.
Am 20. und 21. April ist Michael Walther wieder unterwegs: Dann paddelt er in 24 Stunden von Kiel nach Lübeck, diesmal in die entgegengesetzte Richtung, „damit mir nicht langweilig wird“, sagt er lachend.
Unterstützung für den Film des Grönland-Projekts von Zero Emissions ist hochwillkommen.