Es ist eine ganz normale Halle in einem ganz normalen Gewerbe-Gebiet, fünf Kilometer weg von der Kieler Förde. Von Romantik keine Spur. Bis sich das Tor zur Halle öffnet und den Blick freigibt auf die Schätze: Dicht an dicht liegen hier klassische Yachten, es riecht nach Leim und Sägespänen. Drei Bootsbauer balancieren eine Holzplatte, heben sie hoch und setzen sie millimetergenau auf das Deck eines Bootes.
Schon zieht das Epoxi an, die Platte sitzt und wird verschraubt. Ein altes Boot bekommt eine neue Chance. Armin Hellwig ist Experte für solche Reparaturen in Holz. Gerade hat er zwei über-hundertjährige Yachten in der Werft, dazu ein Taxiboot aus Venedig, einen Spitzgatter und etliche Holz-Folkeboote.

float: Wie kommt es, Armin, dass du so eine spezielle Affinität zu ganz besonders alten Booten hast?
Armin Hellwig: Das ist die Liebe zu den Holzbooten. Ich habe das ja noch richtig gelernt. Damals auf der Bieritz-Werft in Friedrichskoog haben wir Fischkutter aus Holz gebaut – aus Eichenplanken und mit Eichen-Krummholz-Spanten. Angefangen habe ich da 1986. Ich glaube, wir haben in meiner Lehrzeit den letzten hölzernen Fischkutter für die Fischerei gebaut.
Damals war Holzbootsbauer ein aussterbender Beruf. Aber in den Jahren danach wurden immer mehr Holzboote restauriert, und heute sind Holzbootsbauer recht gesuchte Leute.
Die Boote hier in der Halle sind aber ungewöhnlich alt …
Aktuell haben wir hier in der Halle ja zwei über hundert Jahre alte Boote. Das eine ist die Sonja, ein 55er Schärenkreuzer von 1919. Große Teile der Spanten und der Außenhaut sind original aus dieser Zeit. Das nenne ich mal nachhaltigen Bootsbau.
Das andere Boot ist die Gamla von 1916. Da ist das meiste Holz im Laufe der Jahre ausgetauscht worden. Aber man sieht an den Spanten, das auch da noch einiges original ist.

Was ist das Geheimnis für ein langes Leben? Wenn man jetzt ein Schiff ist?
Das Schiff muss in Fahrt sein und es muss regelmäßig gepflegt werden. Alles was ansteht muss repariert werden. So ein Holzboot braucht jemanden, der sich darum kümmert und auch in die Ecken guckt. Dann kann es auch alt werden.
Du bist ja für eine ganze Reihe von klassischen Yachten sowas wie der Hausarzt, der sie auch über eine lange Zeit immer wieder untersucht und behandelt und sie am Leben hält. Woran orientierst Du dich, wenn Du die nächsten Schritte bestimmst?
Zunächst untersuche ich, was vergammelt ist. Das muss dann natürlich ersetzt werden – und zwar so, dass es für lange Zeit wieder hält. Dabei gucken wir, wie früher gebaut wurde. Irgendwie passen moderne Methoden oft nicht zur alten Bauweise.

Wenn wir bei einem alten Boot wie der Gamla eine Planke wechseln, dann machen wir das nicht viel anders als die Kollegen vor hundert Jahren – mal abgesehen von den modernen Maschinen. Die Reparatur soll sich mit dem Rest des Bootes vertragen.