Versuchter schwerer Betrug wird dem Paar und der 87-jährigen Mutter von Christoph H. vorgeworfen. Doch gegen Thea H. soll extra verhandelt werden: Laut einer Gerichtssprecherin war es aufgrund der aktuellen Pandemie nicht möglich, noch vor dem Prozess von einem Amtsarzt feststellen zu lassen, ob die rüstige Seniorin verhandlungsfähig ist.
Drei Hypothesen
Als Torben M. im Oktober 2019 seinen ersten Fall übernimmt, spricht er zunächst mit Olena H. Von der Ehefrau des Vermissten erfährt er, dass Christoph H. ein erfahrener Seemann ist, der seit seinem 12. Lebensjahr mit seinem Vater gesegelt ist.
Der Kommissar recherchiert, dass an jenem Montag gutes Wetter herrschte und es keinen besonders hohen Seegang gab. Der Innenbord-Motor der „Santiano“ war erst einen Monat zuvor in einer Werft in Kiel überholt worden.
Torben M. überlegt sich mehrere Hypothesen: War das Verschwinden von Christoph H. vielleicht gar kein bedauerlicher Unfall? Hatte die Werft möglicherweise gravierende Fehler bei der Reparatur gemacht? Dann müssten sich die dafür Zuständigen wegen einer fahrlässigen Tötung verantworten. Oder hatte jemand ein Interesse daran, Christoph H. zu töten? Musste die Kriminalpolizei nach einem Mörder suchen? Hatte Christoph H. möglicherweise sein Ableben sogar selbst inszeniert?
Zwei Monate vor seinem Verschwinden er schon einmal untergegangen
Bereits zwei Monate vor seinem Verschwinden, so berichtete Olena H. dem Kommissar, sei ihr Mann schon einmal mit einem anderen Boot untergegangen: Damals habe Christoph H. vom Schiff aus uriniert, dabei sei es umgekippt.
An diesen merkwürdigen Vorfall erinnern sich auch die Kollegen der Kieler Wasserschutzpolizei: Ein Mann hatte sein Schiff verloren. Später wurde es am Schönberger Strand gefunden, während sich der Eigner, ohne irgendjemanden über seinen Verbleib zu informieren, zu Fuß und per Fähre in Richtung des Hafens Schilksee und von dort nach Hause begeben hatte. Die Beamten hatten damals eine Anzeige wegen Gewässerverunreinigung geschrieben. War dies die Generalprobe für den Fall gewesen, in dem der Kommissar nun ermittelte?
Olena H. erzählt ihm auch von einer Risikolebensversicherung bei der Württembergischen Versicherung. „Aber seinen Tod vorzutäuschen ist ein großes Unterfangen“, meint Torben M. im Zeugenstand. „Zu groß, um es für 250.000 Euro durchzuführen.“ Schließlich könne der angeblich Verstorbene nirgendwo mehr arbeiten. Das durch den Betrug vereinnahmte Geld müsse schon bis ans Lebensende reichen.

Warum verschwand Christoph H.?
Der Kommissar forscht weiter. Einen Monat nach dem Verschwinden von Christoph H. wendet er sich an einen Bootsgutachter, der sich nach wenigen Tagen zurückmeldet. Er hatte mehrere Manipulationen am Boot entdeckt: So waren die Schlauchschellen der Abgasleitung am Motor per Hand gelöst worden, weshalb Seewasser – das eigentlich die Auspuffgase des Innenbord-Motors kühlt und über die Abgasleitung zurück ins Gewässer geleitet wird – ins Schiffsinnere dringen konnte.

Desweiteren stößt der Gutachter auf eine defekte Dichtung des Z-Antriebes. So war auch über den Propeller Kühlwasser ins Schiff gelangt. Und schließlich entdeckte der Fachmann, dass die Lenzschraube im Heckspiegel fehlt, die verhindert, dass Seewasser ins Boot eindringt. Gezogen wird die Lenzschraube normalerweise nur an Land, um eingedrungenes Wasser abzulassen. Wunderlich fand der Gutachter auch die zahlreichen Fliesen, die lose im Schiff herumlagen. Sollten sie das Gewicht des 1,4 Tonnen wiegenden Schiffes erhöhen?