Ein paar hundert Kilometer weiter südlich, bei der Kaiser Bootsmanufaktur an der niederbayerischen Donau. Der neue Sportcruiser K-1150 wird größer als alles, was der kleine Betrieb bisher gebaut hat. Zur Boot Tulln 2019 war das mehr als zehn Meter lange Kajütmotorboot erstmals zu sehen.
Schreinermeister Jürgen Kaiser denkt wie seine Kunden: „Auf die Sportlichkeit und Flexibilität meines trailerbaren Boots will ich nicht verzichten, das elegant, leicht und schnell ist.“ Künftig kann man in dem Boot, das in einem speziellen Verfahren aus Kiefern- und Fichtenholz in Verbindung mit Epoxidharz gefertigt wird, auch übernachten. „Nicht wie in einem Apartment, sondern eher wie in einem Bulli. Mit der gleichen Romantik.“ sagt Jürgen Kaiser.


Verlassene Marktsegmente zurückerobern
Ein anderer Aspekt für den Erfolg der nationalen Hersteller ist, dass sich Großwerften aus bestimmten Marktsegmenten weitgehend zurückgezogen haben. Dazu gehören trailerbare Motorboote, wie sie einige der genannten Hersteller anbieten. Bei den Segelbooten besetzt Sirius mit seinen hochwertig gefertigten Decksalonyachten ebenfalls eine Nische, die von den Großwerften bislang nicht oder nur rudimentär bedient wird.
Als dritter Faktor spielt eine Rolle, dass Boote aus US-amerikanischer Produktion seit der Aktivierung der EU-Strafzölle im Handelsstreit mit den USA nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Der Wegfall der meist sportlichen US-Marken wird seitdem durch europäische Marken kompensiert. Auch die Bootsmodelle deutscher Hersteller erlebten so eine Extra-Konjunktur, deren Ende noch nicht absehbar ist.

Weltpolitik hat Einfluss
Auch weltpolitische Ereignisse, wie der Brexit und die Handelspolitik der USA, haben Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg der deutschen Bootshersteller. „Fast alles, was man in den 20-Uhr-Nachrichten sieht, hat Einfluss auf uns.“ erklärt Hanse-Geschäftsführer Jens Gerhardt. „Der Brexit erzeugt große Unsicherheit in England, und natürlich gehen die Aufträge dort zurück. Die Handelskriege [zwischen den Europäischen Gemeinschaft und den USA; die Red.] merken wir noch nicht so sehr. Aber das Embargo gegen Russland merken wir natürlich sehr stark.“

Für den deutschen Hersteller Europe Marine mit seinen in Deutschland gefertigten, an US-Vorbildern orientierten Sport- und Kajütbooten bedeuten die Strafzölle dagegen einen Konjunkturschub. „Durch Trumps Strafzölle erwarten wir für nächstes Jahr einen prozentual zweistelligen Zuwachs“ für die Eigenmarken Viper und Auster.“ heißt es von der nahe Mainz ansässigen Firma.
Dieser Effekt kann sich, beim Wachstum in ausländischen Märkten, sich ins Gegenteil drehen. „Der Brexit ist für uns eine große Bremse“, erklärt Sirius-Werftchef Torsten Schmidt. Seine Markteinschätzung ist, „kommend von einem sehr guten Level, leicht abflauend“ – bei Wartezeiten für eine Sirius-Segelyacht für den Kunden von zurzeit einem bis 2,5 Jahren.

Handel erlebte 2018 Ausnahme-Konjunktur
Der Handel in Deutschland zeigt sich mit dem Geschäft im vergangenen Jahr sehr zufrieden. Durch den sehr langen und warmen Sommer verlängerte sich die Saison erheblich. Die Nachfrage war entsprechend groß. „Wir hatten das beste Jahr in jüngerer Zeit überhaupt“, resümiert der Vertragshändler einer Großserienwerft gegenüber float das Kaufinteresse 2018. Neben den in Deutschland weit verbreiteten Kajütbooten erlebten auch offene Motorboote einen unerwarteten Boom.