Es war ein Manöver des letzten Augenblicks: Zwei Tage vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine beschloss die Deutsche Segelbundesliga, mit dem russischen Staatskonzern Gazprom nicht mehr zusammenzuarbeiten. Auch die Teilnahme am Nord Stream Race wird beendet.
Der Beschluss in der außerordentlichen Mitgliederversammlung am Dienstag fiel einstimmig, wie Tobias König, der Vorsitzende des Norddeutschen Regatta-Vereins NRV, float gegenüber bestätigt. „Den Antrag haben wir eingebracht und im Vorwege mit dem Vorstand des DSL e.V. abgestimmt“, so König.
Die Entscheidung der Liga-Vertreter am Dienstagabend fiel einstimmig. „Es ist für keinen Liga-Club akzeptabel gewesen, weiterhin für Gazprom und Nord Stream 2 Werbung zu machen“, so der NRV-Vorsitzende zu float. Die Grundlage dafür war die völkerrechtswidrige Anerkennung der beiden Donbas-Republiken durch Russland in dieser Woche.
Segler-Verband fordert Vereine zu Abstand auf
Öffentlich hat dazu bisher nur der Deutsche Segler-Verband klar Position bezogen. Wenige Stunden, nachdem frühmorgens der russische Angriff begonnen hatte, teilte der DSV mit: „Vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Entwicklungen und der Entscheidung der Bundesregierung, die Genehmigung der Erdgaspipeline Nord Stream 2 zu stoppen, halten wir eine deutsche Beteiligung am Nord Stream Race für nicht angezeigt.“
Die Langstreckenregatta auf Initiative von Gazprom sei aus Sicht des DSV-Präsidiums „eine PR-Maßnahme“, erklärte Segler-Präsidentin Mona Küppers. Das hat Konsequenzen: „Die mit dem Energiekonzern Gazprom kooperierenden Vereine haben wir aufgefordert, umzudenken und sich von dem Sponsor Gazprom zu trennen.“
Umstrittenes Sponsoring
Damit endet ein schillerndes Kapitel im deutschen Sportsponsoring. Sowohl die Deutsche Segelbundesliga als auch das Nord Stream Race organisiert die Konzeptwerft GmbH. Der Gewinner der 1. Segelbundesliga ist automatisch für die Teilnahme beim Nord Stream Race qualifiziert – beides veranstaltet vom selben Unternehmen.
Auch die attraktive Broadcast-Software Sailtracks, mit der die Segel-Action der Bundesliga visualisiert wird, stammt von dem Hamburger Unternehmen. Die Nord Stream AG selbst hat ihren Sitz im schweizerischen Zug. Ihr Geschäftsführer war lange Matthias Warnig, ein enger Vertrauter von Putin und vor 1989 Hauptmann bei der Stasi in Berlin. In die Zeit seiner Geschäftsführung fällt auch der Start des Nord Stream Race.
Wie es mit dem Rennen entlang der Pipeline weitergeht, ist noch unklar. Auf Anfrage von float an die Konzeptwerft sagte Geschäftsführer Oliver Schwall, man könne „in der aktuellen Situation nicht darüber spekulieren“, ob das Nord Stream Race in diesem Jahr in der gewohnten Form stattfinde.
Auch vom austragenden Yachtclub von St. Petersburg, dem die Flotte der Regattaboote gehört, gab es keine Rückmeldung. Das Mailpostfach der Pressesprecherin war voll, wie zuerst die SHZ aus Flensburg berichtete.
Erste Absetzbewegungen schon 2021
Noch ist das Nord Stream Race für dieses Jahr offiziell nicht abgesagt. 2022 wäre das 10-jährige Jubiläum für die Regatta entlang der umstrittenen Gas-Pipeline durch die Ostsee gewesen. Konzeptwerft-Chef Schwall betont derweil gegenüber float, die Nord Stream AG, deren Pipeline seit zehn Jahren Gas nach Westeuropa transportiert, habe „nichts mit der Nord Stream 2 AG zu tun, die im Zusammenhang mit den aktuellen Sanktionen genannt wird“. Mehrheitseigentümer beider Firmen ist Gazprom.
Während man im September 2021 anderenorts noch jubelte, war der Norddeutsche Regatta-Verein, einst Mitgründer des Nord Stream Race, schon ausgestiegen. „Der NRV hat schon im vergangenen Jahr auf seine Teilnahme am Nord Stream Race verzichtet und den Startplatz einem anderen Verein zur Verfügung gestellt“, so Tobias König.
Schwall betont die völkerverbindende Kraft des Segelsports, kulturelle Unterschiede zu überwinden. Noch zwei Tage vor dem russischen Einmarsch warb das Nord Stream Race in einem Facebook-Post mit dem Satz „Connecting Baltics through Sport“. Seitdem gab es keine Meldung mehr.