Es kam wie Sebastian Wache es prognostiziert hatte. Das Offshore Team Germany konnte seinen Vorsprung wegen der besseren Windfelder halten und fuhr die gesamte Nacht um die 40 Seemeilen voraus und um 9:36:02 UTC siegreich in Genua durchs Ziel bei der dritten Etappe des Ocean Race Europe.
Und was für ein Rennen das war. Die letzte Nacht hatte das Team von Robert Stanjek erneut Schwierigkeiten mit der Elektronik und musste blind per Hand navigieren. Aber die Fähigkeiten von Benjamin Dutreux, Annie Lush, Robert Stanjek und Philipp Kasüske und Onbord Reporter Felix Diemer waren in diesem Rennen perfekt gebündelt und das Team konnte den großen Abstand von 40 Seemeilen halten bis ins Ziel.

Auch die „Einstein“ hat in diesen schwachen und wechselhaften Windbedingungen besser performt als die Foiler. Nun liegt das Offshore Team Germany mit 14 Punkten insgesamt an der Spitze der IMOCA-Klasse und ein Podiumsplatz ist ihnen sicher. Welchen Platz sie erreichen werden, enscheidet am Samstag das Costal Race vor Genua.
Zeitweilig 100 Seemeilen Vorsprung
Sie lagen bereits seit dem Start in Alicante klar in Führung, nachdem das deutsche Team auf der Einstein als einziges den Küstenkurs eingeschlagen hatte, so wie auch von Sebastian Wache vorgeschlagen. Bis zu 100 Seemeilen war die Crew auf der Einstein zwischendurch in Führung. Gestern Nachmittag konnte das Flotte hinter ihnen auf 40 Seemeilen aufholen, aber dabei blieb es dann.
Die ausgeprägten Hochdruckwetterlagen im Mittelmeer auf der gesamten Strecke von Alicante nach Genua und damit die leichten Winde machten den vermeintlichen Vorteil der hochmodernen Foiler der Konkurrenz zunichte. Damit war das Spiel offen, abhängig vom Wetterrouting und den richtigen Karten im Windpoker.
Ein Näschen für den richtigen Wind
Es zahlte sich aus, dass das Offshore Team Germany mit Robert Stanjek, Annie Lush, Benjamin Dutreux und Philipp Kasüske auf einem nördlicheren Kurs segelte. Das Näschen für den richtigen Wind brachte dem unter deutscher Flagge segelnden Team schon vor dem Ziel den Respekt der IMOCA-Konkurrenz ein. Verantwortlich dafür ist vor allem Benjamin Dutreux, der mit dem Aussegeln der Favoriten in der Flaute sein erstes Meisterstück im Team der „Einstein“ gegeben hat.

Annie Lush, die eine akribische Trimmerin ist, forderte auf den 600 Seemeilen ständige Korrektur der Segel, um keine Meile zu verlieren. Und das bei drückender und teilweise stehender Hitze auf dem Boot. Und die Einstein war, wie prognostiziert, das bessere Boot für diese Verhältnisse.
Für die Favoriten auf den Foilern war es dagegen nicht einfach: „Diese hochseetauglichen Maschinen im Mittelmeer zu segeln ist wirklich sehr kompliziert“, sagte Charlie Enright vom 11th Hour Racing Team. „Es gibt nicht viel Wind, und bei wenig Wind laufen sie nicht gut. Man muss also jedes Quäntchen Leistung aus ihnen herausquetschen, sonst kommt man vielleicht nie wieder los, wenn man abstoppt.“
Das hatte Folgen für den Arbeitsaufwand an Bord. „Wir haben auf dieser Etappe wahrscheinlich schon mehr Manöver gemacht als im gesamten Rest des Rennens zusammen.“ so Enright. „Es ist wirklich knifflig, und man muss bei der Sache bleiben.“
Die Prognosen waren richtig
Diplommeteorologe und float-Wetterexperte Sebastian Wache von der Wetterwelt hatte gestern Nachmittag, als die Spannung stieg, die aktuelle Wettersituation für das Offshore Team Germany analysiert. Das Windfeld war geprägt vom Hochdruckgebiet mit nordöstlichem Wind. Es gab eine kleine Störung im Hinterland, auf der Höhe von Nizza, wo sich Schauer und Gewitter bildeten, die am Winddfeld zogen, genau dort, wo die Deutschen sich befanden. Der Windwinkel war dadurch für sie besser.

Während die von hinten kommende Flotte noch mit Nordostwind zu kämpfen hatte, hatte der Wind für das Offshore Team Germany ein bisschen nach rechts gedreht. So konnte die deutsche Crew gut hoch am Wind segeln. Zieher und Flautenlöcher wechselten sich ab, aber das Team blieb stabil 40 Seemeilen vor dem Rest der Flotte.
Der Gesamtsieg in Reichweite
Navigator Benjamin Dutreux blieb wachsam: „Bisher bin ich glücklich, wir haben eine solide Führung. Aber im Mittelmeer ist es immer schwierig, und es ist niemals vorbei, bevor es vorbei ist.“ sagte er vor der letzten Nacht auf See.

Robert Stanjek vertraut dem Weltumsegler: Für den Berliner ist es das erste Ocean Race. Der ehemalige Starboot-Olympionike kann sich auf die Skills seiner erfahrenen Crewmitglieder verlassen.
„Es wird bis zum Ende eng bleiben. Das Rennen wird wahrscheinlich nicht einmal auf dieser Etappe entschieden, sondern beim abschließenden Coastal in Genua“, hatte Thomas Ruyant vom Team LinkedOut am Dienstag gesagt. Im Moment sieht es danach nicht aus.