Des Verschnaufens war nur kurz. Die Imocas und VO65 zittern an den Stegen von Mindelo. Das zweite Leg des Ocean Race von den Kapverden nach Kapstadt steht für den Abend des 25. Januar an.
Während einige Teams chillten (Team Malizia), reparierten andere (Team Guyot Environnement) kleine Malaisen im Rigg. Hilfe und Material von außen sind dabei laut Statuten nur sehr eingeschränkt zugelassen. Die zweite Etappe wird eher strategisches Geschick erfordern, um den prognostizierten Schwachwinden maximale Leistung abzutrotzen, als kämpferisches Draufgängertum in Starkwinden. Mit 4.600 Seemeilen ist sie knapp 2 1/2 mal so lang wie das erste Leg. Die Abfolge könnte so aussehen: erst Flaute, dann Doldrums, dann St-Helena-Flaute, dann Zuckerhut-Abdeckung. Geduld ist eine Tugend und der Bordcomputer wird’s schon richten.
Bevor es rausgeht, halten die Ocean-Race-Recken für die Blue-Economy-Kampagne der Kapverden ihren Kopf hin. Die grünen Inseln wollen unter Premierminister Ulisses Correia e Silva Vorreiter für die blaue Wirtschaft werden. Parallel zur ökologisch ausgerichteten Capo Verde Ocean Week hielten The Ocean Race und die Kapverden ein Summit im Ocean Science Centre Mindelo ab, um „urgent ocean action“ anzumahnen.
Hoher Besuch
Neben dem Premierminister sprach auch António Guterres, Generalsekretär der UN. Und Malizia-Skipper Boris Herrmann überreichte dem Premierminister „Nature’s Baton“, einen Staffelstab, den Relay4Nature, eine Initiative von The Ocean Race und Peter Thomson, dem UN-Beauftragten für die Ozeane, für Rettung und Schutz der Ozeane herumreicht.
Wenn die Ocean-Race-Flotte die Kapverden verlassen hat, können sich endlich wieder ungehindert die Kreuzfahrtschiffe ausbreiten. Dank des 2022 errichteten Kreuzfahrtterminals auf Sao Vicente steht eine Rekordzahl von 160 Stops der notorisch bekrittelten Umweltsünder in Aussicht. Allerdings sind die Hightech-Segelyachten der Imoca-Klasse auch nicht das Grüne vom Ei, wie die Lebenszyklusanalyse mit der Software von MarineShift 360 ergeben hat.
Gleiche Yachten, neue Crews
Bei den Crews des Ocean Race wurden fürs zweite Leg die Stühle gerückt. Boris Herrmann fällt wegen eines verbrühten Fußes aus. Für ihn springt der Routinier Yann Eliès ein. Besonders frohlocken dürfte Susann Beucke, die im führenden Team Holcim – PRB Abby Ehler nicht nur für die nächste, sondern auch die dritte Etappe ersetzt. Das dritte Leg schlägt als Königstörn des Ocean Race den Bogen durch den Südpazifik. In zwei Jahren von der 49erFX-Jolle bei Olympia auf eine Imoca in den Roaring 40s – rasanter als die 31-jährige Olympiazweite kann man seinen Horizont nicht erweitern.
Bei Guyot Environnement – Team Europe bleiben Robert Stanjek und Phillip Kasüske an Bord, neu ergänzt durch Sébastien Simon und Anne-Claire Le Berre. Einhand-, Olympia- und Teamsegler müssen sich in dieser Vierer-Besetzung zusammenraufen. Die diversen Schäden an Segeln und Latten der Imoca konnten auf den Kapverden behoben werden. Die Hardware steht, aber die Soft Skills müssen im laufenden Rennen erprobt werden. Keine Atempause – das Rennen wird gemacht!