Der Astronaut fliegt zu den Sternen, doch was tut der EnviroNaut? Er oder sie schippert auf nachhaltigen Kursen über Meere und Seen. Noch nicht heute, aber bald.
Mit dem Titel Environaut soll eine neue Qualifikation eingeführt werden, die einen Schwerpunkt auf nachhaltigen Bootsbau und Wassersport legt. Die Spezialausbildung zum Environauten absolviert man durch eine Reihe von Online-Kursen. Es geht darum, eine Bildungslücke in den Qualifikationen in der Bootsbranche zu schließen. „Unser Ziel ist es, dass bald in jedem Unternehmen, ob Tauchschule, Bootswerft oder Kanustation, mindestens eine Person arbeitet, die Nachhaltigkeits-SpezialistIn ist”, sagt Karsten Stahlhut vom BVWW auf float-Anfrage.
Der deutsche Bundesverband Wassersport-Wirtschaft (BVWW) hat das Projekt gemeinsam mit anderen Akteuren der Bootsindustrie, insbesondere dem Verband der Europäischen Bootsindustrie, sowie der Deutschen Meeresstiftung aus Hamburg ins Leben gerufen, die EU finanziert es. Zwei Hochschulen, die Nationale Technische Universität Athen und die Frederick University auf Zypern, werden die Lehrpläne dazu ausarbeiten.
Lernmodule für die Firmenpraxis
Auf Kreuzfahrtschiffen gebe es schon heute den Nachhaltigkeits-Offizier – eine Fachkraft für alle Fragen von Umweltschutz, Entsorgung und Ressourcenschonung. Diese Position will die Wassersportbranche für ihre Mitglieder schaffen. “Die Betriebe sollen ihr eigenes Handeln hinterfragen und auf diesem Wege Nachhaltigkeit verbessern.” Aber ganz konkret für die Firmenpraxis.
Im ersten Schritt werden rund ein Dutzend Lernmodule entwickelt, die sich mit den alltäglichen Umwelt-Fragen von Wassersportbetrieben befassen: Wie trenne und entsorge ich Müll richtig, insbesondere problematische Abfälle wie Lacke oder Spezialreiniger? Wie reinige ich Boote so schonend, dass die Überreste nicht die Gewässer oder den Boden verunreinigen? Wie entsorge ich Boote am Ende ihrer Lebensdauer?
Begleitet wird das Projekt von der Deutschen Meeresstiftung, die sich für mehr Nachhaltigkeit auf den Meeren engagiert. Kürzlich verlieh die Hamburger Institution einen Innovationspreis an das französische Start-up Heliorec, das schwimmende Solarplattformen für ungenutzte Wasserflächen bauen will. „Das Projekt EnviroNaut wird das Wachstum der Freizeitschifffahrt fördern und gleichzeitig die Meeresumwelt durch einen verantwortungsvollen und nachhaltigen Tourismus schützen“, sagt Frank Schweikert, Gründer und Direktor der Meeresstiftung.
Teilnahme soll freiwillig sein
In etwa zwei Jahren sollen diese Module als Online-Seminare in sämtlichen Sprachen zur Verfügung stehen. Die Nutzung wird gratis sein, das schreibt bereits die Förderung als Erasmus+-Projekt der EU vor. Wer will, kann einzelne Mitarbeiter dann daran teilnehmen lassen. Auch eine Abschlussprüfung auf freiwilliger Basis wird es geben. “Verpflichten wollen wir natürlich keinen”, sagt Stahlhut.
Der BVWW-Verbandschef ist davon überzeugt, dass die Maßnahme gut ankommen wird: “Wir haben bereits jetzt sehr positive Rückmeldungen, und Nachhaltigkeit ist ja sowieso ein Thema.” Stahlhut geht insofern davon aus, dass der EnviroNaut den gesetzlichen Standards lediglich vorgreift. “Denn die werden immer weiter steigen im Bereich Nachhaltigkeit – wir gehen gern vorweg.”
„Multiplikator für saubere Gewässer“
Dass die Entwicklung dieser Qualifikation ernst gemeint sei, reflektiere auch die Teilnahme der Deutschen Meeresstiftung: „Wenn es sich um Green Washing handelte, wären die auf keinen Fall dabei“, sagt Karsten Stahlhut vom BVWW. Frank Schweikert, Gründer und Geschäftsführer der Stiftung, pariert das umgehend.
„Die Deutsche Meeresstiftung wird mit ihrem wissenschaftlichen Know-how und Netzwerk die Strategie des Projektes begleiten und auch dafür Sorge tragen, dass die gemachten Informationen und Vorschläge aus fundierten naturwissenschaftlichen Erkenntnissen bestehen“, sagt er auf float-Anfrage. Überdies werde seine Institution mit ihrem Netzwerk helfen, das Projekt bekannt zu machen.
Die Zusammenarbeit ist übrigens erprobt. Seit ihrer Gründung 2015 kooperiert die Meeresstiftung mit der Wassersportwirtschaft. Schweikert nennt den Bundesverband der Wassersportwirtschaft neben dem Fürsten von Monaco eine „tragende Säule für unsere Meereszukunft“. Und: „Wassersportler sind ein ganz besonderer Multiplikator für saubere Gewässer, die durch ihre enge Verknüpfung mit den Gewässern auch besonders sensibel damit umgehen.“