Ab Freitag um eins macht jeder seins – nicht so bei T&R Yachthandel, wo man ein ungewöhnliches Arbeits-Konzept hat. Wir treffen zwei der drei Macher des Dessauer Bootshändlers am Freitagnachmittag zum Gespräch – online daheim und bei bester Laune. Bevor es für Gründer und Geschäftsführer Tino Böttcher auf die Autobahn geht, um ein Boot auszuliefern.
Wir unterhalten uns gemeinsam mit Marketingmann René Schönemann, während draußen die Sommersonne brät. Unser Thema: Wie kann man Boote von Balt, Masuria und Karnic als T&R Yachthandel verkaufen und dabei gleichzeitig einen anderen Brotberuf haben?
Ihr arbeitet nebenberuflich als Bootshändler, quasi in eurer Freizeit und neben euren Brotberufen. Was bedeutet das für eure Kunden?
Tino Böttcher: Der große Vorteil, den ich sehe, ist, dass wir in der gleichen Zeit in unseren Brotberufen arbeiten wie unsere Kunden – also in der Regel von Montag bis Freitag von 7 bis 16 Uhr. Da sehe ich einen ganz großen Vorteil: Die meisten unserer Kunden widmen sich ihrem Hobby nach Feierabend oder am Wochenende.
In der Regel nehmen Erstkunden per Mail Kontakt auf, nachdem sie ein Bootsmodell im Internet gesehen haben in einschlägigen Tests oder Youtube-Videos. Oder sie kennen uns von der Messe.
Dann kommen wir erst einmal ins Gespräch: Was wird eigentlich gesucht? Mir ist schon in dieser Phase wichtig, dass wir uns austauschen: Wo möchte der Kunde das Boot nutzen? Was sind die Bedürfnisse und Ansprüche ans Bootsfahren und das Boot? So bekommen wir diesen Einblick, in welche Richtung sich das bei unserer Produktpalette entwickeln wird.

Wirklich viele Kunden sind direkt modellbezogen und sagen: Ich habe Interesse an einer Titanium 818. Andere, und das sind nicht wenige, haben bestimmte Vorstellungen vom Bootfahren oder möchten ihr Boot in einem bestimmten Revier nutzen. Hier sehe ich unsere Beratung.
Dann folgt eine Vor-Ort-Besichtigung in Dessau, bei unseren Liegeplätzen in Brandenburg an der Havel oder im Winter eine Hallenbesichtigung. Will der Kunde in einem bestimmten Revier fahren, engt sich die Auswahl meist auf ein bis zwei Modelle bei uns ein – und auch durch die Frage, ob das Boot trailerbar sein soll und wie stark die Motorisierung.
René Schönemann: 90 Prozent der Anfragen bekommen wir über das Kontaktformular oder per Mail, etwa 10 Prozent rufen uns an. Was wir nicht haben, ist ein schöner Verkaufsraum, wo jemand darauf wartet, angesprochen zu werden. Wir werden wirklich sehr reaktiv tätig.
Was bedeutet dieses Arbeitsprinzip konkret für euch? Arbeiten rund um die Uhr?
Tino Böttcher: Wir sind quasi vom Hobby aus gestartet. Wir hatten schon immer großes Interesse am Wassersport – geweckt nicht nur durch meinen Schwiegervater, sondern auch schon früher als Kind: mal Boot fahren, schwimmen gehen, baden.
Später sind wir selbst auf eine Messe gefahren, weil wir für uns ein passendes Boot gesucht haben. Dort sind wir über die Balt 818 Titanium gestolpert und haben unsere Ansprechpartner und Konstrukteure bei Go2boat – Philip Drożdż und Jacek Maj – kennengelernt. Darüber kam dieser Stein ins Rollen.
Nachdem wir uns privat für das Schiff entschieden haben, sah ich, dass es in Deutschland ein gewisses Potenzial für diese neue Art von Halbgleitern gibt. Ich fragte, damals mit 24 Jahren: Was muss ich eigentlich tun, um Händler zu werden?
Daraufhin haben wir angefangen, Marketing mit der Internetseite zu machen, und im November 2015 die Firma gegründet – mit der Aussicht, uns zu entwickeln mit Halbgleiterschiffen. Wir wussten von unseren Konstrukteuren, dass sie wirklich jedes Jahr ein neues Modell bringen. Und so ist das gewachsen.
Wie sieht es mit der Work-Life-Balance aus?
Schön ist: Wir arbeiten viel auf „Bestellung“. Über die Messezeit gewinnen wir Neukunden und haben dafür für die kommende Saison gewisse Liefer-Slots zur Verfügung. Wir haben quasi nie Monate, wo fünf Boote auf einmal kommen.