Woche neun und das dritte Kap ist geschafft – zumindest für mehr als die Hälfte der Vendée-Globe-Teilnehmer. Für zehn von ihnen war die Umrundung von Kap Hoorn eine Premiere. Die Segler nahmen den historischen Moment ganz unterschiedlich wahr. Einige sahen die Landspitze mit bloßen Augen, andere wurden vom Leuchtturm angeblinkt, ein kleiner Teil registrierte den Übertritt in den Atlantik nur auf den Computerschirmen. Pip Hare war bei ihrer ersten Kap Hoorn Umrundung tief beeindruckt.
Dem südlichen Ozean zu entwischen, war für niemanden aus der Führungsgruppe einfach. Wie auf einem Schachbrett waren die Segler von Hochdruckgebieten umzingelt, auf die sie mit cleverem Navigieren reagieren mussten. Diese Phase kostete den Erstplatzierten Yannick Bestaven seinen komfortablen Vorsprung. Bei der Rundung des Kaps lag er 400 Meilen voraus, aber die ersten zwölf Boote holten schon auf.

So schreibt man Vendée-Globe-Geschichte!
Der südliche Ozean liegt hinter ihnen, das heißt aber nicht, dass keine Gefahren mehr vor ihnen lägen. Mittlerweile segeln die vier Boote an der Spitze mit minimalem 20 Meilen Abstand voneinander – nachdem 80 Prozent des Rennens bereits absolviert sind. So schreibt man Vendée-Globe-Geschichte!
Dass es quasi zu einem zweiten Start auf der Höhe von Brasilien kommt, hat es noch nie gegeben. Und das Feld bleibt bunt. Neue und alte IMOCAs mit und ohne Foils sind genauso dabei wie alte Hasen und junge Grünschnäbel. Atemberaubender könnte diese Vendée Globe gar nicht verlaufen.
Viele Segler liefern ein sehr beeindruckendes Rennen, aber manche Leistungen sind geradezu spektakulär. Jeremie Beyou gehört auf seiner Charal zu denen, die bereits das Kap hinter sich haben – dabei ist er mit neun Tagen Verzögerung gestartet. Die Strecke vom Kap der Guten Hoffnung zum Kap Hoorn ist er in der Rekordzeit von 30 Tagen, 14 Stunden und 27 Minuten gespurtet.

So trotzte er seinem Start-Pech, als sein Boot an Tag zwei von einem unbekannten Gegenstand beschädigt wurde. Er kehrte 600 Meilen nach Les Sables d’Olonne zurück, um den Schaden beheben zu lassen. Ein Team von 20 Leuten ackerte Tag und Nacht, um die Charal wieder 100 Prozent fit zu machen. Zehn Tage lang bleibt die Startlinie offen.
An Tag 9 überquerte sie Jeremie zum zweiten Mal. Das Feld lag 2.500 Meilen südlich voraus kurz vor dem Flautengürtel. Jeremie atmete erst wieder auf, als er das Kielwasser des hintersten Seglers erreichte. Seitdem hat er sich auf den 16. Platz vorgekämpft und stürzt sich jetzt in das dichte Gedrängel im südlichen Atlantik.
Solch eine Aufholjagd hat das letzte Mal Mike Golding geboten. Nach acht Stunden im Rennen von 2000 brach ihm der Mast. Er kehrte um, rüstete sein Boot mit neuem Mast, neuem Rigg und neuen Segeln aus und nahm acht Tage nach dem ersten Start die Verfolgung auf. Ich arbeitete damals in seinem Team und erinnere mich, wie wir geschwitzt haben – aber vor allem, was für eine psychische Belastung es für Mike bedeutete, einsam und abgeschlagen hintenan zu segeln. Er ging auf Platz sieben durchs Ziel…

Nicht alle haben es geschafft. Zuletzt musste Isabelle Joschke aus dem Rennen ausscheiden und nun nach einem sicheren Kurs in den nächsten Hafen suchen, nachdem der Kiel ihrer MASCF instabil geworden war. Der Hydraulikzylinder zur Justierung war ausgefallen und der Kiel ließ sich nicht mehr fixieren. Mit dem Ersatz-Zylinder konnte Isabelle den Kiel zumindest in der Mittelposition halten. Aber das erste Tief im Atlantik machte auch dieser Hilfskonstruktion den Garaus. Jetzt heißt es für sie, mit Blick auf die Wetterdaten nach dem direktesten Weg aus Wind und Welle und in einen Hafen zu suchen. Hoch-am-Wind-Kurse mit erhöhtem Druck auf den Kiel sind dabei tabu.
Alles noch offen, oder?
Der zweite Comeback-King dieser Vendée Globe ist Armel Tripon auf L’Occitane en Provence. Das Avantgarde-Design seines Bootes von Samuel Manuard unterscheidet sich stark vom Rest der Flotte. Den Plattbug kennt man eher aus den Klassen Mini 6.50 und Class 40, die Foils biegen sich stärker C-förmig und lassen sich weiter einziehen. Gleich nach dem Start krachte ihm das J3-Segel wegen einer defekten Aufhängung aufs Deck. Er suchte an der Nordküste Spaniens Schutz und reparierte den Schaden. Wieder auf Kurs, lag er auf Platz 31, 1.471 Meilen hinter dem führenden Boot.