Nach seinem Ausflug in die Philosophie greift Leo erneut zum Werkzeug. Seitdem alle neuen Spanten und der Vor- und Achtersteven wieder stehen, sieht sein Albert Strange Cutter „Tally Ho“ von 1910 wieder aus wie ein Schiff.
Nun muss das Holz in Form gebracht werden. Ohne seine Volunteers kann er zu seiner großen Freude auf die Unterstützung seiner Freundin Cecca rechnen, die lange auf Reisen war. Nicht zu vergessen die Hühnerschar, ein paar Hunde und Poncho the Parrot.
Um Steven und Kielbalken in die endgültige Form zu bringen, muss viel Holz abgearbeitet und die Sponung (Rabbet) eingekerbt werden. Dafür ist vorab viel Kopf-, Knie- und Ellenbogenarbeit auf dem Schnürboden zu leisten, um die richtigen Maße zu finden.
Bei Leo‘s akribischer Arbeitsweise wundert es nicht, dass er sich aus ein paar Brettern eine Holzlehre baut, mit der er die genauen Maße vom Kiel auf den Schnürboden überträgt und umgekehrt, auch auf der Unterseite des Kiels. Der Laser liefert die Bezugslinie und Pilotbohrungen legen die Tiefe des Holzabtrags fest. Und dann fliegen wieder die Späne und der Boden sieht aus, als ob rosa Schnee gefallen sei.
Neben seinen Lieblingstools Ketten- und Kreissäge spielt sein neuer Favorit, die kleine Makita-Flex mit der Turbo-Hobel-Scheibe eine Hauptrolle, wenn er an festgelegten Punkten die spätere Form ausarbeitet. Das stehengebliebene Holz wird später mit dem großen Beitel abgehauen.
Weil Leo auch ein klassischer Handwerker ist, probiert er ein Werkzeug aus, dass auch für ihn neu ist, aber seit Jahrhunderten von Schiffszimmerern eingesetzt wird, um viel Holz schnell weg zu arbeiten: den Dechsel (Breitbeil, englisch Adze).
Es erfordert viel Geschick und Übung, um mit diesem traditionellen Tool saubere glatte Flächen zu erzeugen. Nach zwei Tagen steht fest: Es geht nicht unbedingt schneller, aber es passt besser zum Projekt, auch wenn es anstrengender ist. Während Cecca am Laptop sitzt, hackt Leo im Hintergrund wie ein Specht mit dem Dechsel an Tally Ho‘s Kiel herum.
Nach soviel archaischer Grobarbeit ist präzises Tischlern angesagt: Für seine Vermieter baut Leo ein fein lackiertes hübsches, kleines Lese- und Schreibpult aus Holzresten und Bronzeschrauben. Das spart Miete ein und ist außerdem ein kleiner Vorgeschmack auf den Innenausbau. Bis dahin ist es noch ein Stück.
Vorerst rückt Leo dem Achtersteven mit der Kettensäge zu Holze. Den Kopf eingepackt wie ein Astronaut, aber in Jeans – wo ist die Schnittschutzhose geblieben? – trennt er sauber dünne Scheiben ab und verleiht dem Balken Form wie ein Bildhauer. Wo das Holz zu knapp ist, leimt er noch einen kleinen Keil an, und wieder ist ein Abschnitt fertig. Wenn Leo mit dem Elektro-Hobel über Kopf die Unterseite des Kiels in eine harmonische Kurve formt, erkennt man seine großen Fähigkeiten.
In Episode 60 kommt zum Glück wieder Unterstützung: Rowan, der studierte Holzbearbeiter und Möbeldesigner aus Brooklyn, braucht noch mehr Praxis. Eigentlich hat er nur eine kurze Pause gemacht, um sein kleines Wohnmobil auszubauen, er steht mehr auf „Landyachten“. Trotzdem hängt er sich voll rein und hat sichtlich Freude an der harten Arbeit. Gemeinsam schuften die beiden von morgens bis abends.
Trotz des nasskalten Wetters arbeiten die beiden auch im Dunkeln mit Stirnlampen. Das Dechseln heizt so auf, dass Leo immer wieder im T-Shirt hackt. Zusammen reißen sie mit der Straklatte die Sponung am Heck an und arbeiten sie mit Stechbeiteln aus. Auch Frohnatur Rowan findet schnell gefallen an Dechselarbeit.
Cecca findet‘s lustig und weist noch einmal darauf hin, dass die echten Follower, die nicht immer zwei Wochen auf das nächste Video warten wollen, täglich bei Instagram und Facebook die Baufortschritte verfolgen.
Auf den ersten Blick ist in den letzten sechs Wochen nicht viel passiert, aber Leo ist zufrieden. Stolz steht er vor seinem purpurrotem Kiel und Achtersteven und ist glücklich, dass seine Maße alle stimmten und die Bolzen und das Loch für die Schraubenwelle tatsächlich fast genau mittig aus dem behauenen Holzklotz herauskommen. Chapeau! Wieder mal alles richtig gemacht, Dreamteam Leo und Rowan.
Unterstützung für das Projekt ist immer willkommen.