In einer Zeit, als andere Fotografen Boote wie Pralinenschachteln fotografierten, war Eileen Ramsey die erste, die andere Perspektiven wagte: Sie fotografierte auf Wasserlinie und oft aus spitzen Winkeln, um Bewegung ins Bild zu bringen. Sie hatte einen Faible: Sie ließ das Meer, die Wolken und die Lichtreflexe miteinander verschmelzen, um ihre Sujets – Boote – stärker herauszuarbeiten. „Ich nehme keine Bilder auf“, sagte sie dazu, „ich schaffe welche.“

Während in den 1950er-Jahren Frauen vor allem vor der Kamera standen, hing sie mit ihrer Rollei über der Reling auf der Suche nach dem ultimativen Segel-Foto. Eileen Ramsay etablierte sich als eine der größten Yacht-Fotografinnen der Nachkriegsfotografie in Großbritannien.

Ihre Wasserlinien-Fotografie, die heute längst Standard ist, wurde zu ihrem Erkennungszeichen. Das war damals weder einfach noch billig. Während Eileen stets aufpassen musste, dass keine ihrer deutschen Rolleiflex-Kameras über Bord fiel, machte den Kameras selbst das Salzwasser schwer zu schaffen. „Ich habe die Kamera unter meinem zugeknöpften Anorak abgeschirmt“, erinnerte sich Ramsey, „und obwohl ich sie nach jeder Session gereinigt habe, litten sie sehr unter dem Salz.“

Sie begann ihre berufliche Karriere 1937, als 22-jährige Empfangsdame in einem Fotostudio außerhalb von London. Während des Zweiten Weltkriegs gab ihr Chef – der beschlossen hatte, das Kriegsgeschehen an der Front zu dokumentieren – jedem seiner Mitarbeiter (und jeder Mitarbeiterin) eine Kamera und beauftragte sie, interessante Fotos zu machen. Wer mit den besten Bildern zurückkäme, hieß es, dürfe das Studio in seiner Abwesenheit übernehmen.
„Ich wusste damals nichts über Kameras, aber meine Bilder wurden als die Besten beurteilt – und ich habe den Job bekommen“, sagte Ramsay, die während der Kriegsjahre lernte, wie man Porträts inszeniert, als sie Fotos von Soldaten und ihren Freundinnen machte.

Nach dem Krieg entschließt sie sich, ein eigenes Fotostudio in London zu gründen und für Zeitschriften und Zeitungen zu arbeiten. Im Jahr 1953 zieht sie mit ihrem damaligen Freund ans Meer. Sie kaufen ein altes Boot der Royal Air Force, das sie am Ende ihres Gartens am Ufer des Meeres festmachen. Von hier aus macht Eileen Ramsay sich auf, die nautische Welt mit ihrer Kamera zu entdecken.

Als sie in den 1950er und 1960er-Jahren als Profi-Fotografin beginnt, ist Segeln groß in Mode. Sie fotografiert vor allem kleine Segelboote und dokumentiert mit ihrer Kamera auch den Aufstieg der britischen Olympia- und sonstiger Segelweltmeister. Mit den Porträts berühmter Segel-Ikonen wie Sir Francis Chichester und Eric Tabarly, Rodney Pattisson und Keith Musto sowie Bildern des ersten Einhand-Transatlantik-Rennens OSTAR (Observer Single-Handed Transatlantic Race) macht sie sich einen Namen. Ramsay ist die einzige Fotografin ihrer Zeit, die von Sir Francis Chichester auf dessen Gipsy-Moth-Yachten geduldet wurde.

Ihre Bilder zeigen die ersten Enterprises, Fireballs, 505s, GP14s, Spiegel, Ospreys, Optimisten – und 1958 die ersten britischen America’s-Cup-Herausforderer, Sceptre und Evaine. Auch das Thema Motorboot gehört zu ihrem Ouevre, vor allem Boote, die auf dem Hamble gebaut wurden, sowie die Motorboot-Pioniere, die in den ersten Rennen wie Daily Express Cowes-Torquay und Round Britain gegeneinander antraten.

„Ihre frühen Bilder der Segelpioniere sind für die britische Segelgeschichte von großer Bedeutung“, erklärte Barry Pickthall, der heute das Archiv von Eileen Ramsay verwaltet, den Zauber ihrer Fotografie, und ergänzte, dass erwachsene Männer beim Anblick ihrer Originalfotos zu Tränen gerührt waren. Vor allem, als diese sich in einer als Retrospektive veranstalteten ausstellugn zu Ehren von Eileen Ramsay nach Jahrzehnten auf den Fotografien wiedererkannten.

Barry Pickthall, Bootsjournalist und Inhaber der Bildagentur PPL-media, brachte 2012 den Bildband “Eileen Ramsay: Queen of Yachting“ heraus. Seine Agentur vertritt seit einigen Jahren auch ihr Foto-Archiv, in dem mehr als 1.000 Bilder von Ramsay zur Verfügung stehen. www.pplmedia.com