Am Ende dieses Videos ist wieder ein großer Schritt beim Wiederaufbau der „Tally Ho“ getan: Alle Bronze-Gußteile, Bodenwrangen, Bugbänder und Knie sind fest mit der Holzstruktur verbolzt. Jetzt geht es ans Aufplanken. Es ist das dritte Jahr von Leos Mission, den 1910 gebauten klassischen Renn-Cutter zu restaurieren.

Neubau trifft es eher. Immerhin ist der Ballastkiel noch original, so wie bei der 12mR-Rennyacht Jenetta, die 2017 als Wrack aus einem kanadischen See geborgen und bei Robbe & Berking in Flensburg aufwändig aufgearbeitet wurde. So darf man von einer Restaurierung sprechen.
Leo ist das letztlich egal. Denn die Tally Ho war schon damals ein sehr gutes Schiff. Und nach 110 Jahren hatten die alten Teakholzplanken, die Wrangen und Knie aus Stahl ihr Soll erfüllt. Die noch brauchbaren alten Planken gehen jetzt in den Innenausbau der Tally Ho.
Magic Drilling Fluid und Pilzköpfe
Leo kommt mit seinem sechsköpfigen Team gut voran: Während Rosie, Pete, Rowan und Leo die Knie und Bugbänder anbringen, beschäftigen sich Clark, David und Matt mit dem Plankenholz.
Die Knie müssen gebohrt werden, das übernimmt Rosie. Sie hat dabei viel Spaß mit der magischen Bohrflüssigkeit. Alle Löcher müssen versenkt sein, damit sich die aufgehämmerten Nietköpfe kraftschlüssig einfügen, keinen hohen Buckel bilden und den größten Halt gewähren. Der Bronzebolzen, der eigentlich ein großer halbzölliger Niet ist, wird einseitig mit einem großen Kopf versehen. Der wird am Schraubstock mit Hilfe der Schweißflamme aufgetrieben.

Der Niet wird dann, mit einer großen Unterlegscheibe versehen, durch den Decksbalken geschlagen und auf dem Knie vernietet. Vorher wird das zu vernietende Ende mehrmals erhitzt und in Wasser gekühlt, damit es weich wird. Beim Vernieten erhält es seine ursprüngliche Härte zurück.

Den Vorschlaghammer dagegen halten
Rowan hat dabei die ehrenvolle Aufgabe, den großen Vorschlaghammer dagegen zu halten, während Pete auf der anderen Seite den Kopf aufdengelt. Das nennt man „Mushrooming“. Hämmern ist hier wieder schwer angesagt, Pete und Leo haben schon kräftige Unterarme entwickelt. Zum Glück werden nur die später sichtbaren Bolzen vernietet. Alle, die später hinter Balkweger und der Unterseite der Decksplanken verschwinden, bekommen ein Gewinde. Sie werden einseitig mit Unterlegscheibe und Mutter festgezogen.

Die Spanten werden an den Auflageflächen der Knie mit leuchtend orangefarbener Bleimennige und Teerfilzstreifen versehen, um das Holz zu schützen. Die Decksbalken werden noch mit einer Fase versehen. Der Oberfräser schmeißt dabei die Späne überall hin, auch in den Mund.
Bugbänder verbinden über einen Dreiviertelzoll-Bolzen die Balkweger und Bilgestringer mit dem Vorsteven. Letzterer, so erklärt es Pete in seiner Gravitätslehre, ist hoch und schwer – und er unterliegt auch auf dem Wasser dem Gesetz der Schwerkraft. Recht hat er.
Der Meister macht’s
Nicht alle Knie kommen aus einem Guss. Einige haben dreidimensionale Formen. Sie wurden in zwei Teilen gegossen und dann von Gussmeister Pete Langley zusammengeschweißt.
Später nehmen sie den Zug der Rüsteisen (der „chain plates“) auf, an denen später die Wanten hängen und damit das ganze Rigg.
Durch ein knietiefes Spänemeer
Das zweite Tally-Team, bestehend aus Clark, David und Matt, bearbeitet derweil das Plankenholz. Leo hat ausreichend starkes Holz eingekauft, damit es nach dem Glatthobeln noch 1 3/8 Zoll (etwa 35 mm) Dicke hat. Das ist genug, um die Schwächung zu kompensieren, die durch das Rundputzen der Außenhaut an den Kanten entsteht.

Das Holz, hartes Angélique für den Schergang (die oberste Planke) und die Kielplanken (die „garboard planks“) und etwas leichteres Walaba für die Planken dazwischen, hat Leo im Herbst 2019 aus nachhaltigem Anbau aus Surinam kommen lassen. Es wurde in einem Spezial-Container getrocknet. Jetzt schieben David und Matt die bis zu 40 Fuß (das sind immerhin zwölf Meter) langen Planken durch den Dickenhobel. Auch das eine Kunst für sich.

Dabei entsteht tonnenweise Hobelspäne. Clark kommt mit dem Leeren des Absaugers und dem Abfüllen der Späne in Säcke gar nicht hinterher. Sie liegen zu lassen würde dazu führen, dass die Jungs in Kürze durch ein knietiefes Spänemeer waten würden.