Unaufdringlich und effizient, wie es ihre Art ist, überquerte die britische Skipperin Miranda Merron am Mittwochabend die Ziellinie um 22:16:51 Uhr nach 101 Tagen. Sie belegte damit den 22. Platz bei der Vendée Globe auf ihrer IMOCA „Campagne de France“. Erst neun Frauen kamen seit dem Start der Vendée Globe im Jahr 1989 ins Ziel, fünf von ihnen sind Britinnen: Ellen MacArthur, Sam Davies, Pip Hare, die am 12. Februar bei diesem Rennen den 19. Platz machte und ich. Mit 101 Tagen ist Miranda Merron die sechstschnellste, zwei Tage hinter den 99 Tagen, die ich 2008 brauchte.
Ihr Minimalziel bei ihrer ersten Vendée Globe, sich und ihr Boot heile zurück nach Les Sables d’Olonne zurückzubringen, hat sie erreicht. Mit 51 Jahren „genau zum richtigen Zeitpunkt“ wie sie selbst sagt. Tracy Edwards, die mit ihrer Frauencrew beim Whitbread Race von 1989 als erste überhaupt um die Welt segelte, fasste gestern Abend die Gefühle so vieler von Merrons-Fans in Worte: „Du bist meine absolute Heldin!“

Miranda Merron kennt den Weg über die Weltmeere. Bei der Vendée Globe war die Britin mit ihrer Imoca „Campagne de France“ zwar zum ersten Mal dabei. Aber bereits als Neunjährige überquerte sie mit ihren Eltern auf einem Segelboot den Atlantik. 1998 gehörte sie zum Frauen-Team des Trimarans „Royal Sun Alliance“ unter Tracy Edwards bei der Jules Verne Trophy, einer Weltumseglung als Regatta ohne Zwischenstopp.
Damals musste die Crew nach 43 Tagen mit Mastbruch vor Neuseeland aufgeben. Für Miranda Merron war es aber der Start in ein neues Leben. Die Absolventin der Cambridge University in Orientalistik und japanischer Sprache kündigte ihren Job in der Werbeindustrie und nahm die Kimm in den Blick. Die letzten 22 Jahre ist sie als professionelle Seglerin einhand und in Zweierteams bei Regatten angetreten.

Klare Ziele
Miranda will die Vendée-Globe-Zeiten von Dominique und Rich unterbieten, 90 und 104 Tage. An die Vendée Globe hat sie sich über die Jahre schrittweise herangearbeitet. Sie ist mit Mannschaft, zu zweit und solo bei Regatten bis in die hohen Breiten gesegelt. Bei The Ocean Race, Global Ocean Race, Class-40-Regatten und IMOCA-Regatten war sie dabei. Jetzt bündelt sie ihre Erfahrungen für ihre erste Vendée Globe.
Nirgends fühlt sie sich so wohl wie draußen auf dem Meer – auch weil sie weiß, dass ihr Partner Halvard Mabire immer per Telefon für sie da ist.

In direkter Konkurrenz zu ihr stehen die älteren Boote wie die Medallia von Pip Hare, die 4MyPlanet von Alexia Barrier und die Stark von Ari Huusela. Mirandas Minimalanspruch lautet, über die Ziellinie zu kommen. Wie sehr selbst das bei der Vendée Globe keine Selbstverständlichkeit ist, sieht man mit jedem Tag der Regatta deutlicher.

Segeln für die Landwirtschaft
Nach dem Kauf hat Miranda die Campagne de France in der Werft von Halvard Mabire restauriert und modifiziert. Den Großteil der Arbeit haben die beiden mit Freiwilligen gestemmt. All der Aufwand hat sich gelohnt – Miranda kennt jeden Zentimeter des Bootes.
Ihre Sponsoren Campagne de France und Region de Normandie sind seit langer Zeit an Bord, seit Mirandas Class-40-Regatten. Ihre Weltumseglung soll Werbung für die französische Landwirtschaft machen, für die beiden Marken, die Produzenten und Konsumenten zusammenbringen unter ihrem Motto „Von der Heugabel zur Gabel“.

Miranda und ich
Ich hatte mehrmals das Glück, mit Miranda zu segeln. 2007 kaufte ich meine erste IMOCA 60, die ehemalige „Group 4“ von Mike Golding. Miranda zeigte mir, wie man solch eine Yacht handhabt. Wie umrundeten diverse Male die Isle of Wight, weil sie Segler den unterschiedlichsten Bedingungen ausliefert – perfekt zum Üben. Miranda führte mir unter anderem vor, wie man solo am besten die Segel wechselt.

Alles ist offen
Bei der Vendée Globe lief es es iinsgesamt ganz glimpflich für Miranda. Erst streikte die Elektronik des Autopiloten. Dann machte die Hydraulik ihres Kiels Ärger. Aber in Rücksprache mit Halvard konnte sie alle Probleme beheben.

Ein Hochdruckgebiet mit Flautezonen hat sie gegenüber der führenden Gruppe zurückgeworfen. Aber sie bleibt Alexia Barrier mit 4MyPlanet auf den Fersen. Und die nächsten Tage werden einen Umschwung bringen. Im Südatlantik wird sie im Sog eines Tiefdruckgebietes Richtung Kap der Guten Hoffnung wieder ans Feld aufschließen, das mit Schwachwinden kämpft.
Die südlichen Breiten grüßen schon: mit fallenden Temperaturen und den ersten Albatrossen. Nach ihrer ersten Erfahrung mit diesen Breiten urteilte Miranda: „Das ist keine Gegend für einen Menschen!“
Jeden Tag postete sie von Bord, oft schöne sparsame Kommentare. Und obwohl sie eindeutig die ruhige Einsamkeit genoss – die harmonische Beziehung zwischen sich und ihrem Boot – profitierte auch vom Austausch mit all ihren vielen Freunden und Unterstützern aus allen Ecken der Segelwelt. Und jeden Freitag um „beer o’clock“ nahm sie einen virtuellen Drink mit ihrer Freundin Sam Davies.
Über 101 Tage hinweg sagt sie, habe sie lieber auf ihr Boot gehört als auf irgendwelche Musik. Und obwohl sie behauptet, der Southern Ocean sei kein Ort, an dem sich Menschen aufhalten sollten, bewunderte sie das Südmeer und schrieb von den herrlichen Seevögeln, den Sonnenauf- und -untergängen, den verschiedenen Grautönen und der klammen Kälte.
Dieses Video über das Leben an Bord gewann Platz 2 beim „Mirabaud Sailing Video Award“.