Die Ankerkette sollte jedenfalls straff gespannt sein, das Boot ruckartig zum Stillstand kommen – und nicht mehr nachgeben. Um festzustellen, ob der Anker sich noch bewegt, empfiehlt es sich, einen Finger auf die Kette zu legen. Ruckt und zuckt die, sitzt der Anker noch nicht richtig. Als erster Schritt empfiehlt es sich, noch einmal ein paar Meter Kette zu geben. Hilft auch das nicht, muss das Manöver wiederholt werden. Ein guter Skipper zeichnet sich dadurch aus, dass er das Manöver so oft wiederholt, bis der Anker wirklich sitzt. Egal, wie lange es dauert.
Ein Tipp für Segler in Kroatien: In vielen Buchten gibt es kostenpflichtige Bojenfelder. Innerhalb dieser Bojenfelder ist es verboten zu ankern. Das Gesetz schreibt einen Mindestabstand von 150 Metern zu den Feldern vor. Wer dagegen verstößt, muss mit hohen Strafen rechnen.
Ankern mit Landleine
In Deutschland und Nordeuropa eher unüblich, sieht man an den Küsten im Mittelmeer oft Ankerlieger, die Landleinen zum Ufer ausgebracht haben. Das hat, wie bereits erwähnt, verschiedene Gründe. Besonders in der Türkei fällt das Ufer oft sehr stark und sehr schnell auf Tiefen ab, in denen kein Anker mehr fällt. Schon 30 Meter vor dem Land kann die Wassertiefe bereits schnell auf 100 Meter abfallen. So ist es keine Seltenheit, dass Yachten ihre Anker auch auf 30 oder 35 Meter Wassertiefe werfen und mit dem Heck zum Ufer steuern. Der Anker wird somit „bergauf“ gezogen und findet guten Halt. Natürlich darf das Boot dann nicht schwoien. Der Anker würde dann „bergab“ fallen. Auch bei diesem Manöver gilt das Gleiche wie oben beschrieben. Ist der Anker einmal fest eingefahren, muss nun ein Crewmitglied an Land schwimmen oder paddeln und die Leine(n) ausbringen.
Die Lehrmeinung ist, dass zunächst eine Leine an Land gebracht und dort fixiert wird, zum Beispiel an einem Stein. Der Stein sollte weder rutschig noch scharfkantig sein. Es ist erstaunlich, wie schnell selbst kräftige Leinen von einem Stein zerschnitten werden können. Und bitte nicht die Leinen um Bäume legen, denn die Seile nagen wie Bieber an der Borke und schaden dem Baum.
Auch ist es in einigen Regionen bei heftigen Strafen untersagt, Bäume als Festmacher zu missbrauchen, weshalb, wie beispielsweise im Golf von Fethiye, in regelmäßigen Abständen kleine Pfähle in das Gestein zementiert wurden. Ist die Leine an Land befestigt, wird das andere Ende zurück zum Boot gerudert, das der Skipper möglichst dicht an Land zirkelt, um dem Landgänger entgegenzukommen.
Jedem Skipper sei einmal empfohlen, selbst die Leine auszubringen, um zu sehen, wie schwierig es bisweilen sein kann, Dutzende Meter Tauwerk mit dem Dinghy ans Ufer zu bringen, oft über glitschige oder messerscharfe Felsen hinweg, das Ganze bei Brandung. Auch bedarf es einiger Übung einen passenden Stein zu finden, das Seil zu vertäuen, zurück ins Dinghy und bisweilen gegen Strömung und Wellen anzupaddeln, wobei das Seil im Wasser wie ein Treibanker wirkt.
Zur Vorbereitung der Landleine empfehle ich, bereits auf dem Boot einen kleinen Palsteak ans Ende zu knoten, durch den das Seil wie zu einem Lasso gezogen werden kann. Der Vorteil ist, dass so die Schlinge beliebig groß gezogen werden kann und sich um den Stein festzieht.
Bei wenig Wind favorisiere ich allerdings eine etwas andere Strategie. Die Dilly-Dally hat, wie die meisten Boote im Mittelmeer, ein aufgerolltes Gurtband am Heck, dessen Ende an der Rolle fixiert ist. Man kann es also nicht einfach abmachen und an Land bringen.
Der Vorteil des Gurtbands: Es ist relativ leicht und daher einfach, das Ende an Land zu bringen. Schwimmend wie auf dem SUP oder im Dinghy. Auch rollt es sich bei wenig Druck selbständig ab, fällt nicht in einem großen Tohuwabohu ins Wasser oder verknotet sich plötzlich. Der Nachteil: Bei Wind flattert es wie wild und sorgt für schlaflose Nächte.
Nachdem der Anker eingeruckt ist, bleibe ich bei wenig Umdrehungen im Rückwärtsgang, um die Dilly-Dally möglichst auf Position zu halten, bringe dann das SUP zu Wasser oder schubse ein Crewmitglied ins Wasser. Da der Radeffekt langsam aber sicher das Heck der Moody dreht, kalkuliere ich vorher die Drehung so gut es geht beim Anfahren ein. Im Idealfall weht ein leichter Wind, der dem Radeffekt entgegenwirkt.
Sobald das Gurtband an Land befestigt ist, vor dem Manöver wird bereits ein möglicher Stein per Fernglas ausgemacht (vor Ort sieht es dann aber oft ganz anders aus), belege ich den Gurt zunächst auf der Klampe, bis der Landgänger zurück an Bord ist. Dann gebe ich mehrmals kräftig rückwärts Gas, ziehe dabei die Landleine ständig nach, bis Druck auf dem Anker als auch auf der Landleine ist. Sie muss so straff gespannt sein, dass sie nicht mehr im Wasser hängt. Bei viel zu erwartendem Wind bringen wir eine zweite Landleine aus.
Die Methode, eine an Bord befestigte Leine an Land zu bringen, birgt allerdings Risiken. Sobald die Leine – unweigerlich – ins Wasser kommt, baut sich ein gewaltiger Druck auf. Oft sieht man Schwimmer, die die Leine lässig um den Körper gebunden haben, elegant mit Kopfsprung ins Wasser gleiten und dann nach ein paar Kraulzügen keinen Meter mehr vorankommen. Ähnliches gilt für das Dinghy oder SUP. Gerne gesehen im Vorabendprogramm ist, wie Crewmitglieder von der Leine vom SUP gerissen oder aus dem Dinghy gehebelt werden. Da bei Seitenwind die Yacht nur schwer auf Position zu halten ist, muss das Manöver reibungslos klappen, ansonsten treibt das Boot ab, was zur Folge hat, dass die Leine schlicht zu kurz ist.
Verheerend kann es werden, wenn der Skipper dann versucht, durch kräftiges Rückwärtsgehen das Heck wieder gen Ufer zu bewegen. Nicht selten endet das Manöver im kompletten Chaos, wenn die Landleine sich mit der Schiffsschraube vereint. Schwimmleinen, auch wenn die teurer sind, geben da etwas Sicherheit. Besonders beim Auslegen der Landleinen gilt also große Vorsicht und Besonnenheit. Hektik ist der Feind eines gelungenen Manövers.
Wer zum ersten Mal eine Landleine ausbringt, sollte sich unbedingt für die sicherere, erste Variante entscheiden. Erst Land, dann Boot. So hat der Landgänger genügend Zeit, sich zu organisieren, während der Skipper das Boot über dem geworfenen Anker hält und erst wieder anfährt, wenn das Crewmitglied ihm die befestigte Leine entgegenbringt.
Im zweiten Teil schreiben wir darüber, was man tut, wenn der Anker festsitzt.
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