Der Herbst macht auch vor dem Nordwesten der USA nicht halt. Während sich die Blätter bunt färben, gehen die Arbeiten an der Tally Ho in die sechste Saison. Leo stellt in seiner neuen Video-Einführung das Tally-Ho-Projekt kurz vor und präsentiert einige Szenen aus der Zeit von der Übernahme des „Wracks“ bis zu dem stolzen Zustand heute. Er hat den maroden Rumpf der 1909 von Albert Strange entworfenen und bei Stow & Son im südenglischen Shoreham gebauten Kutteryacht 2017 für einen Dollar erworben und mit „einem Haufen wunderbarer Menschen“ wieder aufgebaut.
Während seine Crew Richard, George, Patty und Clifton im Hintergrund weiter arbeitet, präsentiert uns Leo den Plan für ein Beiboot, den Albert Strange seinerzeit gezeichnet hat. Er zeigt ein 14 Fuß (4,30 m) langes Dinghy mit Einbaumaschine, Wellenbrecher auf dem Vordeck und schönen Linien. Es sollte aus Mahagoni- bzw. Teakplanken auf Ulmenspanten und -kiel gebaut werden. Ob es allerdings jemals realisiert wurde, ist nicht klar.

Für Leo ist es nicht das ideale Beiboot (Tender) für die Tally Ho. Zu schwer und zu groß, um es an Deck zu fahren, wohl eher geeignet, um zum Liegeplatz vor dem Hafen zu fahren und es dort vertäut zu lassen, um auf eine Tagestour mit der Yacht zu gehen. Gerne möchte er es dennoch eines Tages für sich bauen.
Was zeichnet ein gutes Dinghy aus?
Für Leo sollte es gut zu rudern und zu segeln sein und zu der klassischen Form seiner Tally Ho passen. Es gibt nichts Schlimmeres, als gemütlich am Ankerplatz zu liegen und von Schlauchbooten mit Verbrennungsmotor umschwirrt zu werden, wie es heute an fast allen Mooring-Plätzen (Anker- und Bojenplätzen) rund um die Welt üblich ist. Ein gutes Dinghy sollte zudem stabil genug sein, um auch bei rauer See mit bis zu fünf Personen und Gepäck bzw. Einkäufen sicher vom Land zum Liegeplatz zu gelangen. Ein weiterer Faktor ist die Robustheit gegenüber steinigen Stränden und eventuellen Einquetschungen am unbeachteten Liegeplatz zwischen den anderen Yachten in der Marina.
Außerdem soll es leicht genug sein, um notfalls alleine an Deck gezogen zu werden und wenig Platz während der Passagen wegnehmen. Wesentlich für Leo ist vor allem entspanntes Jollen-Segeln (Jolle, also Schwertboot, heißt im Englischen auch Dinghy) alleine oder zu zweit, wenn das „Mutterschiff“ in einer ruhigen Bucht vor Anker liegt. In einem ehemaligen Hühnerstall auf einer Farm ganz in der Nähe von Port Townsend hat er sein ideales Dinghy gefunden. Hier konstruiert und baut Russell Brown seit vielen Jahren das ideale Nesting-Dinghy (Schachtel-Beiboot), das PT 11 (Port Townsend 11 Fuß/3,35 m).
Robust, einfach und praktisch
Russell ist moderner Komposit-Bootsbauer und war schon an verschiedenen America’s-Cup-Kampagnen beteiligt. Diese High-Tech-Rennmaschinen werden nur für den einmaligen Einsatz gebaut und danach verschrottet. Das erzeugt einen Riesenhaufen Plastikmüll. Deshalb hat Russell darüber nachgedacht, wie man aus Sperrholz und Epoxid-Harz langlebige Boote bauen könnte. Er selbst hat mehrere außergewöhnliche Katamarane und Trimarane entworfen, gebaut und auf dem Pazifik gesegelt.
Irgendwann ist er auf ein „Nesting-Dinghy“ aufmerksam geworden und hat seitdem getüftelt und gebaut, bis er das optimale Dinghy gefunden hatte. Es ist leicht (90 Pfund/40 kg) und besteht aus zwei Teilen, die innerhalb von kürzester Zeit mit vier Schrauben ohne Werkzeug fest zusammengefügt werden können. Durch die Epoxy-Beschichtung und Verstärkungen ist es robust gegen harten Umgang. Das PT 11 lässt sich sehr gut rudern und segeln, wie Leo ausgiebig unter Beweis stellt.
Die Bausätze kann man bei PT Watercraft erwerben, Russell selbst verkauft die Boote nicht komplett. Bei Leo macht er eine Ausnahme und der ist mit dem Dinghy hoch zufrieden, auseinandergebaut und ineinandergeschachtelt passt es genau zwischen Mast und Kajüte.


Auch wenn Leo Schlauchboote nicht gern mag, haben sie doch ihre Vorteile. So wird er wohl doch noch eines mit an Bord nehmen für die Crew und Transporte – mit Elektromotor, versteht sich. In das PT 11 ist er regelrecht verliebt und möchte es sich gerne als Captain’s Dinghy vorbehalten.
Die lieben Nachbarn
Kein Video, ohne außergewöhnliche Menschen vorzustellen: Auf seinem Hafen-Rundgang auf der Suche nach Dinghy-Beispielen ist ihm der Fisch-Schoner „Cape Cleare“ ins Auge gestochen. Kaila, die Tochter des Eigner-Paares, erklärt ihr Geschäfts-Modell.

Nach dem Fangen auf See wird der Lachs direkt auf Eis gelegt und dann mit dem Fahrrad im Kühl-Anhänger an die Kunden in Port Townsend ausgeliefert. Frischer und nachhaltiger geht es kaum – das wird von den Händlern und Restaurants geschätzt.