Endlich einmal Winterbilder aus der beinahe nordwestlichsten Stadt der USA (mal abgesehen von Alaska). Mit 48 Grad Nord liegt P.T. aber immer noch 5 Grad südlicher als Hamburg. Das Klima ist dementsprechend ähnlich wie bei uns, die Winter milde und nass und Schnee eher selten.

Umso schöner ist es, einmal ein paar Bilder von dem Fischerhafen im Schnee zu sehen. Allzu geschäftig ist es nicht im Winter.
Die Schanz entsteht
Bulwark ist die englische Bezeichnung für den festen Plankenzaun rund um das Deck. Deutsche Bootsbauer sagen: die Schanz. Bollwerk ist vielleicht auch eine gute Bezeichnung, denn sie schützt das Deck und die Besatzung vor überkommenden Brechern und vor allem davor, von Bord gespült zu werden.
Leo baut sie aus den Resten Wana-Holz (oder Red Louro), das er vor drei Jahren in Surinam für die Rumpfbeplankung eingekauft hat. Er baut die langen Modelle und Planken weitestgehend alleine und behilft sich trickreich mit dem Gabelstapler, um die Teile an und von Deck zu hieven.

Die hinteren Planken bekommen unten eine Aussparung, die Speigatten, damit das übergekommene Seewasser und vor allem das Regenwasser ablaufen kann. Denn Süßwasser möchte Leo nur in den Tanks haben und nicht in irgendwelchen unzugänglichen Ecken, dort würde es den Rott begünstigen. An Steuerbord muss am Bug noch ein Klotz für die Aufnahme montiert werden. Das Stück Eiche, das Leo sich ausgeguckt hat, hat eine zu große innere Faulstelle, so muss er wohl oder übel einen Klotz von dem wertvollen Purple Heart einsägen.
Bolzen im Abendlicht
Abenteuerlich, wie er mit der riesigen Kreissäge hantiert, die sich auch noch im Holz einklemmt. Kein ungefährlicher Job, aber Leo hat keine Angst, Profi eben. Schöne Bilder entstehen, als Leo in der Abendsonne den fertigen Klotz durch Leibholz und Balkweger verbolzt. Vor dem Anschrauben der Planken an den Eichenstützen (natürlich mit besten Silicon-Bronze-Schrauben) werden die Schanzplanken mit einer Schicht Tonkinois überzogen.

Danach werden sie mit TDS-Dichtungsmasse zusammengesetzt. Leo schwört auf dieses Leinöl-basierte Lacköl und setzt es überall ein, wo das Holz „natur“ lackiert werden soll. Beim Anbringen der Planken hilft ihm George der Youngster und Patty filmt. „Einer der wenigen Tage, wo der Meister mal richtig in Holz arbeitet!“ „Das sind die besten!“, freut sich Leo. Die Crew lacht und Leo genießt es.
Bob der Rigger und die Rüsten
Wieder mal ein Neuzugang: Mit seinen auftoupierten Haaren und dem Rauschebart hat Bob Downs den Look eines Trappers aus Kanadas Wäldern. Er arbeitet schon seit zehn Jahren in und um Port Townsend an Booten. Am liebsten in Holz und gerne an allem, was mit dem Rigg zu tun hat. Sein erster Job ist der Bau der Channels.
Der Autor hat lange nach der Übersetzung gesucht: Es sind Rüsthölzer. Der Begriff Channels hat seinen Ursprung nicht etwa in Kanälen, sondern in Chain Wales. Verbreitete Hölzer, wie eine Art Scheuerleiste, über die die Rüsteisen laufen (Chainplates), um die Wanten nach außen zu spreizen und sie von der Schanz frei zu halten.
Die eigentlichen Rüsteisen, die die Kraft der Wanten in den Rumpf leiten, werden darunter befestigt. Die Rüsthölzer werden aus einem dicken Klotz Purple Heart geschnitten und sind nach allen Seiten abgeschrägt und verjüngt – individuelle Bootsbauer-Kunststücke eben, wie jedes Stück Holz an diesem Boot.
Für eine innigere Verbindung zum Rumpf werden sie mit „Cokes“ versehen, einer Art Holzdübel oder Keilschloss aus etwa 1 1/2-zölliger (38 mm) Eiche, die das Verrutschen unter Last nach oben oder unten verhindert. Zunächst werden die Channels trocken montiert, bevor sie später mit Dichtmasse und Bronzeschrauben für die nächsten 100 Jahre festgesetzt werden.
Es ist schon erstaunlich, wie der Maschinenpark von Leos Tally-Ho-Baustelle angewachsen ist, verglichen mit den Videos aus der Anfangszeit, wo noch viele Werkzeuge selbst angefertigt wurden. Damals konnte Leo sich über die Schiffssäge freuen, die mindestens so alt wie die Tally Ho ist.
Nun steht er im Schnee und verabschiedet sich mal wieder. Er muss zurück nach England, Familie besuchen und Visa-Formalitäten klären. Aber mit den Videos geht es weiter.