Das Golden Globe Race bringt schillernde Skipper mit flotten Sprüchen zutage. Wer über ein halbes Jahr einhand ohne Zwischenstop die Meere befährt, muss ein Charakter sein. Bei der Ursprungsveranstaltung 1968 bog der siegesgewisse Bernard Moitessier vor den Zumutungen der kapitalistischen Zivilisation ab und ließ sich in der Südsee nieder: „Es ist wegen der modernen Welt, wegen ihrer angeblichen ‚Zivilisation‘, wegen ihrer sogenannten ‚Fortschritte‘, dass ich mich ihr in meinem schönen Boot entziehe“, heißt es dort auf Seite 191.

Bei der Wiederauflage des Golden Globe Race 2018, zum 50-jährigen Jubiläum des Wahnsinns-Trips, taufte Sieger Jean-Luc van den Heede die „schönen Boote“, die alten Langkieler der Regatta, auf „petit Escargot“, kleine Schnecke – eine zärtliche Herabsetzung, die angesichts moderner Rennyachten mehr als gerechtfertigt ist.
Petit Escargot
Sich mit kleinen Schnecken der Zivilisation zu entziehen, weckt eine ungebrochene Faszination, für die Skipper wie für das Publikum zu Lande. Das hatten 1968 die Ausrichter der britischen Sunday Times erkannt und 50 Jahre später Don McIntyre. Sein Golden Globe Race von 2018 brachte die Seglerwelt weniger zum Mitfiebern als zum Mitträumen. Dabei wurde mancher Segler von Haien und Seepocken verfolgt.
Die Regatta war so erfolgreich, dass er sie 2022 wiederholt (ohne ein Jubiläum vorschieben zu können). 25 Segler haben sich für 2022 vormerken lassen –den Start Anfang September im Blick. 2018 waren 18 Segler angetreten, von denen fünf ins Ziel liefen, nachdem sie sechs bis zehn Monate alleine auf See verbracht hatten.
Don McIntyre organisiert die Regatta als jemand, der sie am liebsten selbst mitsegeln würde. Der Abenteurer und Entrepreneur, der 3 1/2 Jahre seines Lebens im südlichen Ozean zugebracht hat, sagt von sich: „Gib mir einen Kompass und ein Messer und ich finde jederzeit nach Hause!“ Er weiß, wie wichtig es für solch eine Großveranstaltung ist, ein Publikum zu bedienen. Aber genauso fühlt er sich dem Geiste der Segler verpflichtet, die nichts mehr lieben als die waghalsige Existenz in isolierter Grenzenlosigkeit.

Ein Profi-Segler bei der Vendée Globe mag für das „Spiele“ in „Brot und Spiele“ so verantwortlich sein wie ein Gladiator im alten Rom. Aber einen Amateur beim Golden Globe Race sollte man nicht zu mehr als einem Tweet pro Tag verdonnern, weiß Don McIntyre.
Die richtige Kommunikations-Balance ist ein heikles Thema. Don McIntyre hat sich sehr über den verschmitzten Kommentar zum Kommunikationszwang bei der Vendée Globe vom japanischen Teilnehmer Kojiro amüsiert: Der aß drei Minuten lang vor laufender Kamera eine Portion Reis.
Weniger ist mehr
Bloßer Text ist Bildern gegenüber im Vorteil, ist sich Don McIntyre sicher. Bilder gehen direkt vom Auge ins Hirn. Ein Kurzschluss, schnell rein, schnell raus. Einen Text muss man sich erarbeiten, die eigene Phantasie muss ihn beleben, er durchwandert den ganzen Körper, bevor er ins Hirn gelangt. Das packt viel intensiver. Weniger Information verschafft dem Publikum mehr Erlebnis.