Wenn du um die Welt segeln willst, nimm kein Boot unter 36 Fuß. Beim Golden Globe Race 2022 dominieren die Yachten mit dieser Länge: Rustler, Swan/Gaia, Cape George. Kirsten Neuschäfer auf einer Cape George, Tapio Lehtinen auf einer Gaia und Abhilash Tomy auf einer Rustler führen die Etmal-Rekorde an. Alle drei haben über 170 Seemeilen in 24 Stunden hinter sich gebracht. Auf die Spitzenposition beim Golden Globe Race 2022 hat das allerdings auch Mitte Oktober keinen Einfluss.
Simon Curwen hat keine Geschwindigkeitsrekorde aufgestellt, er hält mit seiner Biscay aber unangefochten Platz 1. Allerdings muss er einen Zwischenstopp bei der brasilianischen Insel Trindade einlegen, um sein gebrochenes Genua-Fall zu reparieren. Ob er dann von der eigenen Mastspitze aus die Verfolger nahen sehen wird?
Auch Michael Guggenberger hat sich für eine Biscay entschieden – und ist damit bis jetzt gut gefahren. Wie kommod er sich in seiner schwimmenden Einsiedelei nach acht Wochen auf See eingerichtet hat, erzählt er float im Interview. Michael hatte gerade den Äquator passiert, als wir am Dienstag dieser Woche mit ihm telefonieren.
Cäptn Gugg im float-Gespräch per Satellit

Michael, wie geht’s dir?
Michael Guggenberger: Gut, sehr gut. Seit drei Tagen auf Amwindkurs – anstrengend, aber so ist das Segeln.
Wie ist der Wind?
20 plus auf die Nase. Amwindkurs, halbe Genua, 22 Knoten. Die alten Boote musst du einerseits gescheit antreiben, damit sie fahren. Auf der anderen Seite haben sie keinen sehr tiefliegenden Kiel. Deshalb hat man immer viel Lage bei Amwindkurs. Ich habe im Moment wahrscheinlich 15 Grad Krängung.
Hattest du schwierige Situationen?
Die erste Woche nach dem Start war recht anstrengend, weil wir wildes Wetter hatten und acht Tage bis Cap Finisterre brauchten. Die gleiche Strecke bin ich schon unter drei Tagen gesegelt. Es waren anstrengende Tage. Seitdem geht es im meditativen Trott dahin. Das lange Strecke Lage segeln ist halt so: Da mache ich es mir gemütlich, irgendwo in eine Ecke gedrückt.
Wie geht es dir körperlich?
Sehr gut. Ich habe vor einer Woche wieder mit meinen Turnübungen angefangen, nachdem ich in den Doldrums ein bisschen Wasser in den Beinen hatte. Ich hatte geschwollene Füße. Aber das war auch kein Wunder! Ich habe so viel gegessen in den ersten drei, vier Wochen.
Ich hatte so viel Gewicht verloren vor dem Start und das habe ich mir in den letzten Wochen wieder draufgefuttert. Und ich hatte auch keine Übungen gemacht, ich war ein bisschen faul geworden. Jetzt geht es mir sehr gut körperlich.
Was macht die Psyche?
Die frohlockt, sage ich dir! Auf der einen Seite ist es so schön, das zu machen, wovon ich so lange geträumt habe. Auf der anderen Seite hat es auch diesen Monat gebraucht, um hier wirklich anzukommen. Die ganzen Verknüpfungen, die ich mit dem Projekt hatte, mental zu lösen. Es ist total schön! Ich habe zu Hause alles gut hinterlassen und ich bin sehr gespannt, was jetzt noch kommt.
Immer mittags Kontakt mit den anderen
Was ist besonders schön?
Ich genieße diese meditative Trance. Es gibt Dinge, die müssen gemacht werden, so wie die Navigation. Und das Segeln selber in eine Reihenfolge zu bekommen, dass es angenehm ist. Fünfmal aufstehen in der Nacht und schauen, was los ist. Dann frühstücken in der Frühe, dann sitze ich drei Stunden im Cockpit und schaue auf den Horizont und lasse die Zeit vergehen.
Anschließend bereite ich mich auf mein Mittagessen vor. Mittags habe ich immer Kontakt zu den anderen über Funk. Wir sind da so zehn Leute, die immer mit dabei sind. Ich rede jeden Tag mit Abhilash, mit Ian, mit Elliot, es ist auch immer Damien dabei und Jeremy. Kirsten schaut ganz selten rein. Wir tauschen uns aus über unsere Positionen, sprechen über Segelstellungen und wie wir die Route fahren. Und es gibt auch private Gespräche.
Dann ist wieder Standortbestimmung, und ich sitze wieder zwei Stunden und schaue auf den Horizont. Dann kümmere ich mich ein bisschen ums Boot.