„Wir haben die Silbermedaille – und Dein erstes Kind wird Susann heißen!“ Es ist ein Jauchzen und Jubeln, schöner als auf dem Spielplatz: Als sie die Ziellinie passieren, fallen sich die Seglerinnen Susann Beucke und Tina Lutz auf ihrer schwankenden 49er FX-Jolle jubelnd um den Hals.
Ihre Prophezeiung geht übrigens auf eine zwölf Jahre alte Wette zurück: Damals haben die beiden einander geschworen, ihrer jeweils ersten Tochter den Vornamen der Teamkollegin zu geben, wenn sie dereinst eine Medaille gewinnen würden.
Nun ist es in Enoshima an der japanischen Küste endlich passiert. Auf diesen Triumph haben die beiden 14 Jahre geduldig hingearbeitet: Zweimal schon waren sie dem Ziel Olympische Spiele nah – 2012 im 470er und 2016 im 49er FX.
Aber beide Male mussten sie zurückstecken. Auch 2020, als die Spiele verschoben werden mussten, war vieles zunächst unklar. Doch die hohe Motivation konnten sie sich bewahren, und dieses Mal machten Lutz/Beucke bei der Kieler Woche ihre Nominierung schon am vorletzten Regatta-Tag perfekt.

Bronze für zwei weitere deutsche Crews
Zwei weitere deutsche Crews gewannen jeweils Bronze – das ist der bisher erfolgreichste Tag für die Deutschen bei der diesjährigen Segel-Olympiade. Mit Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer im Mixed der Katamaran-Klasse Nacra 17 holte sich die jüngste Crew im German Sailing Team mit Bronze die dritte Segel-Medaille für Team D.
Nach überragend bestrittener Serie konnte auch Rang acht im Medaillenfinale den Podiumsplatz der Crew vom Kieler Yacht-Club nicht mehr gefährden. Olympiasieger sind die Italiener Ruggero Tita/Caterina Banti. Silber ersegelten sich die Briten John Gimson/Anna Burnet (hier die weiteren Ergebnisse).
Und auch eine reine Männer-Crew erreichte einen dritten Platz: Erik Heil und Thomas Plößel haben im 49er zum zweiten Mal in ihrer Sportler-Karriere einen Medaillenrang erkämpft – nach Bronze bei den vorherigen Spielen in Rio de Janeiro 2016. Der 31-jährige Steuermann aus Kiel und sein 33-jähriger Vorschoter aus Hamburg erkämpften im Finale der Skiff-Besten mit Rang zwei nun ihre zweite Bronze-Medaille.
Gold ging an Dylan Fletcher/Stuart Bithell aus Großbritannien, Silber an Peter Burling/Blair Tuke aus Neuseeland. „Ich freu‘ mich zehnmal mehr als damals, weil es viel härter und knapper war“, sagte Vorschoter Thomas Plößel nach dem Finale und ergänzte: „So ein leichter Wind ist die wohl härteste Bedingung für ein Medal Race.“

Erste Frauen-Medaille seit 21 Jahren
Auch die beiden Frauen im 49er FX hatten mit dem geringen Vortrieb ihre Mühe, waren aber bestens vorbereitet: „Wir haben in letzter Zeit häufig bewiesen, dass wir in Drucksituationen unser Schema abspielen können und das zu einer guten Platzierung führt“, sagte Vorschoterin Susann Beucke vom Norddeutschen Regatta-Verein aus Hamburg kürzlich im Float-Podcast.
„Ich denke, dass wir unter den Top 5 mitmischen können und sehr gut in Form sind“, teilte die 30-jährige Seglerin da bereits mit. Und genau so sollte es sein: Im finalen Medal Race konnten sie Platz fünf belegen, das genügte für Platz drei in der Gesamtwertung.

Die Goldmedaille ging an die Favoriten, Martine Grael/Kahena Kunze aus Brasilien, die bereits 2016 bei der letzten Olympiade gesiegt hatten. Bronze ging an die Niederländerinnen Annemiek Brekkering/Annette Dütz. Für deutsche Seglerinnen ist die Silbermedaille die erste Edelmetall-Trophäe seit 21 Jahren.
Lutz nach der Siegerehrung: „Die Herausforderung war, vor dem Start nicht an die Medaillen zu denken. Denn sonst kann ich nicht mehr segeln, weil einfach der Druck zu groß ist“, sagte sie gegenüber der Presseagentur dpa. „Dann habe ich alles dafür getan, die Medaillen aus dem Kopf zu verbannen.“ Offensichtlich hat es geklappt.