Die Erkenntnis, dass zwischen dem Eichenholz, das Leo Sampson für die neue Deckbalkenstruktur des Albert-Strange-Kutters „Tally Ho“ von 1910 in Oregon gekauft hat, ein paar schlechte Stücke sind, lässt Leo keine Ruhe. Er untersucht die verbauten Balken in der Deckstruktur genau und muss feststellen, dass einige nicht gut aussehen. Was tun? Während er sich mit der Entscheidung schwertut, die halbe Deckkonstruktion wieder auseinander zu reißen, kommt bereits das Holz für die Planken.
Sie hatten das Angélique-Holz aus Surinam für die Planken im September in einem Trockencontainer nahe Port Townsend eingelagert. Nun wird es mit vereinten Kräften vom Truck abgeladen, aufgestapelt und unter Plane und Belüftung mit großen Ventilatoren nachgetrocknet. Vorher wird unter Anleitung der Ober-Gärtnerin Cecca der Bambus am Zaun nach Schiffbauer-Manier mit dem Gabelstapler versetzt, um Platz zu schaffen. Dann muss Cecca nach England reisen.
Holz wie ein Schwamm – 19 neue Balken
Pete und Pat bearbeiten derweil die Bilgenstringer aus Walaba-Holz, während Leo zahlreiche Tests mit dem Eichenholz durchführt und rumtelefoniert. Es gab einige Bohlen, in denen die saftführenden Kanäle nicht verschlossen waren. Sie wirken wie ein Strohhalm und würden Feuchtigkeit aufsaugen wie ein Schwamm und sp Fäulnis verursachen. Leo bringt Cecca zum Airport, und auf dem Rückweg ist es ihm klar: 18 halbe und ein ganzer Decksbalken werden ausgetauscht. Es findet sich noch genug gutes Eichenholz. „Duke von New England Timber“, wo Leo das Holz gekauft hat, zeigt sich kulant und verspricht Ersatz. Nur: Wer bringt es noch einmal von der Ostküste des Landes an die Westküste?
Pete ist nicht sehr glücklich, die ganze Arbeit noch einmal zu machen. Aber es schafft ein gutes Gefühl und dauert am Ende nicht so lange wie befürchtet. Ihm kann es egal sein, er kriegt seine Stunden bezahlt. Leo fällt ein Riesenstein vom Herzen. Er hat seine Lektion gelernt: „Guck dir jedes Stück Holz, das Du verbaust, vorher genau an!“
Mehr Festigkeit im Rumpf – die Bilgenstringer
Jetzt können sich Pat, Pete und Leo in Ruhe der Bilgestringer widmen. Sie werden wie die Balkweger aus zwei Stücken mit Hakenlaschen zusammengefügt. Die Stringer (oder Weger) sitzen etwa auf Höhe der Wasserlinie, wo der Rumpf die größte Ausdehnung hat – und verstärken ihn dort, zum Beispiel wenn der Kutter beim Trockenfallen auf der Seite liegt. Sie bilden eine weitere wichtige Komponente im Längsverband der gesamten Rumpfkonstruktion.
Bevor sie eingebaut werden, müssen die Spanten an der Innenseite fluchtend („strakend“) in einer harmonischen Kurve geglättet werden. Das ist ein Job für Pat, seine Flex und die Straklatte. Weil „Tally Ho“ inzwischen mit Spanten und Decksbalken eng zugebaut ist, bleibt nur noch das Heck, wo später die Spiegelplatte sitzen wird, um die langen Bilgestringer-Hälften in den Schiffsrumpf zu schieben.
Dort werden die Einzelteile verbunden und die Laschen verbolzt, bevor die langen Enden von den drei Schiffbauern in Position gebracht werden. Nun noch die Passung an den Bug anbringen und mit kräftigen Schlägen „öber lang“ mit dem großen Holzhammer auf den Punkt gebracht.
Und wieder mal Abschied
Das ist Pats letzte Aktion, denn seine acht Wochen sind schon wieder um. Er hat viel gelernt und mit seinem speziellen Humor das Team bei Laune gehalten. Nun heißt es Abschied nehmen: Santa Fé ruft. Dort baut er sich ein Designstudio auf, und er gibt wieder Töpfer- und Bildhauerkurse, wenn Corona es zulässt. „Gibt es Sonderpreise für Tally-Ho-Freunde?“ wird er gefragt. Nur wenn sie das folgende Rätsel lösen: „Warum ist der Ausschnitt für das Vorluk außerhalb der Mittellinie?“ Die Antwort darauf gibt das heutige Video.
Leo und Pete bleiben alleine zurück, wieder ist ein großer Schritt geschafft. Nach einem Stimmungstief wegen der schlechten Eiche geht es jetzt mit neuer Energie an die Verbolzung der Bilgenstringer und die Vorbereitung der Planken.
Stück für Stück erwächst die „Tally Ho“ zu einem neuen Schiff unter der gewissenhaften Leitung von Leo. Den Luxus, die Decksbalken noch einmal auszutauschen, hätten sich die Schiffbauer vor 110 Jahren sicher nicht gegönnt.
Wer Gutes tun möchte: Tally-Ho unterstützen