Eisegler Michael Oswald, aktiv in der XV-Segelklasse und Vorstand der internationalen Monotype-XV Ice Yacht Racing Association, im Gespräch mit float.
float: Herr Oswald, wie viele aktive XV-Eissegler gibt es in Deutschland und wo sind bei uns die Hochburgen?
Michael Oswald: Im Gegensatz zur Anzahl der Aktiven der deutschen DN-Eissegelflotte deutscher DN-Segler ist die XVer-Szene bei uns sehr familiär und überschaubar. Es gibt zurzeit ein knappes Dutzend Eisyachten im regattafähigen Zustand, von denen vier bis fünf regelmäßig an Regatten teilnehmen. Wenn man die hin und wieder wechselnden Schotleute einbezieht, kommt man auf rund 20 Eisyachtsegler, die alle aus dem norddeutschen Raum kommen.
Und im Ausland?
Eine große Anzahl der XVer-Eisyachten gibt es in Holland, um einen direkten Nachbarn zu nennen. Die Segler kommen bei entsprechender Eislage auch mal schnell zum Steinhuder Meer und segeln dann bei uns Regatten mit.

Seit wann ist die Gemeinschaft der XVer wieder aktiv?
Die internationale Klassenvereinigung International Monotype-XV Yacht Racing Association (IM-XVIYRA) wurde – nach einer kriegsbedingten Pause von 54 Jahren – auf Veranlassung einiger Segler aus Russland, Estland, Lettland und Schweden 1993 gegründet. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden sechs Europameisterschaften gesegelt. Seit 1993 wieder jährlich. Seit einigen Jahren sind die XVer auch in Deutschland wieder aktiv, was im Besonderen das Verdienst des Ratzeburger Eissegelvereins ist.
Ich kann mir vorstellen, dass der Spaß in diesem Eissegelgefährt nicht ganz billig ist, wenn man bedenkt, das ein viel kleiner DN-Schlitten neu auch schon über 7.000 Euro kostet Was kostet ein XV?
Gebrauchtpreise für einen regattafähigen XVer liegen bei 7.000 Euro und höher. Einen brauchbaren 12er [dem XVer ähnlich, aber mit weniger Segelfläche – Anm. der Redaktion] bekommt man sicher auch schon für 2.000 Euro. Mit Glück ist auch ein Schnäppchen drin, weil viele Eisyachten irgendwo in einer Scheune vergessen wurden und nur darauf warten, wieder reaktiviert zu werden.
Neubauten sind in Deutschland nur schwer zu bekommen, da ist eine individuelle Werftanfrage erforderlich. Henningsen und Steckmest, eine bekannte Werft an der Schlei, hatte beispielsweise einmal einen XVer gebaut. Bei uns in der Szene gibt es auch einen Bootsbauer, der sich schon selbst einen XVer gebaut hat.
Wer handwerklich nicht ganz ungeschickt ist, kann sich natürlich auch an einen Selbstbau oder zumindest Teilselbstbau wagen. Konstruktionszeichnungen gibt es über die Klassenvereinigung. Und wer nicht unbedingt Regatten segeln möchte, für den ist es der Spaß immer Wert.

Gibt es einen Gebrauchtbootmarkt?
Da sollte man regelmäßig im Internet die Kleinanzeigen bei Eissegeln durchstöbern. Und natürlich auch auf direkte Ansprache bei Regatten der XVer-Eisyachten. Nur, dann muss man sicher mal etwas weiter fahren.
Was gehört zu einer vernünftigen Ausrüstung? Was ist bei Regatten Pflicht?
Grundsätzlich erst einmal alles, was den gesamten Körper warm hält. Der aktive Regattasegler hat natürlich einen warmen Eissegelanzug, dazu spezielle Spikeschuhe zum besseren Halt auf dem Eis beim Anschieben. Wer keine Regatten fährt, kann ggf. auch mit festem Winterschuhwerk auskommen.
Auf einen Helm sollte man allerdings auch als Freizeit-Eissegler nie verzichten. Bei Regatten ist der sogar absolute Pflicht. Ohne Helm kommt es zur sofortigen Disqualifikation. Gegen den eisigen Fahrtwind hilft eine Skibrille – und Handschuhe sollte man nie vergessen!
Ein spezieller Eispicker, um sich wieder aus dem Wasser ziehen
Für den Fall der Fälle, wenn das Eis mal nachgibt und man eingebrochen ist, kann man sich mit einem speziellen Eispicker, wieder aus dem Wasser ziehen. Auch eine Sicherheitsleine zum Bergen des Schlittens gehört zur Ausrüstung. Generell ganz wichtig: Nie alleine segeln! Eine Haftpflichtversicherung ist selbstverständlich.

Besteht bei Regatten eine Führerscheinpflicht?
Es gibt einen Führerschein für Eissegelyachten des Deutschen Segler-Verbandes. Dieser ist beispielsweise auf dem Dümmer und dem Steinhuder Meer ausdrücklich vorgeschrieben. Die Eissegler-Gemeinschaften, als Prüfer vom DSV zugelassene aktive Eissegler, nehmen die Prüfungen ab. Für angehende Eissegler gibst es allerdings keine Segelschule oder Leihschlitten, mit Ausnahme einiger Anbieter in Masuren mit DN-Schlitten.
Daher sollte man sich unbedingt an einen Verein oder die Klassenvereinigung wenden, wenn man in diesen Sport einsteigen möchte. Die Eissegler sind eine eingeschworene Gemeinschaft, die schon für sich genommen viel Spaß garantiert und sogar im Sommer bei Wasserregatten anzutreffen ist.
Was macht der Regattasegler, wenn es bei uns mal kein Eis gibt?
Dann heißt es fahren. Das sind schon mal hunderte von Kilometern und mehr, um in Masuren in Polen, im Baltikum, Russland, Schweden oder Finnland zugefrorene Seen zu erleben. Aber eine ausgeklügelte Telefonkette und das inzwischen beste Informationen bietende Internet sorgen dafür, dass alle rechtzeitig wissen, wo in Europa gutes Eis ist.
Herr Oswald, wir danken für das Gespräch!
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