Während im vergangenen Jahrzehnt einige namhafte niederländische Werften ihr Leben aushauchten, blüht Linssen Yachts wie kaum ein anderer Bootsbauer. Bei unserem Test der Linssen Grand Sturdy 45.0 Sedan in der niederländischen Marina Port Zélande hatten wir nicht nur die Möglichkeit, die neuesten Linssen-Modelle kennenzulernen. Wir hatten auch Gelegenheit, uns mit Yvonne Linssen über die Leitlinien von Linssen und den aktuellen Kurs der Werft auszutauschen.
Bei Presseveranstaltungen ist es oft nicht einfach, die Chefin oder Marketingleitung zu einem Interview zu bewegen. Und wenn es klappt, dann wandern die Augen des Gegenübers regelmäßig am Interviewer vorbei, um zu sehen, ob es nicht „wichtigere Angelegenheiten“ zu klären gibt. Nicht so bei unserem Gespräch: Bei einer heißen Tasse Kaffee fragten wir Yvonne Linssen nach dem Wie und Warum des Erfolgs von Linssen Yachts.
Evolution bei den Rumpfformen
„Zunächst einmal sind wir uns bewusst, dass Erfolg nicht ohne Anstrengung möglich ist.“ gibt Yvonne Linssen die Richtung vor. „Markterfolg kommt nicht einfach angeweht. Du musst alles tun, was möglich ist, um eine Top-of-Mind-Position zu halten.“ Was bedeutet das konkret? „Wir haben strukturell im Blick, ob unsere Produkte den Wünschen unserer Kunden entsprechen. Wir nutzen Events und Messen, um Feedback und Inspiration für kommende neue Modelle zu erhalten – und für Modifikationen an existierenden Linssen-Booten.“
Linssen Yachts verdankt diesen Erfolg nicht nur seiner konstanten, hohen Qualität, sondern auch seinen effektiven Produktionsprozessen und fundierten Marketingkenntnissen. Gab es in letzter Zeit oder gibt es vielleicht in naher Zukunft Kursänderungen bei Linssen Yachts, wollten wir wissen.
„Nun, in der Tat“, antwortet Yvonne resolut. „Nehmen wir zum Beispiel die aufeinanderfolgenden Rumpfformen, die wir genutzt haben. Anfänglich bauten wir auf der Basis eines Multi-Knickspantrumpfs. Dann wechseln wir zu einer Knickspantform. Mit dem technischen Fortschritt und verbesserten Bauweisen bauen wir nun eine Variante des Knickspantrumpfs mit dem sogenannten Hull Shape SPH.“
Radikaler Wandel bei der Energietechnik
Das steht für Softchine Prestressed Hull. „Der zusätzliche Knick ganz unten im Schiffskörper hat einen Winkel von 44 bis 48 Grad. „Er ist über fast die gesamte Länge des Bootes unter der Wasserlinie.“ erklärt Yvonne Linssen. „Das Ergebnis dieser Innovation ist eine noch leisere Fahrt mit weniger Widerstand, weniger Lärm und einem besseren Kraftstoffverbrauch.“
Ein weiteres Beispiel für recht radikalen Wandel ist, anstelle des Hauslieferanten Mastervolt nun bei bestimmten Boots-Baureihen Victron mit der Bordelektronik zu beauftragen. Yvonne Linssen dazu: „Wir waren und sind sehr begeistert von der Qualität von Victron bei der Integration in unser hauseigenes ICCESS-Energiesystem.“ Dennoch bleibt Linssen Yachts Mastervolt auch treu, und sie ergänzt: „So wie wir die Markentreue unserer Kunden sehr schätzen, werden wir uns nicht schnell von einem geschätzten Lieferanten wie Mastervolt verabschieden.“
Als der heute 97-jährige Jac Linssen senior 1949 seine Schiffszimmermanns- und Reparaturfirma gründete, konnte er sich nicht ahnen, dass das Unternehmen nach 70 Jahren Werftgeschichte international einen hervorragenden Ruf als Hersteller von Stahlmotoryachten genießen würde.
Was vielen niederländischen Werften den Garaus gemacht hat, besitzt Linssen: Effektive Produktionsprozesse, fundierte Marketingkenntnisse und einen langen Atem – für geniale Schritte wie den, eigene Charteraktivitäten zu entwickeln. Und das europaweit.