Als immer absehbarer wurde, dass mit der Corona-Welle Restriktionen kommen würden, haben die Werften mit Hochdruck versucht, noch so viele Boote wie möglich auszuliefern. „Es war auch Druck seitens der Eigner“, sagt Wilfried. „Unsere Stellmöglichkeiten in Giebelstadt sind fast ausgereizt, weil uns auch die Eigner gebeten haben, ihre Boote so schnell es geht aus den Produktionsstätten heraus zu holen – man weiß ja nie, was mit den Werften in so einer Krise passiert.“

Logistik ist immer auch Improvisation
Ohne die Yacht-Transporteure funktioniert eben nichts. „Alle Fahrer, die jetzt unterwegs sind, machen das natürlich auf freiwilliger Basis“, sagt Wilfried. „Auch wenn wir froh sind, dass es nicht den befürchteten kompletten Zusammenbruch gegeben hat und erleichtert sind, dass es so viel zu tun gibt – die Bedingungen sind sehr schwierig. Und für unsere Fahrer ist es, ehrlich gesagt, katastrophal.“
Wir haken nach. Wilfried, der selbst lange Jahre auf dem Bock saß und die großen Boote quer durch Europa gefahren hat, erzählt unter welchen Bedingungen seine Fahrer jetzt arbeiten: „Yacht-Transporte, also überbreite Schwerlasttransporte, waren schon immer sehr aufwändiges Transportgut“, erklärt er. „Schon in normalen Zeiten sind die Planung der Strecken, das Erlangen behördlicher Genehmigungen, die ganzen Auflagen der verschiedenen Länder schwer zu koordinieren. Hinzu kommen die Zollformalitäten bei Grenzübertritten, der Druck, eine Fähre zu erreichen, Staus. Es ist abenteuerlich. Logistik ist immer auch Improvisation.“ Und in Corona-Zeiten? Wilfried winkt ab.

Eine Katastrophe für die, die jetzt fahren müssen
Wir fragen nach den Arbeitsbedingungen der Fahrer. „Das ist schon übel. Nehmen wir beispielsweise einen Transport durch Frankreich: Hier dürfen Schwertransporte generell nicht über Autobahnen rollen. Also müssen wir über die Rue Nationale, die Landstraße. Hier haben jetzt die allermeisten der Raststätten geschlossen.
Zwar kann ein Trucker zwei, drei Wochen locker im LKW leben“, erklärt Wilfried: „denn die haben alles an Bord: Kocher, Essen und Trinken, sogar einen Tank mit Frischwasser. Aber duschen geht nicht. Und auch ein Trucker möchte heiß duschen und sich vernünftig waschen. Von Toiletten ganz zu schweigen…“ Einige seiner Fahrer hätten sich schon mit Chemie-WCs ausgestattet. „Klar helfen die Besatzungen in den Begleitfahrzeugen mit aus, holen Proviant und so weiter. Aber alles in allem ist es eine Katastrophe für die, die jetzt fahren müssen.“

Lockdown, Yachten und Lockerungen
Doch langsam bessert sich die Lage, meint Wilfried. Die Branche lebt wie alle anderen gerade von Tag zu Tag. Trotz Lockdown und einigen geschlossenen Werften fahren Sleepy-Transporte in ganz Europa. So rigoros scheint der Lockdown also doch nicht zu sein. „Es ist weniger ein Problem der Werften“, so Wilfried weiter, „es sind die Zielorte.“ Denn die allermeisten Häfen im europäischen Ausland sind noch komplett gesperrt. „Spanien ist ganz schwierig, da geht gar nichts.“
Auch die meisten französischen Häfen sind zu. Die Auslieferung nach Deutschland funktioniert jedoch. Wer sein Boot ans Mittelmeer transportiert haben will, muss zur Zeit Geduld haben: Hier halten die Sleepy-Fahrer echte Zerreißproben aus, denn neben den Grenzstaus und der hohen nervlichen Belastung durch die Corona-Auflagen, kommt es häufig zu Komplikationen. Brinck berichtet: „Letzte Woche ist folgendes passiert: Wir hatten eine staatliche Sondergenehmigung für eine Yacht nach Rimini. Kurz vor der Kreisgrenze stoppt uns die Polizei – der lokale Polizeichef verweigert die Einfahrt, weil dahinter die „Rote Zone“ liege.