Wir waren einmal acht Boote mit dem gleichen Ziel: die Karibik. Das Schicksal, oder besser, die Reparaturen führten uns in Almerimar zusammen, jenem Hafen an der spanischen Küste, in dem die meisten Segler noch einmal festmachen, um ihr Boot fit für den Atlantik zu machen. Deutsche, Österreicher und Schweizer, zusammengeschweißt durch Lötkolben und Schmierfett.
Gemeinsam segelten wir zunächst nach Gibraltar, von dort auf die Kanaren. Weihnachten feierten wir auf Lanzarote. Dann trennten sich unsere Wege. Die einen nahmen direkt Kurs auf die Karibik, die anderen segelten über die Kapverden. Wir blieben.

Auf der Passage auf die Kanaren hatten wir mit der Schraube eine Plane eingefangen. Das Plastik drehte sich ins Wellenlager und verschmolz dort mit dem Boot. Eine Einheit, die nur an Land zu trennen war. Doch es mussten erst Weihnachten, Silvester und schließlich die Heiligen Drei Könige vergehen, bis wir einen Krantermin bekamen. Viermal wurde er verschoben. Lange Tage des Wartens, an denen unsere Arme schmerzten, weil wir so vielen Freunden hinterherwinkten.
Doch selbst die rote Laterne hatte etwas Gutes. Sie warf ein mattes Licht auf das, was kommen sollte. Und so waren wir gewarnt: Die nächste Etappe auf die Kapverden, sie würde es in sich haben. Kaum eines unserer bisherigen Buddy-Boote blieb von Wind und Welle verschont. Dem einen riss der Spinnaker, dem anderen barst der Spi-Baum. Wieder anderen brach der Traveller.
Und alle klagten über die Wellen, die, anders als erhofft, nicht hoch und lang waren, sondern von allen Seiten kamen. Die Kreuzseen, kleine kabbelige Wellen, breiteten sich auf dem Meer aus wie Kakerlaken unter dem Pissoir einer schäbigen Hafenspelunke.
Das Kreuz mit den Kreuzseen
„Ich komme mir vor wie in einer Waschmaschine“, das war auch die erste Nachricht von unserem einzig verbliebenen Buddy-Boot Barracuda, mit dem wir eigentlich im Sommer in der Türkei gemeinsam starten wollten. Unterschiedliche Reparatur-Intervalle auf dem Weg durchs Mittelmeer hatten uns aber erst auf Lanzarote wieder zusammenkommen lassen. Gemeinsam segelten wir zunächst nach Gran Canaria, verabschiedeten noch die Boote der Januar ARC, ehe wir selbst die Leinen loswarfen.
Auf Gran Canaria haben wir uns unverhofft vermehrt. In den vergangenen Wochen hatte uns – meine Freundin Arzum, Bordhund Cingene und mich – bereits unser guter Freund Serkan begleitet, ein türkischer Live-on-board, der neben uns in der Marina von Kas gelegen hatte. Sein Plan ist es, im kommenden Jahr mit seinem Boot ebenfalls über den Atlantik zu segeln. Um Erfahrungen zu sammeln, begleitet er uns.

Wie schon bei Gibraltar und auf Lanzarote campieren auch rund um die Marina von Las Palmas Dutzende Tramper aus aller Welt, um per Anhalter in die Karibik überzusetzen. Zwei junge Berliner, Nils und Carl, begeistern uns so sehr, dass wir kurzerhand beschließen, sie bis auf die Kapverden mitzunehmen. Nils an Bord der Barracuda, Carl auf der Dilly-Dally. Und so sind wir plötzlich zu viert auf dem Boot, plus Hund natürlich. Ich freue mich auf entspannte Nachtwachen, nicht länger als drei Stunden. Aber natürlich soll es anders kommen.
Wieder Waschmaschine!
Die Windvorhersage ist gut. Konstante achterliche Winde, in Böen bis maximal 29 Knoten, dazu eine Welle mit einer mittleren Höhe von maximal vier Metern. Erträglich. Ein paar Schläge vor dem Wind, dann würden wir nach sechs, spätestens sieben Tagen Mindelo auf den Kapverden erreichen. Laut Wetterrouting haben wir dann 960 Seemeilen im Kielwasser.
Als wir Gran Canaria verlassen, weinen die Kanaren um uns. Es regnet. Und es ist dazu bitterkalt. Zumindest für diese Breitengrade. Wir tragen volle Montur, die Mützen sind weit ins Gesicht gezogen und unsere Gesichter rot vor Kälte. Regentropfen plätschern aufs Deck und rinnen die Sprayhood herab. Nur unter Genua laufen wir mit der Welle Kurs Südwest. Am Abend, als der Wind weiter aufbrist, müssen wir sogar das Vorsegel reffen. Mit rund sechs Knoten geht es in eine unruhige Nacht. Die Wellen spielen mit unserem Boot wilde Maus. Oder wie Karsten von der Barracuda schreibt: Wieder Waschmaschine!

Immer wieder scheppert es unter Deck. Proviant, Flaschen und Teller tanzen Polka, auch wenn wir bereits sämtliche Handtücher, Laken und Decken zum Auspolstern verwendet haben. Der Wind pfeift in den Wanten, die Nacht ist pechschwarz und lebhaft. Nur Serkan ist ungewöhnlich ruhig. Und, zu unserem Erstaunen, isst er nicht einmal. Cingene, unsere tapfere Mischlingsdame, laboriert immer noch an einem Husten, den auch der Tierarzt auf Lanzarote nicht vollständig kurieren konnte.
Mehr Kitsch geht kaum
Der nächste Tag hat von allem etwas: Sonne und Regen, Wind und Sturm, Wellen und Brecher. Mittlerweile schätzen wir einige Wellen auf gut fünf Meter. Die sind aber harmlos. Vielmehr rütteln die kleinen, kurzen Wellen am Boot und unseren Nerven. Sie kommen wieder aus allen Richtungen. Doch dann, kurz vor Sonnenuntergang, werden wir mit einem sagenhaften Spektakel für die Strapazen des Tages belohnt.