Mehr als 600 Menschen waren im Weltall, weniger als 200 Menschen sind in einer Regatta nonstop solo um die Welt gesegelt. Der einzige Deutsche unter ihnen ist Boris Herrmann. So beginnt der Dokumentarfilm über den deutschen Weltumsegler, der am 10. November zum zweiten Mal bei der Vendeé Globe, der Nonstop-Soloweltumsegelung startet.
„Du bist hier draußen auf See der einzige Mensch auf Erden. Das ist ein Hochgefühl der Freiheit, der Weite“, sagt der Wahl-Hamburger. Aber dann fragt er sich auch: „Warum bin ich denn jetzt schon wieder hier?“
Boris Herrmann ist der einzige deutsche Profihochseesegler, der bereits fünfmal um die Welt gesegelt ist. Rund 80 Tage dauert dieses Hochgeschwindigkeitsrennen, in dem 34 Segler und 6 Seglerinnen sich allein den Gewalten des Ozeans stellen: Stürmen, meterhohen Wellen, Schlafmangel, Einsamkeit. „Ich bin da draußen Ingenieur, Taktiker, Handwerker, Meteorologe, Steuermann und Trimmer“, erklärt Herrmann.
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Es ist das härteste Rennen um die Welt. Bei der letzten Vendée Globe, die Boris Herrmann 2021/22 mitgesegelt ist und bei der er wegen einer Kollision mit einem Fischtrawler erst als Fünfter ins Ziel kam, schaffte es ein Drittel der Boote nicht im Rennmodus ins Ziel oder musste ganz aufgeben. Darunter einige Favoriten.
Der schmale Grad
Die Herausforderung dieses Rennens ist fast unmenschlich, weiß der erfahrene Hochseesegler. „Man segelt auf dem schmalen Grad zwischen Risiko und Angriff. Wenn man das Boot die ganze Zeit pusht, wird man mit Sicherheit nicht ankommen. Da den richtigen Mittelweg zu finden, ist die Kunst.“

Andere Skipper wie Alex Thomson oder Kevin Escoffier haben diese Erfahrungen gemacht. Letzterer musste im Southern Ocean sein sinkendes Schiff verlassen und wurde wie durch ein Wunder von Jean le Cam aus seiner Rettungsinsel gerettet. Auch Boris Herrmann war an der Suche beteiligt.
Wenn Wasser mit 70 km/h übers Deck schießt, kann man sich nicht einmal mehr festhalten. Wenn man über Bord fällt, fährt das Boot weiter und das war’s.
Zur Sicherheit haben die Imocas, die Einheitsklasse bei der Vendée Globe, alle denkbaren Sicherheitssysteme und Messgeräte, die das Schiff kontrollieren. Ständig blinkt und piept es an Bord. Die Rennyacht hat kaum Komfort, schlafen ist die größte Herausforderung. Mehr als 90 Minuten am Stück sind nicht drin. Das Schiff schlägt in die Wellen und macht einen ohrenbetäubenden Lärm. Der wenige Schlaf über einen so langen Zeitraum verstärkt Angst und Stress.
Ängste sind Ballast
Wenn das Schiff über 30 Knoten fährt, will man sich nur noch festhalten. Es fühlt sich an, als würde man auf der Ladefläche eines Pick-Ups auf einer Isomatte liegen, während der über einen Feldweg mit tiefen Schlaglöchern fährt. Der Körper verspannt sich und die Atmung wird flach. Man muss die Angst zulassen, um sie zu überwinden, weiß der Segler mit Höhenangst. Als er im letzten Rennen für eine Reparatur in den Mast steigen musste, war es die größte Pein, die er überwinden musste. „Ganz viele Dinge, die wir im Leben machen könnten, machen wir nicht, weil wir Ängste haben, die eigentlich mehr Ballast sind“, hat Herrmann in seinen Rennen um die Welt gelernt.

Der Film beschreibt nicht nur den 43-jährigen Profisegler, er zeigt auch seine Entwicklung. Beide Eltern waren begeisterte Segler und das Kind sog das Bootsgefühl mit der Muttermilch ein. Als die Eltern sich trennten – Herrmann war drei Jahre alt – bekam der Vater das alleinige Sorgerecht.
„Boris war der Hauptgewinn in meinem Leben“, sagt er. Mit fünf Jahren bekommt der Junge einen Opti und segelt mit seinem besten Freund. Von da an schraubt er sich in die Höhen des Segelsports, wird jüngster Minitransatsegler mit 19, gewinnt 2008/09 mit Felix Oehme das Portimão Global Race um die Welt. „Boris war immer der Steuermann – wild, unangepasst, risikofreudig“, erinnert sich Julian Kleiner.
Mutig, fokussiert, beharrlich
„Zu erfahren, wie viele Ressourcen in einem sind, was man so aktivieren kann an Durchhaltevermögen, an Stärke, das ist eine extreme Erfahrung“, sagt Herrmann, der immer sehr klar auf seine Ziele hinarbeitet. Die Liste seiner Erfolge ist lang. Die seiner beharrlichen Bemühungen ist es ebenso.