Es ist der zweite Corona-Winter, kurz vor Weihnachten, als Jens Brambusch diesen Beitrag schreibt. Die Tage sind kurz und schmuddelig, die Sehnsucht nach der Unbeschwertheit auf dem Wasser ist groß. Die Pandemie hat einen Boom in der Sportschifffahrt ausgelöst. Die Auftragsbücher der Werften sind voll, Wartezeiten von mehreren Jahren keine Seltenheit, Marinas und Yachthäfen ausgebucht.
Auch der Gebrauchtbootemarkt ist wie leergefegt, die Preise explodieren. Und doch scheint es noch Schnäppchen zu geben. Wirklich?
9.12.2021
Bei best-boats24.net, laut Eigenaussage eine der größten Gebrauchtbootebörsen in Deutschland und Europa, erscheint ein verlockendes Angebot. Eine Bavaria 37 Cruiser, Baujahr 2016. Die Ausstattungsliste ist lang, das Boot gut in Schuss. Zwölf Fotos wecken Sehnsüchte nach unbeschwerten Tagen auf dem Wasser. Und vor allem der Preis scheint sensationell: 50.000 Euro! Laut Angebot liegt die Yacht in Bremen. Ein Freund macht mich auf das Inserat aufmerksam. „Kann das sein?“, fragt er.
Wer sich nur ein bisschen mit Segelyachten auskennt, der muss stutzig werden. Der Preis spiegelt in keinster Weise den Marktwert wieder. Vergleichsangebote liegen zwischen 90.000 und 155.000 Euro, je nach Alter, Zustand und Ausrüstung der Yacht.
Vielleicht ein Notverkauf?
Ist das Angebot also ein absoluter Preisknüller, bei dem man schnell zuschlagen muss? Vielleicht ein Notverkauf oder die Yacht ist Teil einer Erbmasse, die von unbedarften Angehörigen schnell und unkompliziert zu Geld gemacht werden soll? Oder ist die Anzeige doch nur ein Fake? Wenn ja, wie funktioniert dann der Betrug? Um das herauszufinden, gibt es nur einen Weg. Ich kontaktiere den Anbieter.
20.12.2021, 14:01 Uhr
„Mit Interesse habe ich Ihr Angebot der Bavaria 37 Cruiser gesehen. Sehr gerne würde ich mir, zusammen mit meinem Vater, das Boot anschauen, wenn es denn noch auf dem Markt ist. Wäre ein Besichtigungstermin in Bremen, im Idealfall zwischen Weihnachten und Neujahr, da ich derzeit noch im Ausland bin, möglich? Gehe ich richtig in der Annahme, dass das Boot derzeit an Land steht? Beste Grüße“
Noch bevor ich die Nachricht an den angeblichen Verkäufer über das Kontaktformular unter der Angabe einer Recherche-Mailadresse, die ich mir vor Jahren samt Facebook-Profil und einer Prepaid-Mobilfunknummer zugelegt habe, versende, bin ich mir sicher, dass es sich um einen Fake handelt.
Ermittler sprechen bei Onlinebetrug von sogenannten ‚red flags‘, Hinweisen, die auf ein unseriöses Angebot hindeuten. Oft reicht schon ein einfacher Plausibilitätscheck aus, um Ungereimtheiten zu entdecken. Und bei genauerem Hinsehen ist die Anzeige der Bavaria übersät mit riesigen wehenden roten Fahnen, die geradezu schreien: Finger weg!
Ein Anbieter namens Claus Claus
Der Anbieter heißt angeblich Claus Claus, was entweder auf wenig Kreativität bei der Namensgebung der Eltern hinweist oder aber auf wenig Erfahrung mit der deutschen Namensgebung. Auch die Adresse ist eher kryptisch. Der Eigner der Yacht muss in einem sehr großen Haus wohnen, denn die Anschrift lautet Heinrich-Böll-Straße 34-16. In welcher Stadt die Straße mit den absteigenden Hausnummern liegen soll, ist zudem nicht zu ergründen. Nur eine Postleitzahl ist angegeben, aber die hat leider nur vier Stellen. Dafür hat die angegebene Telefonvorwahl eine Zahl zu viel.
Eine weitere rote Fahne ist die lieblose, wahrscheinlich automatisierte Übersetzung der Ausstattungsliste. Aus der Gennaker-Vorrichtung wurde ein Gennaker-Gerät, aus der selbstholenden Winsch eine selbstragende, aus dem Bimini-Top ein Bimini-T-Shirt. Und auch die Fotos werfen Fragen auf. Das abgebildete Boot liegt eindeutig am Mittelmeer, nicht in Bremen.
Auch entstammen die Aufnahmen unter Deck eher einem Charterkatalog, als dass sie im Salon eines Eigners aufgenommen wurden. Eine Bilder-Rückwärtssuche im Netz, bei der man ein Foto hochlädt und alle Webseiten angezeigt bekommt, wo es ebenfalls erschienen ist, führt zudem zu einer anderen Gebrauchtbootebörse.

Dort wird dieselbe Yacht, die in Kroatien im Charter läuft, mit denselben Fotos angeboten. Allerdings für 129.000 Euro. Claus Claus hat diese Anzeige allem Anschein nach kopiert, den Preis gesenkt und bei einem Wettbewerber eingestellt. Bleibt die Frage: Warum?
Claus heißt jetzt Sebastian
Einen Tag nach meiner Kontaktaufnahme meldet sich Claus Claus, der jetzt allerdings Sebastian heißt und erstaunlicherweise auch kein Deutsch spricht. Das Boot liegt mittlerweile auch nicht mehr in Bremen, sondern in Schweden.
Die Mailadresse von Sebastian, auch das ist eine rote Fahne, ist sehr beliebig und über einen kostenlosen Provider eingerichtet. Sie lautet [email protected]. Das Profilbild ziert lediglich die zwei Buchstaben ‚LG‘. Die Rückverfolgung der IP-Adresse ist, wie erwartet, wenig zielführend.
2 Kommentare
Hallo Jörg, Jens,
bei mir bietet er einen Katamaran an über boot24.com.
Gleiche Adresse wie im Artikel.
Will das Boot noch diese Woche verkaufen 😉
Anzeige wurde aber bereits deaktiviert.
Viele Grüße
Klaus
Hallo Jens,
bin aktuell auch auf eine Fakeanzeige von Sebastian aufmerksam geworden… aber nicht reingefallen.
Er treibt also noch immer sein Unwesen.
Falls Du Unterlagen / Beweise brauchst melde Dich einfach!
LG Jörg aus Krems an der Donau