Boris Herrmann hat die erste große Bewährungsprobe seiner Vendée-Globe-Premiere letzte Nacht bestanden. Als er gestern Abend seinen Gennaker wechseln will, merkt er, dass der Einrastmechanismus oben im 29 Neter hohen Mast nicht richtig funktioniert. Das Mastschloss ist blockiert. Trotz mehrfacher Versuche lässt es sich nicht aushaken. Yannick Bestaven ist zu dem Zeitpunkt nur eine Meile entfernt. Boris hat ihn über UKW informiert, er solle sich nicht wundern.
In großer Eile hat der 39-jährige Hamburger seine Mastkletteraktion vorbereitet, weil die Sonne schon langsam unterging. In diesen Breiten dauert der Sonnenuntergang nicht lange, sie fällt sozusagen ins Meer.
Boris, der unter Höhenangst leidet, steigt den Mast hoch und kann mit einem kleinen Flaschenzug mit zwei Karabinern den Gennaker weiter hochziehen. So lässt sich der Riegelmechanismus entlasten und damit das Fall vom Segel lösen. Nach etwas Wackeln lässt er sich öffnen. Boris kann das Fall wieder verbinden und das Segel herunterlassen.
„Das klingt einfach“, sagt Boris, „aber wenn Du dabei brutal herumgeworfen wirst, weil das Boot gegen die Welle stampft, dann ist das eine echt stressige Angelegenheit. Es hat mich an meine Grenzen gebracht, aber ich bin relativ ruhig geblieben dabei“, sagt Boris Herrmann heute im Live-Interview von Bord im Südatlantik.
In so einer kniffeligen Lage war er schon lange nicht mehr. Es war eine Grenzerfahrung, sagt der Segler. Das 2. Fall, an dem er hochklettern konnte, führt nicht ganz bis nach oben. Boris Herrmann musste das letzte Stück frei klettern. „Man darf man sich ja mit Knoten, Schäkeln und Karabinern nicht vertüdeln da oben“, sagt er. Oder etwas herunterfallen lassen. Die heikle Aktion dauerte in Summe fast eineinhalb Stunden. Da ist die Sonne längst untergegangen.
Alles wieder in Ordnung
„Ich musste dann ja mein Segel wieder setzen. Ich habe es jetzt am darunter liegenden, dem Topfall gesetzt. Zum Glück ist das Segel dafür vorbereitet, an beiden Fallen gesetzt zu werden. Der Gennaker rastet auf dem darunter liegenden Fall ein, Boris kann wieder normal segeln. Den Einrastmechanismus habe ich mit nach unten genommen“, sagt er, „und kann jetzt checken, was damit los ist.“
Ich habe mich selbst im Hafen nie getraut, ganz bis zum Masttop hochzuklettern.
Boris hat Höhenangst, und mit dem Mastklettern kann man ihn jagen. „Ich war voller Adrenalin“, erinnert er sich im Video-Gespräch heute Vormittag. Es geht ihm gut: „Ich liege an vierter Position im Rennen, ich weiß, dass gleich superguter Wind kommt. Da zögerst Du keine Sekunde. Du willst nur, dass es weitergeht.“ Denn man kann nicht mit dem größten Segel in die Roaring Fourties fahren. Das wäre total gefährlich.
Wer schon einmal in einen Mast geklettert ist, weiß wie anstrengend das ist. Der Mast der SeaExplorer ist mit 29 Metern mehr als haushoch. Es ist sehr anstrengend, sich bei Wellenbewegung an den Hakengriffen hochzuziehen. Und dann wieder abzuseilen, wenn man nicht klettern kann. Boris war gesichert, wurde aber heftig hin- und hergeworfen.
Ganz oben hat man dann so Fantasien, so wie diese: „Ich vertüdel mich mit den Leinen und dann fällt mir das Messer herunter“, das wäre so ein Szenario, sagt der wirklich erfahrene Hochseesegler. „Dann hänge ich da oben und kann mich nicht mehr freischneiden.“
Ein Kommentar
[…] gezeigt und Schäden am Boot auf hoher See repariert. So musste er im Southern Ocean in den 29 Meter hohen Mast klettern, um ein gefährliche Aktion im Masttopp auszuführen – trotz […]