Unter den befragten Wassersportlern äußerten im Übrigen viele den Wunsch, dass Boote aus umweltfreundlichen Materialien produziert würden. Auch die Nutzung von Recycling-Rohstoffen forderten viele. Allerdings haben es viele nicht als das entscheidende Kaufargument benannt. Oft wird von Verbraucherinnen und Verbrauchern auch mangelnde Kenntnis über neue Technologie und den aktuellen Stand der Entwicklung als Hemmnis für eine Kaufentscheidung angegeben.
Das Henne-Ei-Problem der Elektromobilität
„In dieser Situation ist es daher besonders wichtig, dass Werften und Motorenbauer bei der Entwicklung neuer Boote mit nachhaltiger Technologie eng zusammenarbeiten, um den grünen Wandel zu beschleunigen, dabei indes die Bedürfnisse der Kunden in Bezug auf Preis, Reichweite, Komfort und Sicherheit stets im Blick behalten“, folgert die Studie.
Innerhalb der Branche sind erwartungsgemäß die Hersteller kleinerer Boote, die mit elektrischen Außenbordern ausgerüstet laufen können, am besten auf Elektromobilität eingestellt. Zu beobachten ist auch in der Bootsbranche, was in der Autoindustrie als „Henne-Ei-Prinzip“ beschrieben wird. So lange noch keine Ladeinfrastruktur vorhanden ist, sehen Hersteller sich nicht unter Druck, serienreife Elektroantriebe anzubieten. Umgekehrt lohnt sich der Bau von Ladesäulen erst, wenn nennenswerte Nachfrage durch Elektroboote vorhanden ist.
Einen mutigen dritten Weg geht zum Beispiel die britische Firma Aqua superPower. Die Briten errichten ein Netz von Schnellladesäulen an Wassersport-Schwerpunkten. Darunter sind Venedig und St. Tropez. Es dient auch als Unterstützung für Kunden der Werft Vita Yachts, die demselben Investor gehört. Parallelen sind offensichtlich zum US-Autohersteller Tesla. Elon Musks Firma begann bereits vor mehr als zehn Jahren eine Ladeinfrastruktur für seine Kunden einzurichten.
Wassersportbranche braucht eigene Lösungen
Dennoch warnen die Autoren der Studie: Sowohl Wassersportszene wie auch Politik könnten fälschlicherweise annehmen, die Elektrifizierung der Bootsbranche ließe sich mit der im Automobilsektor vergleichen. Die Branche müsse künftigen Boaties wie auch der Politik klar sagen: Die Bootsindustrie ist mit der Autoindustrie nicht vergleichbar. Es braucht eigenständige Lösungen.
Auch anderweitig wartet einer auf den anderen. So blicken der Studie zufolge Motorenbauer auf die Werften, damit diese effizientere Rümpfe entwerfen, da aufgrund der geringeren Energiedichte von Akkus gegenüber fossilen Energieträgern das Gewicht von Rumpf und Antrieb für die Reichweite eine erhebliche Rolle spielt. Andererseits warten Bootsbauer auf effiziente, leichte (Elektro-)Motoren, die sie in ihre Rümpfe integrieren können. Henne und Ei lassen grüßen.
Insgesamt kamen für die Studie „The future of sustainable on-water propulsion“ 38 Führungskräfte von Werften und Motorenbauern zu Wort. Es handelte sich neben EU-Herstellern auch um Marken aus Großbritannien und USA. Auch deren Produkte sind für den europäischen Markt von Bedeutung.
Der ADAC steuerte Interview-Fragebögen mit 532 Wassersportlerinnen und Wassersportlern bei, die über das Skipperportal des Verbands angeschrieben wurden. Die Beantwortungsquote lag hier mit rund 30 Prozent relativ hoch, auch das spricht für die Attraktivität des Themas.
Dieser Text erschien erstmals am 15. Mai 2023 auf float. Wir bringen ihn noch einmal anlässlich des Electric Summit.