Was eint den Deutschen Segler-Verband und den DMYV, die Organisation der deutschen Motorbootfahrer? Beide Verbände fördern nicht nur den Leistungs- und Breitensport und organisieren Ehrenamtliche und Mitglieder in zahlreichen Clubs: Die Organisationen nehmen auch die Prüfungen für künftige Motorbootfahrer und Segler ab und geben die Bootsführerscheine aus. Der Automobilclub ADAC, der diese Verwaltungsaufgabe in der Vergangenheit auch gerne übernehmen mochte, war bisher außen vor.
Alle drei Organisationen haben heute bei einer Pressekonferenz auf der Kieler Woche angekündigt, näher zusammenrücken zu wollen. Gemeinsam rufen der DSV, DMYV und der ADAC das Forum Sportschifffahrt ins Leben. Dabei gehe es darum, den Wassersport voranzubringen, eine schlagkräftige Lobby zu bilden und den Mitgliedern moderne Dienstleistungen anzubieten. Es geht aber auch ums liebe Geld. Sprich: Um das Recht, Führerscheine gegen Gebühr auszustellen. So war die Spannung groß, wie sich die Führungspersonen der in dieser Sache konkurrierenden drei Verbände in Kiel dazu äußern würden.
Gebühren finanzieren Ehrenamt
Prüfungen für Bootsführerscheine abnehmen und Führerscheine ausstellen zu dürfen, sind eine wichtige Einnahmequelle für die Wassersportverbände. Der Deutsche Segler-Verband (DSV) und der Deutsche Motoryacht-Verband (DMYV) finanzieren damit einen Teil ihrer Arbeit, die überwiegend ehrenamtlich geleistet wird. Rund 4,5 Millionen Euro an Gebühren für rund 70.000 Führerscheine gingen dafür im Jahr 2014 an die organisierten Segler und Motorbootfahrer.
Vor vier Jahren war das Ansinnen des Automobilclubs, selbst Bootsführerscheine ausgeben zu dürfen, krachend an der eigenen Spezlwirtschaft gescheitert. Wir erinnern uns: 2014 war das Annus horribilis, das furchtbarste Jahr in der Geschichte des ADAC. Nach dem langjährigen Betrug bei der Wahl zum Lieblingsauto der Deutschen und anderen Skandalen im ADAC hegte der Bundesverkehrsminister Zweifel an der Zuverlässigkeit des Autoclubs.
Ein Jahr zuvor hatte der Club beim Minister den Antrag gestellt, Prüfungen für Bootsführerscheine abnehmen und Führerscheine ausstellen zu dürfen. „Beliehen“ mit der Vergabe wurden bis dahin nur der DSV und der DMYV vom Bund. Nach dem Skandal lagen die Pläne auf Eis.
Vom Streit zum Schulterschluss
Bei der gemeinsamen Pressekonferenz wurde klar, dass es bleibt wie es ist: Die Vergabe der Führerscheine erfolgt auch in Zukunft durch die Verbände der organisierten Segler und Motorbootfahrer. Aus Sicht des ADAC geht das in Ordnung: „Wir bearbeiten und vereinfachen das Ausbildungswesen und lassen das Prüfungswesen da, wo es heute ist.“ erklärte Kurt Heinen, Vizepräsident für Tourismus des ADAC e. V. „Wenn wir gleichberechtigte Partner werden und wir über die Ausbildung diskutieren, dann passt das.“
Während Winfried Röcker, damals wie heute Präsident der organisierten Motorbootfahrer, dem seinerzeitigen ADAC-Präsidenten attestierte, er würde „allein aus wirtschaftlichen Interessen in alle Bereiche unserer Gesellschaft eingreifen“, sind von dem 74-Jährigen DMYV-Vorsitzenden, der in den 1970er-Jahren selbst für den ADAC tätig war, heute moderatere Töne zu hören. „Jeder wandelt sich ja, und auch der ADAC hat sich gewandelt. Wir haben gefragt: Wie können wir die Interessen des Wassersports ingesamt und für unsere Mitglieder vertreten und verbessern?“
Win-win allerorten?
DSV-Präsidentin Mona Küppers relativierte die Bedeutung der Führerscheinfrage: „Nicht wir beleihen, wir werden beliehen. Das Ministerium beauftragt die Verbände. Aber das ist ja nur ein kleiner Teil der Gesamtthematik.“ Sie sieht in der engeren Zusammenarbeit mit dem 20 Millionen Mitglieder zählenden Automobilclub Positives für den Deutschen Segler-Verband. Der ADAC erreiche auch Sportler, „die nicht im Verband organisiert sind, aber ebenso ihren Sport ausüben.“ so Küppers. „Der ADAC kann diese Menschen ganz anders erreichen. Ich habe die Hoffnung, dass wir davon auch nutznießen können, indem der oder die eine oder andere darüber den Weg in unsere Vereine findet.“
Win-win allerorten also? Das könnte notwendig sein. Stichwort: das Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“. Damit will der Bund für den Güterverkehr nicht mehr benötigte Wasserstraßen für Freizeit, Erholung und Wassertourismus erschließen. Was zunächst umweltbewusst klingt, bedeutet im Gegenzug, dass 2.800 Kilometer Wasserwege zu „Sonstigen Wasserstraßen“ erklärt werden. Für diese ist der Bund dann nicht mehr zuständig und braucht sich nicht um den Erhalt von Schleusen und Wehren zu kümmern. Die Spitzenverbände des Wassersports sind alarmiert, dass in diesen Revieren nicht mehr investiert wird. float hat dazu berichtet.
„Wir vertreten Sportler, die öffentliche Wasserstraßen benutzen müssen, um ihren Sport auszuüben. Wir müssen gemeinsam für die Gewährleistung sorgen, damit die Wasserstraßen befahrbar bleiben.“ so Mona Küppers. „Der ADAC hat durch seine Erfahrung im Wassersport und seine Größe ein Gewicht insbesondere in Richtung Politik. Wenn wir unsere Kräfte gemeinsam in die Waagschale werfen, haben wir ein Konstrukt geschaffen, an dem nicht nur sportpolitisch, sondern insgesamt keiner mehr vorbei kommt.“
Eine starke Stimme in der Politik zu haben, wie der in München ansässige ADAC traditionell eine ist, könnte allen organisierten Wassersportlern zugute kommen. Vielleicht passt da auch, dass das Verkehrsministerium seit Jahren von bayerischen Politikern geführt wird. „Gemeinsam sind wir stark. Erste Priorität: Wie kriegen wir die Interessen unserer Mitglieder umgesetzt? Die sportpolitische Speerspitze ist heute schärfer geworden.“ sagt Kurt Heinen. Recht hat er.