Am 19. August letzten Jahres verließ Szymon Kuczyński den englischen Hafen Plymouth mit dem Ziel, den Globus nicht nur solo und nonstop zu umrunden, sondern auch einen Rekord mit einer möglichst kleinen Segelyacht aufzustellen. Nun ist der Pole auf seiner knapp sieben Meter kurzen Maxus 22 wohlbehalten zurückgekehrt. Den angestrebten Rekord hat er um nur zwei Tage verfehlt.
Schon die zweite Tour für Szymon
Die kleine Yacht, mit der Kuczyński auf Reisen ging, ist ein lediglich 6,36 Meter langes und motorloses Segelboot der Northman-Werft aus dem polnischen Węgorzewo. Die „Atlantic Puffin“ (zu deutsch: Atlantischer Papageientaucher) ist in der polnischen Segelszene nicht ganz unbekannt. Kuczyński nahm erfolgreich an verschiedenen Regatten an der polnischen Ostseeküste teil und überquerte in Zusammenarbeit mit der Werft in den Jahren 2012/13 auf einer lediglich fünf Meter langen Yacht schon einmal den Atlantik.
Nun also einmal rundum. Die Hauptziele dabei: Zum einen die erfolgreiche Anpassung einer kleinen Serienyacht ohne großen finanziellen Aufwand, um damit auch küstenfern sicher segeln zu können. Zum anderen den Beweis erbringen, dass das Segeln auch mit einer kleinen Yacht für jedermann eine sichere und mögliche Sportart ist.
Zehn Monate auf einer Maxus
Als Szymon Kuczyński von der englischen Südküste aus zum geplanten Rekordtrip aufbrach, hatte er das natürlich das Ziel, den Rekord von Alessandro di Benedetto zu schlagen, der 2010 im Lauf von 268 Tagen auf einer Sechseinhalbmeter-Yacht um die Welt gesegelt war. Ende Oktober lag für Szymon das Kap der Guten Hoffnung im Kielwasser, Anfang Dezember war das Australische Kap Leeuwin erreicht.
Zwei Monate später bezwang Kuczyński den „Sailing Everest“, das umtoste und mythische Kap Hoorn, und überstand in kurzer Zeit zwei Stürme in der Stärke von 9 Beaufort bei 6 bis 7 Meter hohen Wellen. Dazu gab es Schnee und Regen – und unter Deck lediglich 2 bis 5 °Celsius. Noch hatte Kuczyński einen reichlichen Vorsprung, den angestrebten Rekord zu knacken. Aber immer wieder sendete er Informationen über diverse Probleme, die den Erfolg der Umrundung gefährden konnten.
Dass ein derartiger Trip nicht ohne Schwierigkeiten ablaufen kann, ist verständlich. Sowohl der Windmesser als auch das Solarpaneel und – schlimmer noch – der Motor des elektrischen Autopiloten wurden beschädigt. Aber auf solche Unbilden war der Segler gut vorbereitet. Zu seiner Ausrüstung gehörten selbstverständlich nicht nur Werkzeuge und Materialien für alle notwendigen Reparaturen, sondern auch Ersatz-Solarzellen und ein Dreifach-Autopilot-System.
Reparaturtage in den Tropen
Über Satellitentelefon stand er ständig mit der Außenwelt – mit dem Küstenteam und der Werft – in Verbindung. Zunächst galt es, so schnell wie möglich und mit der größten Vorsicht aus der Drake-Straße herauszukommen. So segelte die Segelyacht seit Februar mit reduzierter Segelfläche, da der Mast durch eine Delle stark geschwächt war. Diese Delle trat durch das Stampfen der Yacht in bewegter See in der Nähe von Kap Hoorn auf.
Mit diesem Schaden versuchte Kuczyński, den Mast nicht zu überlasten. Er segelte, wenn möglich, hauptsächlich mit Vorsegel und gerefftem Groß. Das Rigg wurde durch zusätzliche Wanten aus Dyneema-Tauwerk gesichert, um weitere Verformungen zu verhindern. Nachdem der Pole Ende Februar das Südpolarmeer verlassen hatte, ging er mehr unter die südamerikanische Küste. Hier war es ruhiger, und er konnte so auch notwendige Reparaturen durchführen. Kuczyński ging an die Saling, das Navigationslicht und die AIS-Antenne im Topp. Die tropischen Temperaturen erlaubten es ihm außerdem, den geschwächten Teil des Masts durch ein angebrachtes Stück Laminat zu stabilisieren.
Der Wind wird ungünstig
Die notbedingt gewählte Route nahe der kontinentalen Landmasse brachte für den Trip ungünstige Winde mit sich. So legte er im März in einer Woche lediglich 320 Seemeilen zurück. Das wirkte sich kurzzeitig sehr negativ auf die Moral an Bord aus. Die Stimmung besserte sich aber schlagartig, als Kuczyński ab dem 22. März im Passat mit einer Geschwindigkeit von mehr als vier Knoten wieder Boden gutmachte. Die Etmale wuchsen. Seine selbst gesteckte Zeitreserve allerdings war inzwischen aufgebraucht. Um jede Gelegenheit zu nutzen, den Rekord doch noch zu knacken, wechselte der Weltumsegler vor allem am Ende der Reise so oft wie möglich die Segel und steuerte viel mit der Hand.
Ursprünglich war geplant, dass die Nonstop-Solo-Weltumsegelung mit dem kleinsten Schiff in Plymouth am 15. Mai 2018 enden sollte. Dazu hat es nun leider nicht gereicht. Szymon Kuczyński verfehlte den angestrebten Rekord nach 270 Tagen, 10 Stunden und 29 Minuten um lediglich zwei Tage. Er erreichte Plymouth gestern, am 17. Mai.
Szymon will mehr
Trotz allem: Im Ziel warteten seine Familie, Freunde, Anhänger und Vertreter der Northman-Werft auf Kuczyński. Und es scheint, dass er mit seiner Leistung trotzdem sehr zufrieden ist. Auf den letzten Seemeilen fasste er seine Reise so zusammen: „Ich fühle mich großartig, treffe Freunde und bekomme endlich wieder gutes Essen. Ich habe, trotz der Fehler, die ich gemacht habe, durchgehalten.“ ließ Kuczyński wissen. „Damit hat sich bestätigt, dass die Schwierigkeiten an Bord in der Regel eine Folge von kleinen Fehlern sind. Glücklicherweise habe ich es geschafft, damit fertig zu werden. Es hat viel Spaß gemacht und war ein fantastisches Abenteuer! Ich will mehr!“
Kuczyński wird sich ein paar Tage in Plymouth erholen und dann weiter bis nach Polen segeln. Geplante Ankunft in der Marina Kamień Pomorski im Camminer Bodden ist der 9. Juni.
Ein Kommentar
Super Tour, toller Typ und prima geschriebener Artikel.