Seit 2013 entwickelt Bootsbaumeister Friedrich J. Deimann, der Gründer von Greenboats, mit seinem Team Verbundwerkstoffe aus nachhaltigen Materialien. Seine Leichtbaumaterialien aus Flachs sind weltweit einmalig und sie kommen in vielen Bereichen zum Einsatz. Einer davon ist der Bootsbau: Hier finden die von Deimann entwickelten Flachsfasermatten sowohl beim Rumpfbau als auch für den Innenausbau in Plattenform Verwendung.

Naturfaserverstärkte Kunststoffe (NFK) sind traditionellen glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK) durchaus ebenbürtig und inzwischen ein gleichwertiger Ersatz. Ein erfolgreiches Beispiel dafür ist die Flax 27, die auf der Boot & Fun Ende November ausgestellt ist. Auch in der Rennyacht Malizia von Boris Herrmann befinden sich nichttragende Teile aus der Schmiede von Greenboats. Auch in Windkraftanlagen und im Caravanbau finden die Materialien ihren Einsatz. Doch noch fehlt die Serienproduktion, damit das nachhaltige Material im Markt auf breiter Ebene Verwendung finden kann.
Erst die Materialsicherung, jetzt der neue Standort
Nach der erfolgreichen Materialentwicklung in den letzten 10 Jahren will Greenboats nun in die Serienproduktion starten. Erst vor wenigen Monaten hat das grüne Bremer Startup dafür das französische Familienunternehmen Depestele als Teilhaber gewonnen, um das Rohmaterial für ihr technisches Gelege und Gewebe direkt und in großen Mengen vom Hersteller zu beziehen.
Die finanzielle Unterstützung durch den Flachs-Produzenten Depestele ermöglicht außerdem den Kauf einer Produktionsanlage, um die nachhaltigen Verbundplatten zu pressen und die Produktion in großer Stückzahl aufzubauen. Es fehlte nur noch der Produktionsort.

Den hat Greenboats jetzt am Standort Lemwerder auf der anderen Weserseite von Bremen bei der Firma Fassmer gefunden. In der 7.000 qm großen Halle wird die Plattenfertigung der ökologischen Verbundwerkstoffe in Kürze auf dem Betriebsgelände von Fassmer starten. Fassmer unterstützt das Unternehmen, indem die Firma nach und nach die Fläche erweitern kann. Die neu erworbene Presse für die Verbundplatten wird aktuell programmiert. Schon ab 2024 will Greenboats mit der Produktion in großem Stil starten.
Wo früher die ersten Kohlefaser-Flugzeuge von Airbus entwickelt wurden, wird nun bald das erste nachhaltige Bootsbaumaterial produziert werden. Und so Werften neue Möglichkeiten eröffnen, um Boote nachhaltiger zu machen. Friedrich Deimanns Vision erfüllt sich in diesem Moment.
Seine Weitsicht bei der Entwicklung neuer Werkstoffe führt jetzt zur erwünschten Industrialisierung von naturfaserverstärkten Kunststoffen. Mut und starke Partnerschaften waren die Zutaten. „Mit Fassmer an unserer Seite sind wir in der Lage, unsere ambitionierten Ziele zu erreichen und auf die wachsende Nachfrage nach nachhaltigen Produkten zu reagieren“, kommentiert das der Pionier für nachhaltige Materialien.
Startup meets Familienunternehmen
Wie Depestele ist auch Fassmer ein Familienunternehmen, und bereits in vierter Generation. Warum passen ein Startup und ein Familienunternehmen so gut zusammen? Beide gleichen sich in der flachen Hierarchie, das schnelle und mutige Entscheidungen ermöglicht. Außerdem ist Fassmer eines der führenden Unternehmen im traditionellen Faserverbundstoffbau für GFK und CFK (Kohlenstoffverbund) in Europa. Man möchte sich durch die Kooperation mit Greenboats erneuern.

Die 1850 gegründete Werft Fassmer stellt Spezialschiffe für die Forschung, Berufsschifffahrt und Marine sowie Rettungsboote her. Das weltweit agierende Unternehmen produziert außerdem Komponenten in Faserverbundtechnik für die Automobil- und Freizeitindustrie her. Auch Greenboats ist in diesen Segmenten unterwegs.
Der Verbundstoff-Pionier will mit den grünen Pionier beim Aufbau der Infrastruktur für die herstellende Industrie unterstützen. Beide Unternehmen werden dazu ihr Know-How in der Verbundstoff-Technologie bündeln. Sie wollen zusammen neue Standards im Bereich nachhaltiger Leichtbaukomponenten setzen und stärker in nachhaltige Verbundwerkstoffe investieren.
Die grüne Ära im Bootsbau kann beginnen
Die neue Platten-Produktionsanlage ist auf die Herstellung von Laminaten aus umweltschonender Flachsfaser und biobasierten Harzen bis maximal 6 × 2,50 m ausgelegt. Die Komponenten zeichnen sich durch ihr geringes Gewicht und hohe Steifigkeit aus. Mit einem Anteil von 40 bis 100% biologischer Harzen hat das ressourcen-schonende Plattenmaterial einen deutlich reduzierten CO2-Fußabdruck. Es ist auch leichter zu recyclen als GFK, weil es rückstandslos verbrennt.

Die Industrialisierung von NFK-Verbundstoffen wird dem Bootsbau neue Möglichkeiten geben. Erstmals ist es damit möglich, dass Werften für den Innenausbau ihrer Boote nachhaltige Materialien einsetzen können – oder sogar ganze Rümpfe aus nachhaltigem Material bauen. Es stellt sich jetzt schon die spannende Frage: Wer wird der Erste sein?