Wie groß der Traum vom America’s Cup für jeden Spitzensegler ist, machte Tina Lutz, Olympia-Silbermedaillen-Gewinnerin von 2021 deutlich: „Nach meinem Opti-WM-Titel 2005 durfte ich bei BMW Oracle als 18. Mann mitsegeln. Es war sofort ein Super-Gefühl. Ich habe gedacht: Wow, wenn sich für mich die Chance ergibt, bin ich sofort dabei. Leider ergab sich nie die Chance. Als jetzt der Anruf kam für den Women’s America’s Cup, habe ich natürlich sofort zugesagt.“
Die Erfolgsseglerin sieht darin die Chance, die Basis zu schaffen für künftige Kampagnen. Wie groß der Schritt in den AC40 ist, machte sie eindrucksvoll deutlich: „Im Sommer sind wir erstmals auf dem 69F gesegelt. Der steuert sich ähnlich wie der 49er, aber trotzdem wären wir wohl kaum rausgegangen, wenn wir nicht Lukas Hesse dabei gehabt hätten, der schon Erfahrung auf dem 69F hat.“ Und der AC40 hat noch ein wesentlich höheres Potenzial als der 69F.
Lukas Hesse gehört neben Paul Farien, Alica Stuhlemmer, Jesse Lindstädt, Linus von Oppen und Julian Hoffmann zum Youth Team. Er sagte: „Der Simulator ist das Key-Trainings-Tool für den Winter, um uns an den AC40 heranzutasten. Niemand von uns ist bisher 50 Knoten gesegelt. Die AC40 sind zwar immer noch Segelboote, aber die physikalischen Herausforderungen sind noch mal etwas ganz anderes.“
Wasser-Training wird unverzichtbar
Seit ein paar Wochen ist der Simulator, den Marc Pickel für das Team angeschafft hat, im Trainingseinsatz. Und Linus von Oppen aus dem Youth Team hat schon viele Stunden darin verbracht: „Der Simulator läuft heiß. Ich glaube, wir haben die erste Grafikkarte schon durchgeraucht. Wir versuchen, die Möglichkeiten zu nutzen, die wir haben.“
Jochen Schümann, der einzige Deutsche, der je erfolgreich beim America’s Cup gesegelt ist und mit Alinghi zweimal den Cup gewann, sieht in den beiden Kampagnen eine neue Chance für die Zukunft: „Deutschland hatte erst einen zaghaften Versuch im America’s Cup und mehrere Starts beim Youth America’s Cup. Geblieben ist davon kaum etwas. Wir wollen es jetzt besser machen, um für folgende Generationen etwas aufzubauen.“
Neben der GmbH für die Kampagnen wird daher auch ein Verein gegründet, der eine Foiling Academy aufbauen soll, um weitere Talente zu fördern. Eine Herzensangelegenheit ist das Projekt für Marc Pickel. Das wurde deutlich, als der 51-Jährige auf die Bühne kam und von den Gefühlen ergriffen wurde. „Ich hatte in meiner früherer Zeit als Olympiasegler viele Helfer. Als Paul Farien mich jetzt angerufen hat, ob ich beim Youth America’s Cup helfen kann, dachte ich sofort, dass es die Möglichkeit ist, um etwas zurückzugeben.“
Pickels Traum: Irgendwann der AC vor Kiel
Pickels Traum: Irgendwann mit Deutschland den America’s Cup gewinnen und dann das Event vor Kiel zu segeln. „Wenn wir jetzt einen oder zwei AC40 kaufen können, wäre das ein Riesenschritt. Das wäre aktuell ein Budget von acht bis zehn Millionen.“ Ideen für eine Basis in Kiel hat er auch schon: Acht Container mit Zeltdach für den Sommer, und in den Wintermonaten der komplette Umzug mit dem Equipment in südliche Gefilde, um weiter trainieren zu können.
Jochen Schümann bremste dagegen etwas ein: „Marc denkt vier, fünf, vielleicht sogar zehn Jahre voraus. Jetzt geht es darum, den Youth und Women’s America’s Cup zu realisieren. Dafür sind wir heute hier, um zu netzwerken. Wenn alle so enthusiastisch sind wie Marc, dann sind wir dabei.“
Budget für Youth und Women liegt bei 600.000 Euro
Tina Lutz bezifferte das notwendige Budget für die beiden Kampagnen bis zum September/Oktober 2024 auf rund 600.000 Euro. Thomas Müller, Drachen-Segler der Top-Klasse und Segel-Unterstützer, machte seine Prioritäten deutlich: „Jetzt heißt es: Ladies first! Wenn wir 300.000 Euro zusammenbekommen, um das Frauen-Team an den Start zu bringen, dann wäre das eine große Sache.“