Er rechnet mit einer Bauzeit von zwei bis drei Jahren. Denn in den Sommermonaten ruht das Werk, da die Bootsbauer von Bozburun auf ihren Gulets Touristen entlang der Küste kutschieren. Für den Innenausbau, die Elektrik, den Motor braucht Beyhan weitere Hilfe. Natürlich kommt sie aus dem Ort.
Neben den Gulets, die die einheimischen Familien im Sommer betreiben, werden in Bozburun auch Auftragsarbeiten ausgeführt. Für Gulet-Kapitäne an der türkischen Küste, aber auch für Kunden aus der ganzen Welt. Kanadier, US-Amerikaner und auch Jörg Diesch sind begeistert von der Kunst der Bootsbauer. In den 1970er- und 1980er-Jahren galt Diesch als einer der besten deutschen Segler, gewann im Flying Dutchman zusammen mit seinem Bruder Ekke Weltmeistertitel und die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 1976.
Im Sommer 2018 entschloss sich Diesch, mit einer Gulet über den Atlantik zu segeln, um damit auch ein weit verbreitetes Vorurteil zu entkräften: Gulets könnten gar nicht segeln. In Bozburun ließ Diesch sich in sieben Monaten eine 22,5 Meter lange Gulet bauen. Über den Bau und die Reise über den Atlantik berichtet er ausführlich auf der Webseite von Bobby Schenk.
Vom Vater auf den Sohn
Beyhan hat gerade ein ganz anderes Projekt fertiggestellt, das mit Gulets gar nichts zu tun hat. Für einen Briten hat er einen schicken Daysailor aus Mahagoni gebaut und ihn auf Wunsch mit einem Dschunkenrigg ausgestattet. Anfang Mai konnte Beyhan den Mast setzen, gerade rechtzeitig vor der Touristensaison.

Bauzeichnungen? Beyhan lacht und tippt sich an den Kopf: „Alles hier drin!“ Wie die meisten Bootsbauer hat auch er Bootsbau weder gelernt noch studiert. Sein Lehrmeister ist sein mittlerweile 70-jähriger Vater Ramazan, der wiederum das Handwerk von seinem Vater, einem ehemaligen Schwammtaucher, gelernt hat.
Schon die Schwammtaucher haben in Bozburun ihre eigenen Boote gebaut, genauso wie die Fischer. Kleine, seetüchtige Boote, die wie Miniaturausgaben der großen Gulets wirken.
Bootsbaupläne für die Gulets auf dem Handy
Daher die lange Bootsbautradition. Ramazan, Beyhans Vater, war einer der Ersten, der sich voll und ganz dem Bootsbau widmete. Mit elf Jahren hatte er einen Tauchunfall, konzentrierte sich schon als Kind auf die Kunst der Holzverarbeitung. Mit einem alten Bootsmotor als Antrieb bastelte er sich die erste Kreissäge. Dutzende Boote, sagt Beyhan stolz, habe sein Vater gebaut.

Auf seinem Handy findet Beyhan dann aber doch noch Bootsbaupläne. Wieder huscht ein schelmisches Grinsen über das Gesicht mit dem Dreitagebart. „Für die Registrierung der Boote brauchen wir Baupläne“, sagt er. Da aber die wenigsten Bootsbauer Pläne lesen können, wird erst das Boot gebaut und anschließend werden die Zeichnungen von einem Ingenieur erstellt. Bootsbau made in Turkey.