Aus Schaden wird man klug, sind sich der havarierte Tapio Lehtinen und GGR-Boss Don McIntyre sicher. Ihre Erkenntnis: Doppelt hält besser. Wenn Tapio nicht zwei Sicherheitsausrüstungen angelegt hätte – eine an Bord, eine in der Rettungsinsel –, wäre er nach dem Sinken seiner Asteria ohne Notruf- und Ortungsgeräte verloren gewesen.
Zur Ursache des plötzlichen Wassereinbruchs – während er sich als Seenotpassagier ohne Papiere und Brille auf einem Frachter nach China befindet – ist ihm immer noch kein Licht aufgegangen.
Kirsten Neuschäfer hatte Tapio gerettet und an den Frachter übergeben. Dafür ist ihr (wie auch Abhilash Tomy, der ebenfalls zur Rettung Tapios von seinem Kurs abgebogen war) eine Entschädigung von 35 Stunden gutgeschrieben worden und Anspruch auf 30 Liter Diesel, weil sie den Motor benutzen musste. Diese Fairness-Geste hätte sie gar nicht gebraucht. Die Südafrikanerin, die sich nirgends so pudelwohl fühlt wie auf dem menschenleeren Ozean, hat ihre Minnehaha zu unglaublicher Leistung gepeitscht. Sie fuhr ein Etmal von 219 Seemeilen ein, das bedeutet 9,1 Knoten im Durchschnitt. Mit einem Langkieler von 1988. Doppel-Wow!
Reparieren wie die Helden
Als echter Bernard-Moitessier-Fan hat sich Elliott Smith entpuppt. Genau wie der Golden-Globe-Held von 1968 stoppte er in der False Bay, um seinen Bugspriet zu reparieren. Wer tritt nicht gerne in die Fußstapfen seiner Helden, auch wenn es die Problemstapfen sind?

Elliott Smith brachte seinen verbogenen und destabilisierten Bugspriet wieder auf Vordermann, während ihn Profis aus der Ferne anleiteten. Damit hat er sich an die Regatta-Regularien gehalten und kann weiter am Golden Globe Race teilnehmen. Mit dem behelfsmäßig reparierten Schiff fühlt sich das Segeln allerdings an, als solle er in Gummistiefeln einen Sprint hinlegen: „Unter 20 Knoten Wind bewegt sich mein Boot nicht. DAMN IT!“, twittert er entnervt (und leicht überspitzt, möchte man meinen).

Die 50er sind die neuen 40er
100 Seemeilen vor Kapstadt muss sich auch Arnaud Gaist mit ungebührlichem Rigg-Verhalten herumschlagen. Der Mast seiner Hermes Phoning nickt zu einer Seite. Das Nachspannen der Wanten brachte nichts. Das Photo Gate in Hobart/Tasmanien kann Gaist nur noch im regulären Zeitfenster erreichen, wenn er eine Delfin-Familie vor den Bug spannt.

Gerade muss er gegen Wind und Wellen anstampfen. Zusammengefasst: Für Arnaud Gaist ist der Golden-Globe-Stecker gezogen. Er kann genauso gut mit achterlichen Winden zur Reparatur nach Brasilien steuern. Das zieht er jetzt in Erwägung.
Die 50er sind die neuen 40er. Das Quartett aus dem führenden Simon Curwen, Kirsten Neuschäfer, Abhilash Tomy und Michael Guggenberger reibt sich die Augen: Wo sind sie denn, die Monsterwellen und Sturmböen der Roaring 40s, die beim letzten Golden Globe Race Abhilash Tomy aus dem Rennen warfen? Sie haben sich diese Saison in die 50s nach Süden verzogen. „Alles ruhig in den Whispering 40s“, twittert Simon Curwen, „nur die Segel schlagen in der Dünung.“

Also konzentriert sich Michael Guggenberger darauf, Albatross-Junge bei ihren ersten Flugversuchen zu beobachten: „Der junge Albatross hat über Nacht gelernt, ohne Flügelschlag zu gleiten wie die Alten. Sweet :)“ Wir sind gespannt, welche Lernkurve die neun Teilnehmer des Golden Globe Race 2022 im Southern Ocean hinlegen werden.