Viele fantastische Menschen haben am Quasi-Neubau des Rennkutters Tally Ho mitgewirkt. Leo hat das Projekt gut im Griff. Im ersten Video lässt er die Anfänge von 2017 Revue passieren und begibt sich auf einen kleinen Exkurs: Wie kann ich meine Stecheisen und Hobelklingen rasiermesserscharf erhalten, um gute und sichere Arbeit zu gewährleisten?
Danach geht es wieder an die Arbeit. Der Batterieschrank muss gebaut werden und es gibt einen herben Verlust zu verkraften: Pete verlässt das Team.
Die Frage geht an alle: „Wer hat die schärfsten Klingen im Team?“ Patty weiß die Antwort: „Das bin ich, denn ich nehme immer die Stecheisen von Leo.“ Leo hat tatsächlich stets bestens geschärftes Werkzeug. Das sieht man in den Nahaufnahmen, wenn er z. B. Verzapfungen macht und dabei Hirnholz (Endgrain) mit dem Stecheisen wegschneidet, als sei es Butter. Nun möchte er sein Wissen gerne weitergeben an Patty und an seine Fan-Gemeinde.

Beinahe 45 Minuten nimmt er sich Zeit dafür, fast drei Tage Video-Dreh- und Bearbeitung. Er erklärt anhand eines alten Stecheisens (Edge Tool, Chisel), dass es zunächst wichtig ist, den Rücken zu glätten und 100 Prozent gerade zu halten. Das geht am besten mit Schleifpapier auf einer glatten Fläche und danach mit dem Diamant-Abziehstein in vier verschiedenen Körnungen. Das Abziehen (Honing) ist der wichtigste Schritt in der Prozedur.
Wer hat die schärfste Klinge?
Doch zunächst wird in einem Winkel von 30 Grad die schräge Kante des Stecheisens an einem trockenen Schleifbock, wie er in jeder Werkstatt steht, mit leichter Hohlkehle geschliffen. Dabei verzichtet Leo mit seiner Erfahrung auf die einstellbare Winkellehre, sondern hält das Eisen mit seinem Zeigefinger im richtigen Winkel. Mit dem Daumen drückt er das Eisen auf dir rotierende Korund-Scheibe.
So spürt er, wenn der Stahl zu heiß wird. Denn Ausglühen darf er nicht, das würde ihn spröde machen und das Werkzeug wäre schnell wieder stumpf. Wenn der richtige Winkel angeschliffen und die Klinge rechtwinklig ist, geht es ans Abziehen auf dem Diamantstein. Man kann gut erkennen, wie das Metall an den abgezogenen Stelen blank wird.
Am Ende entsteht ein Grat (bur oder ridge) auf der flachen Seite. Den zieht man am besten mit einem Lederstreifen, Gürtel oder ähnlichem ab (man denke an die alten Barbiere). Ein ganz besonders weiches Leder ist auch die menschliche Haut, z. B. in der Handfläche. Aber Vorsicht, immer in die richtige Richtung streichen. Am Ende ist das Eisen so scharf, dass man die Haare auf dem Arm damit abrasieren kann.
Aber viel besser und schneller geht es mit einem besonderen Werkzeug: Dem Tormek T 8, einer schwedischen Maschine, die einseitig einen großen auswechselbaren Wasserschleifstein und auf der anderen Seite eine lederbezogene Abziehscheibe hat. Mit richtig eingestellter Winkellehre kann ein Holz-Handwerker seine Werkzeuge in einem Bruchteil der Zeit schärfen. Allerdings kostet solch ein Maschinchen auch gerne über 500 Euro, eine Investition, die sich in jedem Fall lohnt.
Abziehen wie die Profis
Auch die erfahrenen Bootsbauer Clifton und Richard habe ihre eigenen Methoden. So verrät uns Richard, dass er hartes Hirnholz z.B. von Purple Heart mit Leinöl einstreicht. Dadurch lässt es sich leichter streichen. Beim Anschleifen des Schneidwinkels nimmt er gerne eine grobe Scheibe, damit er nicht viel Druck braucht und der Stahl nicht zu heiß wird. Er schleift einen Grat an, den er dann am Tormek oder seinem Gürtel abzieht. Auch Clifton schwört auf den Tormek zum Schleifen wie zum Abziehen.
Von Tormek kommen auch die Diamant-Abziehsteine. Hier kann man das Eisen entweder mit einer Vorwärts-rückwärts-Bewegung abziehen oder in kreisenden Bewegungen. Was besser ist, wissen wohl nur die Bootsbauer, die auf die eine oder die andere Methode schwören.
Praktisch: Unter dem Aufmacher zu diesem Video hat Leo die einzelnen Kapitel auf einer Zeitschiene aufgeführt und die vorgestellten Werkzeuge verlinkt.
Pete zieht weiter
Wer uns in dieser Runde fehlt, ist Pete. Auch er hat sicher seine Methoden – und er hat seinen eigenen Kopf. Nach zweieinhalb Jahren intensiver Arbeit an der Tally Ho in Leos Team zieht es ihn wieder zu anderen Projekten in Port Townsend. Leo spricht von persönlichen Gründen und dass die beiden in vielen Gesprächen überein gekommen sind, dass es so das Beste ist.
Wahrscheinlich war von zwei starken Charakteren einer zuviel an Bord. Vielleicht ist Pete auch nicht mit Clifton klargekommen. Schade, Pete wird uns in den Videos fehlen mit seinem trockenen Humor und er wird dem Projekt fehlen mit seiner Kompetenz und seiner Fähigkeit selbstständig und zupackend zu arbeiten.