Die Stimmung bei den Herstellern von Motorbooten und Segelyachten in Deutschland ist gut wie schon lange nicht mehr. Klarer Marktführer bezogen auf Stückzahlen und Umsatz ist Hanse Yachts aus Greifswald. Nach den Segelyachtmarken Moody und Dehler sowie den Motorbootherstellern Sealine und Fjord hat Hanse den Katamaran-Hersteller Privilège für 500.000 Euro übernommen und vor wenigen Tagen die Ausgabe neuer Aktien angekündigt. float sprach mit Firmenchef Jens Gerhardt über die aktuellen Zahlen und Strategie des Unternehmens.
Die Hanse Yachts AG ist nach eigener Aussage der zweitgrößte Hersteller von Segelyachten von rund 30 bis 70 Fuß Rumpflänge weltweit. Bei 30 bis 55 Fuß langen Motorbooten gehört das Unternehmen zu den Top Ten.
Umsatz und Ergebnis deutlich über Vorjahr
Umsatz und Ergebnis liegen deutlich über dem Vorjahr, blickt man auf das erste Halbjahr des abgelaufenen Geschäftsjahrs. In der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2018 steigerte sich das Ergebnis um 2,3 Mio. Euro, der Umsatz wuchs um 7 %.
Damit steuert Hanse für das Geschäftsjahr 2018/2019 nach eigenen Angaben auf den zweiten größeren Jahresgewinn seit Ausbruch der Finanzkrise 2008/9 zu. Die offiziellen Zahlen werden noch kalkuliert und erst Ende September veröffentlicht. Jens Gerhardt: „Ich bin sicher, dass es unser achtes Jahr in Folge sein wird, in dem wir gewachsen sind“ – und das noch ohne den neuen Zukauf Privilège.

„Wir sind immer noch dabei, stark zu wachsen und tätigen dafür entsprechend hohe Investitionen“, so Jens Gerhardt. „Dies und Einmaleffekte führten dazu, dass wir im letzten Jahr noch einmal ganz leicht im Minus waren. Den eigentlichen Break Even haben wir klar im Jahr davor gemacht.“
Der Trend geht zu größeren Booten
Besonders die Hauptmarke Hanse habe ein sehr starkes Jahr gehabt, so CEO Jens Gerhardt. „Die Hanse 508 und 458 sind brandneu und standen das ganze Jahr zur Verfügung, da sie kurz vor Beginn des Jahres an den Hauptmessen zum ersten Mal gezeigt wurden.“
Das eigentlich deutlich zukunftsträchtigere Motorboot-Segment gehört nach Aussage des Firmenchefs auch zu den Wachstumsmotoren des Unternehmens. Seit der Präsentation der ersten Fjord 40 Open im Jahr 2007 wurden 500 Boote der Marke in Greifswald gebaut. Auch der englische Zukauf Sealine ist nach dem kompletten Neustart der Entwicklung wieder obenauf, so Gerhardt gegenüber float: „Sealine hat nun, nach sechs Jahren, seine alte Größe zurückerlangt, die es früher einmal hatte.“
Hier kommt Hanse auch das eigene, grenznahe Werk in Polen zugute, wo seit 27 Jahren die GFK-Produktion in großem Umfang stattfindet. Ein wesentlicher Grund dafür sind die Kosten: „Bei den kleinen Motorbooten fertigen wir in Polen beinahe das ganze Schiff. Der Margendruck bei diesen Boote erlaubt uns die Stundenlöhne in Deutschland nicht mehr.“

Hanse als Firmengruppe hatte vor acht Jahren knapp 70 Millionen Euro Umsatz. Jetzt gehe man auf die 150 Millionen Euro zu, heißt es bei der Hanse Yachts AG. Im Geschäftsjahr 2017/2018 hat die Firmengruppe 577 Boote verkauft. „Davon waren 32 % Motorboote und 68 % Segelboote.“
Der Trend ging für Hanse dabei hin zu immer größeren und komplexeren Booten: „Wir wuchsen in den letzten Jahren um rund 10 Millionen Euro Umsatz pro Jahr. Und das häufig bei einer Stückzahl von 20 oder gar 30 Booten weniger.“
Weltpolitik hat Einfluss
Auch weltpolitische Ereignisse wie der seit Übernahme der Regierungsgeschäfte durch Boris Johnson akut drohende Brexit und die Handelspolitik der USA haben Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg der deutschen Bootshersteller. „Fast alles, was man in den 20-Uhr-Nachrichten sieht, hat Einfluss auf uns.“ erklärt Hanse-Geschäftsführer Jens Gerhardt.
„Der Brexit erzeugt große Unsicherheit in England, und natürlich gehen die Aufträge dort zurück. Die Handelskriege merken wir noch nicht so sehr. Aber das Embargo gegen Russland merken wir natürlich sehr stark.“
Die Exportquote liegt nach Werftaussage bei rund 80 %. Die meisten Boote gehen an Kunden in Europa und den USA. „Ich denke, dass wir im Monohull-Bereich in den letzten zehn Jahren zu den erfolgreichsten Marken zählen. An den Katamaranen arbeiten wir dagegen noch“, so Jens Gerhardt.
Gegenüber Beneteau aufgeholt
Hanse Yachts hat immer wieder durch Zukäufe von Marken und Werften überrascht. Nach dem Zukauf und der noch laufenden Integration des französischen Multihull-Herstellers Privilège ist das Markenportfolio der Werftgruppe vorläufig komplett. „Wir sind typischerweise kein Hersteller für Vercharterer oder ein Eingangspreis-Anbieter. Deshalb haben wir im Katamaran-Bereich, wo wir noch gar nicht vertreten waren, diese Marke übernommen. Privilège fängt vom Preis und auch größenmäßig in etwa da an, wo Hanse aufhört.“
Bei Segelyachten, dem Kerngeschäft der Hanse Group, ist im Augenblick auch die Beneteau-Gruppe sehr aktiv. Besonders der Multihull-Bereich boomt. „Im Bereich Segeln ist der Gewinner der letzten Jahre innerhalb unser Wettbewerber sicher der Katamaran“, analysiert Gerhardt.