Am Ende steht sie zwischen den geputzten Spanten wie das goldene Herzstück des 1910 von Albert Strange gebauten Cutters „Tally Ho“: die erste Bodenwrange. Gegossen aus hochwertiger Silizium-Bronze und auf Hochglanz poliert, ist sie bestimmt an die 30 Kilogramm schwer – und die erste von insgesamt 19 Stück. Leo, der mit neuer Verstärkung weiter an dem Neuaufbau arbeitet, ist sichtlich stolz. Schließlich hat er bei dem seit mehr als zwei Jahren laufenden Refit-Projekt ordentlich mit angepackt in der Port Townsend Foundry und viel dabei gelernt. Vor allem, wieviel Arbeit in einem solchen Gussstück steckt.
Neue Manpower aus Oregon
Sein Team ist inzwischen wieder auf vier Mitarbeiter angewachsen. Neben Schiffszimmerer Pete und dem von Corona am Boden gehaltenen Piloten Clark ist nun auch Pat, der IT-Beamte aus Oregon als Volunteer wieder mit an Bord. Er bereitet die Spanten für das Aufplanken vor. Unter anderem, indem er die Schraubenlöcher der Stützbretter mit Spiekerpints (also spitzen Holznägeln) und PU-Leim verschließt.
Siliziumbronze ist die beste Wahl
Aber eins nach dem anderen. Zuerst müssen die Bodenwrangen (die floors), die wie eine Klammer den Kiel mit den Spanten verbinden, gegossen werden. Leo hat sich viele Gedanken über das richtige Material gemacht: Holz ist zu voluminös und hat eine schlechte Lastaufnahme. Stahl oder Edelstahl sind zu korrosionsanfällig. Beide Materialien würden für die nächsten 30 Jahre halten. Leo reicht das nicht. Er möchte nicht nur mit der „Tally Ho“ alt werden. Er möchte sie gerne auch für die nächsten Generationen erhalten.
Deshalb kommt für ihn nur die langlebige Gussbronze in Frage, damit „Tally Ho“ noch einmal 110 Jahre oder mehr überdauert. Aber Qualität hat bekanntlich seinen Preis: 11.000 US-Dollar sind es alleine für das Material plus die Arbeit der Gießerei. Dank der ständig wachsenden spendablen Anhängerschar, die er nicht nur seiner engagierten Arbeit als Bootsbauer, sondern auch den hervorragend gemachten Videos und seiner gewinnenden Art zu verdanken hat, ist die Kasse für das Refit-Projekt gut gefüllt. So darf das Beste für das Refit-Projekt gut genug sein.
Schablonenbau, eine Kunst für sich
Drei Wochen haben Pete und Clark damit verbracht, von jeder einzelnen Wrange eine genaue Gussschablone (ein pattern) zu bauen. Es ist verleimt aus mehreren Lagen Sperrholz und nach oben hin verjüngt. Die meisten haben Aussparungen für die Nüstergatten (limberholes), die Ablauflöcher zwischen Kiel und Spant, um das Leckwasser, das sich in einem Holzschiff sammelt, zum tiefsten Punkt der Bilge, den Sumpf zu leiten. Von dort kann es abgepumpt werden.