Auf der hanseboot Hamburg sprach float mit Vertreterinnen des Helga Cups über die Initiative, die Hintergründe und die Perspektive der ersten deutschen Frauenregatta, die für 2018 in Hamburg geplant ist. Mit mehr als 60 Anmeldungen wurden die Organisatoren vom Erfolg überrannt. Zeit für ein Zwischenfazit zum Helga Cup.
Im Gespräch mit float waren Luisa Krüger, Bundesligaseglerin vom Hamburger Segel-Club, Marion Köhler, die Skipperin der Rookie-Crew des DSV, die Sponsorin Inga von der Linden, Helga Cup-Organisator Sven Jürgensen sowie Sascha Schwarck von Oleu Segel und Seascape Deutschland.
float: Wie kommt ein Mann darauf, eine Frauenregatta ins Leben zu rufen?
Sven Jürgensen: Es fing an beim Segel-Media-Cup mit einem Training der Kielbomben-Crew mit Annette Bruhns (Spiegel), Birte Lindlahr (Beef), Lina Nagel (Deutscher Segler-Verband) und Christine Bauer (Tagesschau). Die haben bei uns im NRV fünf Monate lang für den Cup trainiert. Es war die einzige reine Frauencrew bei der Regatta. So entstand die Idee, eine Meisterschaft für Frauen ins Leben zu rufen. Dann haben wir eine Pressemitteilung herausgegeben und 36 Anmeldungen am ersten Tag. Da hatten wir noch nicht mal Boote.
Wie kamt ihr auf den Namen Helga?
„Helga“ hieß das Boot, auf dem die Kielbomben-Mädels trainiert haben. Der Vorschlag kam von ihnen und wurde sofort einstimmig angenommen.
Wie ist die Organisation des Helga-Cup aufgestellt, Sven?
Ich bin Ideengeber und Organisator, der Norddeutsche Regatta-Verein ist der Veranstalter, der Deutsche Segler-Verband ist Mitveranstalter. Der NRV ist mein Heimatclub, ich habe hier viel Rückendeckung. Deshalb kann ich auf ganz kurzem Dienstweg so große Projekte relativ schnell umsetzen.
Dann gibt es den Beirat mit elf Frauen. Wir wollten einen ganz tollen Querschnitt von Frauen, die segeln oder auch einen journalistischen Hintergrund haben. Die Kielbomben-Crew war gesetzt. Der DSV mit Martina Nebelung aus dem Jugend-Bereich und Nadine Stegenwalner als Sportdirektorin war wichtig, dazu zwei Frauen aus dem NRV. Martina macht PR, und Claudia ist eine erfahrene Wettfahrtleiterin. Mit diesem Gremium wollen wir das Projekt weiterentwickeln.
Sascha, ihr stellt als Sponsor die Boote von Seascape und die Segel zur Verfügung. Wie kam es zu dieser Kooperation?
Sascha Schwarck: Wir kennen Sven gut, und wir machen ja nicht nur Seascape, sondern auch Doyle-Oleu-Segel und haben noch die Blond-Segeltaschen im Programm. Es gibt außer uns niemanden, der gleichzeitig Boote, Segel und ein schönes Modelabel anbieten kann.
Wie viele Boote stehen für den Cup zur Verfügung?
Wir stellen insgesamt sechs Boote: Drei stellt die Werft und drei stellen wir als Seascape Deutschland. Außerdem stellen wir als Doyle-Oleu-Segelmacher 12 Segelsätze, so dass alle Boote gleich ausgerüstet sind. Der Vorteil ist, dass alles neu und tipptopp ist. Mit vier Segelmachern und dem DSV-Vermesser Bjarne, der sich mit der Regelkunst bestens auskennt, haben wir viel Know-how.
Die Seascape ist ja kein reines Regattaboot. Tim, passt dieser Bootstyp gut zu einer Frauenregatta?
Ich glaube, das Boot ist klasse und für den Helga-Cup gut ausgesucht. Es ist kein reines High-Tech-Regattaboot und kann doch bis zu 20 Knoten schnell segeln. Es ist sehr sicher, und die Mädchen können damit gut umgehen. Fehlende Kraft ist dabei kein Problem. Es ist superleicht zu handlen, und durch das Doppelruder ist es total stabil. Je mehr Wind, desto schneller wird es.
Sascha, was werdet ihr für den Helga Cup in eurer Modekollektion denn entwerfen?
Gerade haben wir das Logo bekommen und schon viele Ideen.
Das ist ja auch ein gutes Geschäft mit den Frauen, oder?
In Zukunft vielleicht. Jetzt müssen wir die Investitionen aber erst mal amortisieren.
Inga, du bist Sponsorin des HelgaCups. Warum findet das gerade jetzt soviel Anklang?
Inga von der Linden: So neu ist es ja nicht. Frauen nehmen schon lange beim Bootskauf großen Einfluss. Sie suchen die Innenreinrichtung aus, bestimmen die Farbe und das Design. Viele Frauen sind mit an Bord, sie sind nach außen nur nicht so sichtbar. Die Frauen, die jetzt den HelgaCup mitsegeln, sind ja immer schon gesegelt.
Marion, was denkst du: Warum gerade jetzt? War ist die Zeit reif für diesen Cup?
Marion Köhler: Frauen haben sich über die Jahre als Mitseglerinnen, Miteignerinnen und auch als gleichberechtigte Seglerpartnerinnen etabliert. Der Schritt, dass Frauen jetzt auch alleine segeln, unter Freundinnen, oder sich selbst ein Boot kaufen und das alleine oder mit Freundinnen gewuppt kriegen – das ist neu. Da fehlte jetzt nur noch die Initialzündung.
Silke, die Meldezahlen sprechen für sich. Wie siehst Du den HelgaCup als Bundesligaseglerin?
Silke Basedow: Es ist eindeutig, der Bedarf ist da. Es hat bisher nur niemand organisiert. Es hat sich niemand die Mühe gemacht, die Frauen alle aufs Wasser zu holen.
Luisa, warum gibt es plötzlich diese Energie?
Luisa Krüger: Die Nachfrage ist deshalb so groß, weil es das vorher so noch nicht gab. Ich komme von einer Mädchenschule und kenne das Lernen im Kreis von Frauen seit meiner Kindheit. Man kann seine Schwächen zeigen, ohne gleich runtergemacht zu werden. Erst wenn es sichtbare Vorbilder gibt, trauen sich Menschen, das nachzuahmen.
Wie schätzt ihr den Vorbildeffekt einer solchen Regatta für Mädchen ein?
Marion: Bei uns Verein bringen wir den Mädchen das Fahrtensegeln bei. Wir stellen hier fest, dass jugendliche Mädchen nicht so viel Lust auf das Gehabe der Jungs haben, wenn die auf dicke Hose machen. Sie wollen segeln, und das wollen sie gut machen. Man merkt deutlich: Wenn sie das alleine machen, kriegen sie es sehr gut hin.
Sven, wie sind die Crews zusammengestellt?
Es sind zum Teil Vereinscrews, aber sehr viele Freizeitscrews dabei. Und es finden sich ganz neue Frauen-Teams, die noch nie zusammen gesegelt sind.
Was ist mit unterschiedlichen Segelfähigkeiten?
Sven: Immer wieder sagen Frauen: Wir haben keine Chance gegen eine Silke Basedow, die in der Bundesliga segelt und zu den besten Seglerinnen in Deutschland gehört. Wir beruhigen die Crews. Wir wollen zwar, dass die Besten belohnt werden. Aber es soll vor allem ein tolles Event sein.
Silke: Ich kann mir vorstellen, dass wir beim Hamburger Segler-Club vor der Regatta noch ein Trainingslager anbieten können. Ein wichtiges Thema bei dieser Regatta ist doch, über alle Bootsklassen hinweg in Verbindung zu treten. Wir wollen Fahrtensegeln und Leistungssegeln zusammenbringen, weil wir alle das Segeln lieben.
Marion: Wir haben als Rookie-Crew schon zusammen trainiert, allein und mit Trainer. Es ist erstaunlich, wie schnell man über sich hinauswächst.
Ist es etwas anderes, wenn man mit Frauen segelt?
Silke: Wenn wir mit Frauen gegen Männer segeln, müssen wir uns den Respekt durch gute Ergebnisse hart erarbeiten und werden anders behandelt als Männerteams. Uns stört das nicht, weil wir ja gute Ergebnisse liefern. Mit Männern zu segeln finde ich persönlich super. Wir wollen mehr unter Frauen segeln, um für mehr Sichtbarkeit von Frauen zu sorgen. Gehen wir als Frauenteam bei der Bundesliga an den Start, bekommen wir mehr Aufmerksamkeit. Und wenn wir auch noch erfolgreich sind, dann ist das gut für das „Damensegeln“ in Deutschland.
Marion: Wenn Frauen mit Männern zusammen segeln, müssen sie sich den Raum auch nehmen. Frauen müssen Vertrauen bekommen und sich sagen: Ich kann das, und ich mache das. Ich glaube, der Weg zum Erfolg ist einfacher, wenn man ihn nur mit Frauen geht.
Wie bereiten sich die Teams denn vor?
Sven: Bei uns im NRV sind zwei Frauencrews zwischen 55 und 68 Jahren. Die segeln morgens ganz entspannt mit einer J22. Die haben sich sofort gemeldet und wollen Regattasegeln lernen. In der Geschäftsstelle des Vereins hat sich ein weiteres Team gebildet, zwei Seglerinnen und zwei Nichtseglerinnen. Die trainieren ein- bis zweimal die Woche und sitzen abends bis spät im Club. Sie haben noch nie soviel Zeit miteinander verbracht wie jetzt. Es ist toll zu sehen, wie viele Crews sich auch im Süden gefunden haben. Einige trainieren mit dem Ligateam vom Chiemsee Yacht-Club.
Sven, was passiert als Nächstes?
Sven: Wir werden eine große Beiratssitzung mit Sponsoren machen. Wir müssen das Regattaformat anpassen, damit wir die garantierten 52 Crews aufs Wasser kriegen. Wir organisieren die gesamte Bootsflotte im Winter soweit, dass auch alles da ist. Auf der boot Düsseldorf wird es verschiedene Veranstaltungen geben, und am 17. Februar organisieren wir einen Regatta-Theorie-Workshop, für den wir schon 140 Anmeldungen haben. Wir müssen unsere mediale Arbeit optimieren und wir suchen noch ein bis zwei weitere Sponsoren. Eine Veranstaltung mit 250 Frauen muss man ja auch finanziell stemmen.
HelgaCup
1. bis 3. Juni 2018
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