Leo Sampson und sein Team – Pete, Rowan und Patrick – sind wirklich glücklich, dass ihnen endlich wieder Hobelspäne um die Ohren fliegen. Nach all der Umzugsschlepperei in den letzten Wochen kann die Bootsbau-Arbeit endlich weitergehen. Die 112 Jahre „Tally Ho“, an der Leo seit vier Jahren mit wechselnden Teams arbeitet, ist nun endgültig von Sequim nach Port Townsend umgezogen.
Pete und Leo glätten das Deck, damit die Decksplanken anschließend ohne Hohlräume und Buckel aufliegen. Dazu muss die ganze Fläche aus Decksbalken und Schlingen in zwei harmonisch strakenden Kurven mit dem Elektrohobel „geputzt“ werden.
Quer zur Mittschiffslinie läuft die Decksbalkenbucht, die sich im positiven Schwung sanft und gleichmäßig in der Mitte nach oben wölbt. Längs der Mittschiffslinie läuft der Deckssprung. Bei den meisten Segelyachten und auch bei der Tally Ho ist der negativ. Das heißt, in der Mitte ist er tiefer als an Bug und Heck.
Decksbalken und Scheerplanken
Das gibt einer Segelyacht auf dem Wasser – und auch schon an Land – die Ästhetik, die das Auge erfreut. An den Enden müssen die Decksbalken im richtigen Winkel auf die Scheerhölzer auslaufen, die den oberen Abschluss der Außenhaut-Beplankung bilden.
Das ist eine Herausforderung, weil das Holz – Weißeiche – beim Einbau im Frühjahr 2020 noch „grün“ war, es also mehr Feuchtigkeit enthielt. Inzwischen ist es nachgetrocknet und hat sich leicht verzogen. Das hatte Leo Sampson einkalkuliert und beim Einbau ein paar Extra-Millimeter draufgegeben. Es ist immer einfacher runterzuhobeln. Draufhobeln geht nicht.
Meditatives Nahtverschmieren
Während Leo und Pete sich mit der Decksstruktur befassen, stehen Patrick und Rowan unter der Tally Ho. Sie drücken Seam Compound (also Nahtdichtungsmasse) von Interlux in die kalfaterten Plankennähte. Das Zeug ist fest und zäh. Man bekommt es im heißen Wasserbad etwas geschmeidiger, aber für die Kartuschenpistole taugt es nicht.
Also müssen die Jungs die Masse mühsam mit dem Spachtel eindrücken und glätten. Es soll den ganzen Hohlraum zwischen Baumwoll-Kalfat und der Plankenoberfläche ausfüllen. Dabei dürfen keine Lufteinschlüsse entstehen. Pete hat ihnen einen Crash-Kurs gegeben, und Übung macht den Meister.
„Eine großartige Arbeit, nicht wirklich anstrengend, beinahe meditativ, als würdest Du einen Tag mit den Kumpels im Hof verbringen“, sagt Patrick, er liebt den Job „hier unter diesem tollen alten Mädel“. Damit die Planken nicht vollgeschmiert werden, kleben sie breites blaues Abdeckband auf das Holz. Wenn die Nähte verschmiert sind und das Sealing Compund geglättet ist, ist Tally Ho wirklich dicht und das Tape kann abgezogen werden. Wieder ein Schritt weiter auf dem Weg zum Stapellauf.
Pete erklärt, was eine gute Dichtmasse ausmacht. Sie lässt sich überstreichen und drückt sich etwas heraus, wenn das Holz quillt. Dann nimmt man das überschüssige Material einfach weg und streicht Farbe drüber. Zum Schluss schieben Rowan und Patrick noch ein paar dicke Eichenbohlen für die Schanzstützen durch den Dickenhobel. So bekommen auch sie noch ein bisschen Hobelspäne zu schmecken.
Hafenkino mit den Kollegen
Die Arbeit im neuen Setup fällt leicht. Es gibt einen glatten und sauberen Betonboden, Schutz vor schlechtem Wetter und fleißige Nachbarn, die an schönen Schiffen arbeiten. Was es nicht gibt, sind Hühner und Hunde. Dafür ist Papageiendame Pancho immer noch zu Besuch und knabbert an allem herum, was sie in den Schnabel bekommt. Außerdem sind da Nina, die fröhliche Bootsbauerin, die den kleinen Schlepper „Blue Star“ nebenan streicht.
Den haben Schüler und Lehrer der Northwest Wooden Boat School vor Jahren gebaut. Jetzt ist er fällig für eine Überholung. Hierbei hat Marc Stout von Scow Bay Boats Repairs die Mütze auf. Außerdem gibt es noch Nick, der mit seinen langen dunklen Haaren, Bart und Sonnenbrille wie eine Mischung aus 70er-Jahre-Hippie und Revoluzzer aussieht.

Nick mag keine Kameras – Leo schafft es trotzdem, ihn dazu zu bringen sich vorzustellen. Er macht finishing work an Schiffen und Booten in Port Townsend und baut gerade den Farbanstrich an einem Folkeboot neu auf. „My business name is Holidays in the Sun“, sagt er. Zum Glück ist das nicht Leos Motto. Zusammen verbringen sie die Mittagspausen auf dem Sofa am großen Außentor im ersten Stock der Werkstatt und gucken Hafenkino.
Alles gut in Port Townsend
Im Gegensatz zu Sequim ist in Port Townsend immer was los. Schön fängt Leo im Zeitraffer ein, wie Boote mit dem großen Travellift über den Hof gefahren und im Kranbecken ins Wasser gesetzt werden.
Leo ist zufrieden. Die Deckstruktur ist fertig, jetzt können die Schanzstützen eingepasst werden. Und alle Nähte im Unterwasserbereich sind fertig abgedichtet. Er ist happy, dass das neue Umfeld so gut funktioniert. Und er verabschiedet sich wie immer mit seinem „massive thank you and see you next time.“
Wer Leo Sampsons Refit-Projekt unterstützen möchte, folge diesem Link.